Die Marine weist die Aussage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) zurück, wonach eines der deutschen U-Boote getestet und ein weiteres für Ausbildungsfahrten zur Verfügung stehe. Drei von sechs U-Booten können derzeit zur See fahren, teilte das Marinekommando in Rostock heute mit. Im nächsten Jahr würden voraussichtlich vier Boote zur Verfügung stehen. Der BdSt hatte in seinem gestern vorgestellten 46. Schwarzbuch zahlreiche Fälle von Steuerverschwendung angeprangert, darunter auch drei im Aufgabenbereich des BMVg.
Nach Aussage des Sprechers des Marineinspekteurs ist es der Normalfall, drei Boote im Einsatz zu haben, weil der Betrieb der U-Boote einen Turnus aus Werftliegezeit, Einsatzausbildung und Einsatz erfordere. Der Bund der Steuerzahler habe somit falsche Informationen verbreitet. Das sei verantwortungslos, weil damit das offensichtliche Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Leistungsfähigkeit der Marine untergraben werde. Es sei zudem sehr irritierend, wenn der Bund der Steuerzahler für sein Schwarzbuch auf einen neun Monate alten Sachstand zurückgreife, heißt es von Seiten der Marine.
Wenn sich dem Präsidenten des schleswig-holsteinischen Steuerzahlerbundes also die Frage stelle, „was 850 Soldaten eines U-Boot-Geschwaders den ganzen Tag treiben“, laute die Antwort: „Von den eben nur 715 Soldaten dieses Uboot-Geschwaders – davon übrigens ein Gutteil Stabsangehörige und Besatzungen der drei zum Geschwader gehörigen Flottendienstboote – fahren derzeit drei U-Boot-Besatzungen zur See“, so die Marine weiter. Die restlichen Besatzungen werden im Ausbildungszentrum
U-Boote (AZU) in Simulatoren ausgebildet. Und dass ein Kommandant auf seine Ausbildung wartet, sei ebenfalls falsch, betonte der Marinesprecher.
Als im Oktober 2017 tatsächlich alle sechs U-Boote in der Werft
oder im Marinestützpunkt auf ihre Instandsetzung warteten, habe das unter anderem an mangelnden Ersatzteilen und fehlenden
Werftkapazitäten gelegen. Daraufhin haben die Marine, das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw und die Industrie gemeinsam Maßnahmen ergriffen, deren Erfolg heute
sichtbar sei.
Nach Angaben der Marine konnte die Beschaffung eines Ersatzteilpaketes für alle U-Boote eingeleitet werden. Ein Instandsetzungsrahmenvertrag mit der Industrie – hierbei dürfte es sich um TKMS handeln – führe außerdem zu
einer besseren Planbarkeit der Werftliegezeiten. „Beides zusammen
erhöht ganz offensichtlich die Verfügbarkeit der Uboote für die
Marine“, erläutert der Sprecher des Inspekteurs.
Nach seiner Angabe sind vom BdSt auch die Kosten für
Instandsetzung des Segelschulschiffs Gorch Fock falsch wiedergegeben worden. Es sei natürlich untersucht worden, wieviel ein Neubau eines Segelschulschiffs kosten würde. Mit der Alexander von Humboldt sei die Gorch Fock in vielerlei Hinsicht nicht zu vergleichen.
Der Steuerzahlerbund hatte vorgerechnet, dass nur für die Werftaufenthalte seit 2010 – in immer derselben Werft – die Bundeswehr Aufträge von 17,2 Mio EUR erteilt und die Werft am Ende über 150 Mio EUR abgerechnet habe. Die aus der Fernsehwerbung bekannte Alexander von Humboldt II sei dagegen im Jahr 2011 für gerade einmal 15 Mio EUR in Bremen neu gebaut worden.
Neben der Marine kritisiert der Steuerzahlerbund in seinem Buch auch die Anmietung von Drohnen. So habe die Bundeswehr das israelische Drohnensystem Heron TP beschafft, das künftig sogar bewaffnet werden könnte. Insgesamt fünf Drohnen und vier Bodenstationen würden für lediglich neun Jahre (zwei Jahre Aufbau, sieben Jahre Nutzung) geleast, da die Bundeswehr hoffe, ab 2025 die noch zu entwickelnde Euro-Drohne als Dauermodell einzusetzen. Kostenpunkt des Heron-Deals: knapp 900 Mio EUR. Weitere Kosten im dreistelligen Millionen-Bereich entstehen, wenn die Drohnen in Einsatzgebiete geschickt werden.
Bereits im Frühjahr 2018 warnte der BdSt eigenen Angaben zufolge den Bundestag vor einer voreiligen Zustimmung für das Heron-TP-System, weil die Drohnen unnötig viel Steuergeld kosten und Deutschland mit dieser Entscheidung innerhalb des EU- und NATO-Bündnisses isoliert dastünde. Denn kein anderer EU- oder NATO-Partner setzt auf die Heron-Drohne, wodurch die Interoperabilität mit den Drohnen-Systemen etwa der Franzosen, Briten, Spanier, Italiener oder Niederländer, die allesamt auf Modelle der amerikanischen Predator-Familie setzen, deutlich eingeschränkt wäre. „Im Krisenfall und bei multinationalen Einsätzen ein nicht zu unterschätzendes Handicap“, schreibt der BdSt.
Erst kürzlich hätten Großbritannien, Spanien und die Niederlande vergleichbare amerikanische Drohnensysteme zu deutlich niedrigeren Kosten bestellt und dabei betont, wie wichtig die Interoperabilität vor allem im Hinblick auf internationale Missionen sei. Die Bundesregierung hat diese Einwände offenbar nie interessiert: Stattdessen habe sie sich frühzeitig und einseitig für die Heron-Drohne entschieden, ohne sich mit anderen europäischen Regierungen über mögliche Synergieeffekte für die Bündnisverteidigung zu verständigen, kritisiert der BdSt
Erschwerend komme hinzu, dass die Heron-Drohne sogar für den Grund- und Ausbildungsbetrieb dauerhaft in Israel stationiert werden soll. Wenn die Bundeswehr Fähigkeitslücken schließen wolle, müsse das nach Prinzipien erfolgen, die auch wirtschaftliche und wettbewerbliche Gesichtspunkte umfassen, fordert der BdSt. „Offenkundig scheint Steuergeld bei diesem Deal nicht wirklich eine zentrale Rolle zu spielen.“
Kostenüberschreitung bei Ausstellung
Darüber hinaus bemängeln die Autoren des Schwarzbuchs, dass eine Sonderausstellung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden (MHM) kostenseitig aus dem Ruder gelaufen ist. Für die jüngste Sonderausstellung „Gewalt und Geschlecht. Männlicher Krieg – Weiblicher Frieden?“ seien ursprünglich 1,18 Mio EUR vorgesehen. Im Sommer dieses Jahres habe das Museum selbst die Kosten auf 2,98 Mio EUR geschätzt. Das Gesamtbudget wurde demnach deutlich um 1,8 Mio EUR überschritten. „Von einem Museum in der Verantwortung der Bundeswehr darf eine präzise Planung erwartet werden“, meint der BdSt.
lah/12/7.11.2018