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BDI kritisiert staatliche Exportkontrollpolitik

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Der  Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, sieht die gegenwärtige Genehmigungspraxis bei der Ausfuhr von Gütern der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie kritisch. Im Augenblick entstehe der Eindruck, dass die Genehmigungspolitik nicht mit der politischen Strategie synchronisiert sei, sagte Grillo am Dienstag in seiner Rede auf dem Celler Trialog – einer Gesprächsveranstaltung für Industrie, Bundeswehr und Politik – in der niedersächsischen Stadt.

Man könne nicht nationale Schlüsseltechnologien definieren, ihnen aber gleichzeitig die  Basis entziehen, weil Exporte nicht genehmigt würden, machte Grillo deutlich. Beim Celler Trialog vertretene Unternehmen berichteten von  ihren Schwierigkeiten mit der Exportkontrolle. Etwa beim Transportflugzeug Airbus A400M. „Wir können keine Teile von Deutschland nach Sevilla exportieren“, sagte Dirk Hoke, CEO von der Airbus Defence and Space GmbH. In Sevilla erfolgt die Endmontage für das europäische Gemeinschaftsprodukt A400M; Spanien ist sowohl NATO- als auch EU-Partner. Aus diesem Grund versteht Hoke nicht, warum die Ausfuhren seit Wochen keine Genehmigung erhalten.

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Die Rheinmetall AG erhält nach Aussage ihres Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger keine Erlaubnis für die Lieferung „kleiner Pulverkörner“ an ein Unternehmen in Frankreich. Damit könne ein Vertrag zur Lieferung von Artilleriewaffen und Munition aus Frankreich in den Mittleren Osten nicht erfüllt werden. „Das ist ein Punkt, den unser Partner in Frankreich natürlich überhaupt nicht versteht“, sagte Papperger. Hier brauche es eine europäische Lösung, wenn die Verteidigungsindustrie europaweit zusammenwachsen solle.

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Politik entscheidend bei Branchenkonsolidierung

Nach Einschätzung von Grillo ist man gegenwärtig von einer gemeinsamen europäischen Exportgenehmigungspraxis jedoch noch weit entfernt. Bei der zu erwartenden Neustrukturierung der europäischen Rüstungswirtschaft werde für die deutsche Industrie viel  von der Politik abhängen, so der BDI-Chef: „Die Exportpolitik ist mitentscheidend, ob wir als Partner aktiv bleiben und eine führende Rolle bei der Branchenkonsolidierung spielen oder ob wir uns im Wettbewerb unterordnen müssen und damit als nationale Industrie über Kurz oder lang verschwinden.“ Es brauche Beständigkeit und Berechenbarkeit.

Gegenwärtig scheint der Diskurs zwischen Politik und Wirtschaft jedoch eher zu stocken. So hat das Wirtschaftsministerium nach Aussage von Grillo eine Expertenkommission einberufen, um sich über die Zukunft der Exportkontrolle Gedanken zu machen. Daran ist auch der  BDI über den Branchenverband  BDSV beteiligt. Inzwischen sei jedoch von einer Kommission, in der die unterschiedlichen Standpunkte diskutiert werden, nicht mehr die Rede, so Grillo. Es finden offenbar nur noch Anhörungen von Experten im Ministerium statt. „Dieses Vorgehen halten wir nicht für zielführend“, kritisierte er. Miteinander zur reden bedeute, eine „ernsthafte Diskussion“ führen zu können.

Gefahr bei Dual-Use-Gütern

Nur mit einer starken Verteidigungsindustrie könne Deutschland seine Handlungsfähigkeit bewahren, mahnte der BDI-Präsident. Sicherheits- und Verteidigungspolitik haben seiner Einschätzung zufolge eine strategische Rolle für Deutschlands Sicherheit, Freiheit und Wohlstand. Er warnte davor, die Branche wie etwa die Atomindustrie untergehen zu lassen: „Ein Angriff auf die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist ein Angriff auf die gesamte deutsche Wirtschaft.“

Mit Sorge verwies der BDI-Präsident auf die  bevorstehende Novellierung der EU-Verordnung zum Export von  so genannten Dual-Use-Gütern.  Erfolge die Novellierung wie  vorgesehen, treffe dies nicht nur die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, sondern habe für weite Teile der deutschen Industrie gravierende Nachteile, so Grillo. „Die deutsche Industrie ist für 50 Prozent der EU-Exporte im Dual-Use-Bereich verantwortlich.“

In anderen Ländern werde Rüstungspolitik unter staatlicher Aufsicht und Hoheit betrieben. Das müsse auch der Politik bewusst sein, wenn sie Rahmenbedingungen setze. Es sei Zeit, über eine Neuauflage des Schmidt-Debre-Abkommen zu sprechen, forderte der BDI-Präsident.  „Europäische Regierungen sollten sich nicht gegenseitig ohne zwingenden Grund daran hindern, Rüstungsgüter aus gemeinsamer Entwicklung und Fertigung auszuführen.“

Neue Verträge für Industrie problematisch

Kopfzerbrechen bereiten den deutschen Rüstungsmanagern im Augenblick überdies die vom Verteidigungsministerium geänderten Rahmenbedingungen für Beschaffungsverträge. Zwar führt das neue Verfahren nach übereinstimmender Meinung zu mehr Transparenz. Es wird jedoch beklagt, dass das Risiko bei Neuentwicklungen einseitig zu Lasten der Industrie verlagert wurde.

Nach Aussage von Airbus-Chef Hoke schlägt „das Pendel komplett auf eine Seite“, wenn es um die Risikoverteilung geht. Daraus resultieren nach Meinung der Industrie deutliche Verzögerungen. Erst vor kurzem hat das BMVg die Fristen im Ausschreibungsprozess für das Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS 180) mit Verweis auf die hohe Komplexität um mehrere Monate verlängert.

Friedrich Lürßen, der Geschäftsführer der Lürssen Werft, hält es überdies für nicht korrekt, dass voraussichtlich nur ein Drittel der Kosten, die dem Unternehmen im Rahmen des Ausschreibungsprozesses entstehen, vom Ministerium ersetzt werden. Die Lürssen Werft bemüht sich gegenwärtig neben zwei weiteren Konsortien um den Zuschlag für das MKS 180.

Lürßen kritisierte überdies, die mitunter „weltfremde“ Gestaltung von Vertragsinhalten. Etwa wenn beim Bau einer Fregatte ein Rücktrittsrecht nach einem halben Jahr gefordert werde. Ein solches Schiff sei jedoch nicht weiterverkäuflich, machte der Werftinhaber deutlich. Ein Vertrag wie aus dem Handelsschiffbau sei deshalb nicht anwendbar. Das bereite ihm und seinen Kollegen Sorgen. „Ich werde keinen Vertrag unterschreiben, wo mir die Schlinge um den Hals und die Hände auf den Rücken gebunden sind“, betonte der Manager.
lah/28.10.2016