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Wird die Iris-T SLM vor dem NNbS-Programm beschafft?

Das in der Ukraine eingesetzte deutsche Luftverteidigungssystem Iris-T SLM zeichnet sich bei der Abwehr von Bedrohungen durch Flugzeuge, ballistische Raketen und Kamikaze-Drohnen mit hohen Abschussraten aus, wie ukrainische Politiker und Militärs berichten. Während die ukrainischen Streitkräfte mit Technologie „made in Germany“ ihren Luftraum schützen können, hat die Luftwaffe diese Möglichkeit nicht. Denn Iris-T SLM ist nicht im Bestand der Bundeswehr. Das in die Ukraine gelieferte System, auf das noch drei weitere folgen sollen, stammt direkt von den Fertigungslinien der Industrie und war eigentlich für einen anderen Exportkunden bestimmt.

Erst mit der Umsetzung des Projektes Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) in der zweiten Hälfte dieser Dekade, würde die Bundeswehr die Iris-T SLM als komplementären Bestandteil erhalten. Damit ließe sich dann die so genannte Abfangschicht des Mittelbereichs absichern. Laut Hersteller Diehl hat das System eine Reichweite von rund 40 Kilometern und wirkt bis in 20 Kilometern Höhe. Dagegen ist das bereits seit vielen Jahrzehnten genutzte Patriot-System für noch größere Reichweiten vorgesehen, die jenseits der 50 Kilometer liegen und eine Höhe bis 35 Kilometer abdecken sollen.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, denkt die militärische Führungsspitze der Bundeswehr jetzt im Rahmen eines „Sofortprogramms Iris-SLM“ darüber nach, mehrere Feuereinheiten des Systems vorgezogen zu beschaffen. Gerüchten zufolge könnte es sich um etwa drei Einheiten handeln, die womöglich in den Jahren 2024 und 2025 zulaufen und ebenso aus dem Sondervermögen finanziert werden könnten wie NNbS oder die Patriot-Modernisierung. Die vorab zugelaufenen Iris-T-SLM-Systeme könnten dann später in NNbS integriert werden. Bei einer zügigen Bestellung scheint Insidern dieser Zeithorizont realistisch zu sein.

Der Vorteil eines solchen Vorgehens wäre die schnellere Verfügbarkeit einer bereits einsatzerprobten Luftverteidigungslösung, bevor die „Goldrandlösung“ NNbS mit ihren Tausenden von Einzelforderungen fertigentwickelt wäre und eingeführt werden kann. Damit könnte die Luftwaffe etwa eigene Liegenschaften wie Fliegerhorste aber auch andere zivile und militärische Infrastruktur schützen, während ihre wenigen Patriot-Batterien für andere Aufgaben verfügbar wären. Bekanntlich war die Iris-T SLM bereits beim im ewigen Eis liegenden Taktischen Luftverteidigungssystem TLVS vorgesehen, um Marschflugkörper und andere Bedrohungen in der mittleren Abfangschicht zu bekämpfen.

Ein Kauf der Iris-T SLM durch die Bundeswehr könnte womöglich auch mit anderen Staaten orchestriert werden, die sich vor wenigen Wochen auf eine Zusammenarbeit im Rahmen der European Sky Shield Initiative (ESSI) unter deutscher Führung verständigt haben. Wie das BMVg schreibt, sollen von den ESSI-Partnerländern auch Iris-T-SLM-Systeme gemeinsam beschafft werden, was Kosten spart und Synergien bei Ausbildung und Betrieb mit sich bringt. Wie eine Sprecherin des BMVg auf Nachfrage bestätigte, werden gegenwärtig auf Expertenebene die Pläne der einzelnen ESSI-Staaten auf eine mögliche gemeinsame Beschaffung überprüft. Aussagen zum Stand und möglichen Zeitlinien konnte sie jedoch nicht machen.
lah/9.11.2022

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