Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2 – neue Bilder der Bundeswehr geben Einblick in die Ausstattung der zukünftigen Spezialkräfte-Fahrzeuge

Waldemar Geiger

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Kürzlich veröffentlichte Fotos der Bundeswehr von der Erprobung des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuges 2 geben einen Einblick in die bisher unbekannte bzw. unbestätigte Missionsausstattung der zukünftigen Fahrzeuge des Kommandos Spezialkräfte.

Hersteller des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeugs 2 (AGF 2) ist Defenture, ein niederländischer Spezialist für Spezialkräftefahrzeuge. Die neue Spezialkräfte-Fahrzeugfamilie, die sich seit April 2024 in der sogenannten integrierten Nachweisführung (Erprobung) der Bundeswehr befindet, soll in zwei unterschiedlichen Varianten die beim Kommando Spezialkräfte seit 2003 in Nutzung befindlichen Fahrzeuge des Typs Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug Serval ersetzen. Das AGF 2 wird dabei die zukünftige Mobilitäts- und Feuerunterstützungsplattform für die Kommandosoldaten bilden, während die leicht abgewandelte UFK-Variante des Mammoth, so der Firmeneigene Name für die Plattform, für den Material-, Personal- und Munitionstransport – und somit die Versorgung der Kommandos – genutzt werden soll. Durch Abnahme des hinteren Überrollbügels können sogar Motorräder auf der Ladefläche des UFK mitgeführt werden. Die Zuladungskapazität der 9-Tonnen-Plattform beträgt dem BAAINBw zufolge rund 3,5 Tonnen.

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Dazu hat Defenture insgesamt vier Nachweismuster des AGF 2 an die Bundeswehr übergeben, die im Laufe des Jahres 2024 von den Wehrtechnischen Dienststellen der Bundeswehr zusammen mit dem Kommando Spezialkräfte einer vorgezogenen Einsatzprüfung in unterschiedlichen Klimazonen unterzogen wurden, hartpunkt berichtete.

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Im Falle einer erfolgreichen Nachweisführung wurde zudem ein Abschluss eines Rahmenvertrages für die Herstellung und Lieferung von bis zu 80 Fahrzeugen der Fahrzeugfamilie in Aussicht gestellt. In einem ersten Schritt wurde zum Zeitpunkt der Vertragsschließung mit einer Beschaffung von insgesamt 49 Fahrzeugen in drei unterschiedlichen Versionen gerechnet:

  • 26 Systeme in der Variante Mittleres Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug Spezialkräfte (AGF 2),
  • acht Feuerunterstützungsfahrzeuge mit einer 20-mm-Maschinenkanone sowie
  • 15 Mittleres taktisches Unterstützungsfahrzeuge Kommando Spezialkräfte (UFK).

Bis dato hat der Haushaltsausschuss des Bundestages im Juni 2021 nur Mittel in Höhe rund 50 Millionen Euro für die Entwicklung und Lieferung von den vier als Nachweismuster vorgesehenen Fahrzeugen gebilligt.

Missionsausstattung

Die nun veröffentlichten Bilder der Bundeswehr zeigen interessante Ausstattungsmerkmale des AGF 2.

Kürzlich veröffentlichte Bilder der Bundeswehr von der Erprobung des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuges 2 geben einen Einblick in die bisher unbekannte bzw. unbestätigte Missionsausstattung der zukünftigen Fahrzeuge des Kommando Spezialkräfte.
Kürzlich veröffentlichte Bilder der Bundeswehr von der Erprobung des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuges 2 geben einen Einblick in die bisher unbekannte bzw. unbestätigte Missionsausstattung der zukünftigen Fahrzeuge des Kommandos Spezialkräfte. (Graphik: Bundeswehr und hartpunkt)

Multifunktionale Tarnbeleuchtung

Zur Ausstattung des AGF 2 gehört – gut sichtbar unterhalb den Frontscheinwerfern – eine multifunktionale Tarnbeleuchtung des Herstellers Diederich Engineering Systems.

Der Tarnscheinwerfer vereint sichtbares Licht- und einen IR-Kanal in einem 70-mm-Gehäuse. Im Modus sichtbares Tarnlicht kann der Lichtstrom der Tageslicht-LED nach Bedarf in acht Stufen gedimmt werden. Nach Umschalten auf Infrarotlicht (IR) kann zwischen Beleuchtung für den Nah- bzw. Fernbereich gewählt werden. Auch das IR-Licht ist dimmbar. Damit kann ein mit einer Nachtsichtbrille ausgestatteter Fahrer das Fahrzeug wie unter sichtbarem Licht bewegen.

Auch wenn auf den Bildern nicht direkt erkennbar, kann vermutet werden, dass die AGF 2 auch über Tarn-Brems/Schlussleuchten verfügen werden, die vier Funktionen in einem Gehäuse – sichtbares Tarnschlusslicht, sichtbares Tarnbremslicht, IR-Tarnschlusslicht und IR-Tarnbremslicht – vereinen. Das Tarn-Bremslicht und das IR-Bremslicht synchronisieren nach Angaben des Herstellers automatisch, so dass trotz Nutzung von Nachtsichtbrillen sichere Konvoi-Fahrten möglich sind.

Motorisierte Drehringlafette

Erkennbar ist die Fahrzeuglafette des dänischen Herstellers Sima Innovation. Dabei handelt es sich um eine motorisierten Drehringlafette, die unterschiedliche Waffen aufnehmen kann. Neben .50-Maschinengewehren und Granatmaschinenwaffen kann die Lafette auch mit einer 20-mm-Maschinenkanone des französischen Herstellers KNDS France bewaffnet werden. Das BAAINBw hatte das Unternehmen im Oktober 2024 mit der Lieferung von acht Schwenkmontage P20 einschließlich Maschinenkanonen im Kaliber 20 mm (M621) beauftragt. Der 2.207 mm lange Gasdrucklader im Kaliber 20 x 102 mm wiegt rund 45 Kilo, hat eine Kadenz von rund 800 Schuss/Minute und erreicht je nach Munitionssorte eine Anfangsgeschwindigkeit von knapp über oder unter 1.000 m/s. Neben Spreng-Brand- stehen auch panzerbrechende Geschosse sowie Trainingsmunition zur Verfügung. Ein im Dezember 2024 veröffentlichtes Video der dänischen Rüstungsbeschaffungsbehörde FMI zeigt das mit der 20mm-Kanone bewaffneten AGF 2 im scharfen Schuss.

Das Sima-Lafettensystem ist modular aufgebaut. Die Grundlafette hat ein Gewicht von etwa 90 kg. Je nach Wunsch kann das System um Luken sowie ballistische Schutzkomponenten für den Schützen (Krähennest) oder Verstaueinrichtungen für Munitionskästen erweitert werden. Das Krähennest ist auf dem Bild der Bundeswehr deutlich zu erkennen.

Das besondere an der Drehringlafette ist jedoch der elektrische Seitentrieb: Die Kraftübertragung des 24V-Elektromotors erfolgt über einen Schleifring und kommt damit ohne Kabel aus. Zudem erfüllt das System Sima Innovation zufolge die EMV-Norm nach STANAG 4370 / MIL – STD 461. Diese besagt, dass der Betrieb der Lafette nicht durch andere elektrische Verbraucher, wie beispielsweise Funksysteme, gestört wird und diese wiederum auch nicht stört.

Mittels des elektrischen Seitentriebs können schwere Maschinenwaffen selbst in Schräg- oder Hanglage ohne Einsatz von Körperkraft präzise zur Wirkung gebracht werden.

Die Steuerung des Seitentriebs erfolgt mittels eines Daumen-Joysticks, der ergonomisch am Führungshebel der linken Hand positioniert ist. Darüber hinaus verfügt das System über ein Kurbelrad mit Feststellbremse, womit sich bei Bedarf ein Handbetrieb realisieren lässt. Eine 360-Grad-Drehung der Lafette ist selbst in Schräg- oder Hanglage innerhalb von acht Sekunden möglich.

Die Bilder der Bundeswehr zeigen das Fahrzeug mit einem schweren Maschinengewehr im Kaliber 12,7 x 99 mm. Als Hauptkampfoptik wird eine Aimpoint-Visierung, ergänzt durch einen Rotpunkt vom Typ ACRO, genutzt. Parallel verfügt die Waffe über ein Zielfernrohr und ein Wärmebildgerät, welches Vermutlich zur Vorfeldbeobachtung bzw. Zielidentifizierung genutzt wird. Der genaue Typ des Zielfernrohrs ist schwer zu erkennen, es ist jedoch nur ein Zielfernrohrtyp bekannt, den die Bundeswehr in der leicht erkennbaren grauen Farbe (Cerakote Sniper Grey H-234) beschafft hat, das 5-20 x 50 PM II Ultra Short von Schmidt & Bender. Zielfernrohre dieses Typs wurden ursprünglich als Optik für die „Scharfschützenwaffe kurze Reichweite“ – auch bekannt als G210 – gekauft.

Neben der Drehringlafette am Dach verfügt der AGF 2 über jeweils eine Kommandanten- und Hecklafette, die wie auf den Bildern zu sehen ist mit MG5 eingerüstet sind.

Kürzlich veröffentlichte Bilder der Bundeswehr von der Erprobung des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuges 2 geben einen Einblick in die bisher unbekannte bzw. unbestätigte Missionsausstattung der zukünftigen Fahrzeuge des Kommando Spezialkräfte.
Kürzlich veröffentlichte Bilder der Bundeswehr von der Erprobung des Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuges 2 geben einen Einblick in die bisher unbekannte bzw. unbestätigte Missionsausstattung der zukünftigen Fahrzeuge des Kommandos Spezialkräfte. (Graphik: Bundeswehr und hartpunkt)

Akustisches Schussdetektionssystem

Für die im Gefecht eingesetzten Truppen ist es von entscheidender Bedeutung, im Falle eines Feindbeschusses die Position des Gegners zu wissen, was durchaus herausfordernd ist, wenn sich diese außerhalb des direkten Sichtfeldes der Soldaten befindet. Wie auf dem Bild deutlich zu erkennen ist, wird das Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2 über ein akustisches Schussdetektionssystem vom Typ PILAR V des französischen Herstellers Metravib Defence verfügen. Das gleiche System wurde auch von den französischen Streitkräften für den Einsatz am Jaguar-Spähaufklärungsfahrzeug ausgewählt.

Das System kann nach Angaben des Herstellers mit einem Battlefield Management System (BMS) zur Freund-Feind-Identifikation und zum Informationsaustausch zwischen einzelnen Fahrzeugen und der Führungsebene vernetzt werden. Gut informierten Kreisen zufolge kommt beim AGF 2 das Sitaware-BMS von Systematic zum Einsatz, in die jegliche Sensorik der Plattform integriert wurde.

Als akustisches Warnsystem trägt es direkt zum Schutz der Besatzung und des Fahrzeuges bei. Der Hersteller gibt an, dass PILAR V mittels der Erfassung von Schockwellen und Mündungsblitzen in der Lage ist, die GPS-Koordinaten eines oder mehrerer Schützen mit detaillierten Angaben zum Azimut, zur Höhe und zum verwendeten Kaliber zu liefern.

Modulares Mastsystem

Weiterhin ist auf dem Bild deutlich ein Zippermast ZM_10-060 zu sehen. Mastsysteme dieses Typs werden vom Hersteller (Zippermast GmbH) als modulares Mastsystem beworben, welches eine breite Palette an unterschiedlichen Aufklärungs- und Beobachtungs-Sensoren sowie verschiedenen andere Nutzlasten aufnehmen kann. Zudem kann das Mastsystem im abgesessenen Betrieb abseits des Fahrzeuges genutzt werden.

Auch die Aufnahme von Waffensystemen soll möglich sein, so wurde der Mast dem Vernehmen nach vor kurzem erfolgreich mit dem Wirkmittel 90 getestet. Ob diese Funktionalität auch durch das Kommando Spezialkräfte genutzt werden soll, ist bis dato nicht öffentlich bekannt.

Schnellnebelsystem

Auf dem Dach hinter der Drehringlafette ist das Schnellnebelsystem ROSY (Rapid Obscuring System) von Rheinmetall erkennbar. Sichtbar sind drei einreihige Werfer, die in Richtung 3-, 6- und 9-Uhr wirken können. Zudem verfügt der AGF 2 über den Frontscheinwerfern jeweils über einen ROSY-Werfer (zwei Granaten) integriert in die Fahrzeugform.

Das in der Bundeswehr als „Schnelles Verdeckungssystem“ bezeichnete Nebelsystem dient ebenfalls dem Schutz der Besatzung und des Fahrzeuges, indem es in kürzester Zeit nach Auslösung die Sicht des Gegners auf das Fahrzeug versperrt. Dazu verschießt Rosy 40-mm-Nebelgranaten (Rotes Phosphor) die in rund 50 m Entfernung eine Nebelwand zur großflächigen und multispektralen Sichtlinienunterbrechung aufbauen.

Durch die IR Jamming- und Decoying Effekte können alle TV-, EO-, IR-, IIR-, LASER- und SACLOS-gelenkten Waffen wirksam abgewehrt werden. Der Aufbau der Nebelwand beginnt schon während des Flugs der Granaten und verschafft dem eigenen Fahrzeug mehrere Minuten Zeit, um unter Sichtschutz in die nächste Deckung zu fahren.

Kommunikationssystem

Nicht zuletzt ist auf dem Dach über dem Fahrersitz eine UHF Tacsat Antenne des Typs AV2091 – umgangssprachlich auf Grund der leicht erkennbaren Form auch als „Egg Beater“ zu Deutsch Schneebesen bezeichnet – erkennbar. Antenennen dieses Typs werden üblicherweise für Funkgeräte des Typs AN/PRC-117G des US-Hersteller L3 Harris genutzt.

Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2

Das Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2 ist einem kürzlich erschienen Beitrag des BAAINBw zufolge als „ein offen gestaltetes Fahrzeugsystem mit integriertem Minenschutz, welches je nach Bedrohungslage mit ballistischen Schutzkomponentenergänzt werden kann“, ausgelegt.

Das Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2 basiert auf dem Mammoth von Defenture.
Das Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug 2 basiert auf dem Mammoth von Defenture. (Bild: Bundeswehr)

Auf seiner Unternehmenswebseite schreibt Defenture, dass der Mammoth über einen 200-kW Antrieb mit 8-Gang-Automatik verfügt, der bis zu 610 Nm Drehmoment bietet. Ähnlich wie die weniger als halb so schwere ATTV-Plattform wird das Fahrzeug über einen Allradantrieb mit Vorderachs-, Mittel- und Hinterachsdifferential sowie eine Allradlenkung verfügen, was bei dem rund 5,6 Meter langen Fahrzeug zu einem Wendekreis von nur 12,5 Metern führt.

Technische Daten des Mammoth
Länge5,6 Meter
Breite1,99 Meter
Höhe2,3 Meter
Steigfähigkeitmehr als 60 Prozent
Kletterfähigkeit0,425 Meter
Bodenfreiheit0,42 Meter
Nutzlast3,5 Tonnen
zulässiges Gesamtgewicht8,8 Tonnen
Leistung200 Kilowatt
Maximales Drehmoment610 Nm
Antriebsstrangpermanenter 4×4-Allradantrieb
Getriebe8-Gang-Automatik mit manuellem Wählhebel
Max. Geschwindigkeit120 km/h
Fassungsvermögen des Kraftstofftanksmehr als 150 Liter
Reichweite800 Kilometer (Straße)

Mit seinen Außenabmessungen von 5,65 m x 1,99 m x 2,26 m (L/B/H) passt das Fahrzeug zwar nicht als Innenlast in einem Hubschrauber (z.B. CH-47 Chinook), dafür kann es jedoch als Außenlast transportiert werden. Die Lufttransportfähigkeit mittels der C-130J sowie A400M ist hingegen gegeben.

Waldemar Geiger