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Deutsche Pannenpanzer?

Waldemar Geiger

Vor einem Jahr schlugen Probleme mit dem Schützenpanzer Puma in seiner neusten Ausführung für die VJTF medial hohe Wellen. Seit kurzem stehen die an die Ukraine gelieferten Leopard-2-Kampfpanzer sowie die Flotte von Unterstützungspanzern auf Basis des Leopard 1, die aufgrund von Defekten nicht eingesetzt werden können, in der Kritik. Von deutschen „Pannenpanzern“ ist in der ein oder anderen Schlagzeile die Rede. Doch stimmt das? Können die deutschen Panzerschmieden keine verlässlichen Panzer bauen?

Ähnlich wie beim Puma, ist auch bei den Leoparden die Ursache für die nicht einsatzfähige Technik weniger bei den vermeintlich unfähigen Konstrukteuren zu suchen als in der Komplexität der Materie, mit der sich leider zu wenige Medienvertreter auseinandersetzen, bevor reißerische Artikel veröffentlicht werden.

Der Autor hat an anderer Stelle bereits zu Beginn des Krieges in der Ukraine am Beispiel des Schützenpanzers Marder davor gewarnt, überhastet gepanzerte Wehrtechnik ins Kriegsgebiet zu schicken, wenn man nicht sehen möchte, wie gelieferte westliche Technik nicht einsatzfähig auf dem Hof steht.

Der Leopard 1 und der Marder wurden entwickelt und gebaut, um auf spezifische Art und Weise eingesetzt, gewartet und repariert zu werden und waren für ihre Zeit technisch ausgefeilt. Bei den modernen Leopard 2 ist die Komplexität sogar noch größer. Gibt man diese Technik nun in die Hände von unerfahrenem oder einer anderen Philosophie folgendem Personal, werden sich die Ausfälle häufen. Viel mehr als dies im deutschen Ausbildungs- und Übungsbetrieb der Fall war. Die ukrainischen Soldaten und Mechaniker sind nicht weniger intelligent oder fähig als deutsche, aber sie haben keine Erfahrung im Einsatz und Betrieb westlicher Systeme, da ist eine höhere Belastung der Technik vorprogrammiert.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Einsatz im Krieg um ein Vielfaches materialzehrender ist als im Friedensbetrieb. Die so mittels Materialverschleiß verursachten Schäden müssen nun in einem hastig aufgesetzten und unausgereiften System behoben werden. Das Ganze geschieht in einem Umfeld mit unzureichender Ersatzteilversorgung, da die Lager über Jahrzehnte geleert wurden und das wenige, was noch vorhanden war oder nachproduziert wurde, zu einem sehr großen Teil für die Wiederherrichtung der Fahrzeuge vor der Abgabe an die ukrainischen Streitkräfte benötigt wurde. Diese Problematik wurde erkannt, es wird aber noch Zeit ins Land gehen, bis das Hochfahren der Ersatzteilproduktion ein ausreichend hohes Niveau erreicht hat. Auch die Ukrainer werden Erfahrungen sammeln und ihr Können am Gerät verbessern.

Der wichtigste Punkt aber, der gegen die „Pannenpanzer-Theorie“ spricht, ist der Umstand, dass ein Teil der derzeit nicht einsatzfähigen Panzer aufgrund von Gefechtsschäden in den Reparaturwerkstätten der Industrie steht. Das unterscheidet die westliche Technik von vielen Gefechtsfahrzeugen sowjetischer Bauart. Getroffene Panzer aus westlicher Produktion – viele Bilder und Videos im Netz zeigen es – werden zwar beschädigt, aber nicht vernichtet, wie dies bei russischen Systemen immer wieder der Fall ist.  Die Besatzung wird zwar oftmals verletzt, aber nicht getötet. Zumindest für diesen Teil der in der Instandsetzung befindlichen Panzer sollte auch dem vollkommen Unwissenden sofort klar sein, dass die Begrifflichkeit „Pannenpanzer“ mehr als zynisch ist.

Bei allen Problemen der deutschen Rüstungsbeschaffung und den darin involvierten Akteuren ist es nicht angebracht, Systeme  aufgrund von Mängeln schlecht zu schreiben, deren Ursachen nicht in der Konstruktion, sondern an anderer Stelle liegen. Hilfreicher wäre es, die Gründe für diese Mängel aufzuklären, damit diese behoben werden können. Viele dürften im Bereich der Logistik und der dafür erforderlichen Haushaltsmittel liegen.

Waldemar Geiger

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