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KMW-Chef Haun kritisiert Exportkontrollpolitik

Der Chef des Rüstungsunternehmens Kraus-Maffei Wegmann (KMW), Frank Haun, sieht in der gegenwärtig in Deutschland praktizierten Exportkontrollpolitik ein entscheidendes Hindernis beim Zusammenwachsen seines Konzerns mit dem französischen Partner Nexter. Beide Unternehmen haben sich zu KNDS zusammengeschlossen.

Nexter und KMW würden in der Zusammenarbeit und bei der gegenseitigen Belieferung  durch das Fehlen geeigneter Vereinbarungen zwischen Deutschland und Frankreich „extremst behindert“, sagte Haun am vergangenen Mittwoch auf einer Konferenz der DWT in Bonn.

So kommen seinen Worten zufolge gegenseitige Belieferungen nicht zustande, weil der Export der daraus entstandenen Produkte aus französischer Sicht wegen der restriktiven deutschen Exportpolitik praktisch unmöglich erscheine.

Bei einem gemeinsamen Rüstungsmanagement der beiden Unternehmen müssen laut Haun Ingenieure miteinander arbeiten sowie Zeichnungen und Quellcodes austauschen. Die dafür notwendige Freiheit über die deutschen Grenzen hinweg sei durch das deutsche Außenwirtschaftsrecht jedoch ebenfalls sehr stark eingeschränkt.

Die Zusammenarbeit werde nicht nur bei neuen, sondern auch bei laufenden Vorhaben wie dem französischen  Scorpion-Programm eingeschränkt, erläuterte der KMW-CEO. Im Rahmen des Vorhabens beschaffen die französischen Streitkräfte Rad-Aufklärungs- und Transportpanzer im Volumen von 6,5 Mrd EUR. Prinzipiell könne auch KMW dazu einen substanziellen Beitrag leisten, so Haun. „Frankreich ist mit einer entsprechenden Öffnung des Programms jedoch sehr zurückhaltend“, schränkte er ein. Denn die Frage, wie berechenbar die deutsche Exportkontrollpolitik ist, sei unbeantwortet.

„Wenn gemeinsame Entwicklungen bei jedem Exportprojekt juristisch in ihre Subkomponenten zerlegt werden müssen, um festzulegen, wer für das jeweilige Element exportrechtlich das Sagen hat, können wir den eben geöffneten Laden auch gleich wieder schließen“, mahnte Haun. Er fordert deshalb, das Rüstungsexportrecht beider Staaten zu harmonisieren.

„Die Franzosen haben keinen Spaß mehr daran. Die haben die Schnauze richtig voll“, gab der KMW-Manager seine Erfahrungen jenseits des Rheins wider. So habe ein französischer Finanzminister seinen deutschen Gegenpart Wolfgang Schäuble angerufen, damit dieser „das Treiben von Herrn Gabriel“ beende.

Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Auswirkungen der Exportkontrolle auf andere Länder:  Deutsche betonten immer wieder, wie wichtig Bündnisse seien. Aber sobald es um den Export gehe, „tun wir so, als seien alle anderen um uns herum – und das gilt auch für NATO-Partner und EU-Partner – so etwas wie Schurkenstaaten“.  So waren erst Ende vergangenen Jahres Berichte in den Medien erschienen, wonach der Export von Boxer-Schützenpanzern ins NATO- und EU-Land Litauen nicht genehmigt wurde. Die Genehmigung soll mittlerweile vorliegen.

Weitere Probleme sieht Haun bei den unterschiedlichen Spezifikationen von Rüstungsgütern in Europa. Außerdem würden zu viele zivile Normen auf Rüstungsgüter übertragen. Es gelte beispielsweise hierzulande die deutsche Bauverordnung für Panzer. „Ich weiß nicht, was Satteldächer mit Panzern zu tun haben.“ Man habe sich so weit von der soldatischen Realität entfernt, dass die Produkte besser für die Autobahn geeignet seien als für den Einsatz.

Um Synergieeffekte zu heben und die europäische Branchenkonsolidierung voranzutreiben, muss nach Ansicht des KMW-Chefs auch europäisch definiert werden, was gemeinsam benötigt wird. „Waffen sollten nach gleichen Anforderungen entwickelt werden“, forderte er.

Aufgrund der beschriebenen Probleme verlagern nach Aussage von Haun deutsche Unternehmen der Wehrtechnik nicht nur ihre Forschungs- und Entwicklungsressourcen in andere Länder.  Es gebe eine zunehmende Zahl von Joint Ventures mit ausländischen Partnern, um international Erfolg zu haben. Das verdeutliche „unser deutsches Unvermögen, zukunftssichere Arbeitsplätze und technologische Ressourcen in unserem Land zu halten“, kritisierte der KMW-Manager.  „Der Exodus der deutschen Wehrtechnik, der hat schon lange begonnen. Wir wollen es nur nicht wahrhaben.“
lah/12/30.1.2017

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