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Zwei von vier Finalisten kommen aus Deutschland

Beim Wettbewerb um die Neuausstattung des tschechischen Heeres mit neuen Schützenpanzern hat sich das Feld offenbar auf vier Teilnehmer – davon zwei aus Deutschland – reduziert. Nach Aussage von Rheinmetall-Manager Oliver Mittelsdorf am Rande der Messe MSPO in Kielce haben an einer Vergleichserprobung im Juni der CV90 von BAE Systems, der Ascod von General Dynamics, der Lynx von Rheinmetall sowie der Puma von PSM, einem Joint Venture von KMW und Rheinmetall, teilgenommen.

Wie es heißt, will Tschechien etwa 210 Fahrzeuge erwerben, womöglich sogar noch mehr. Die Fahrzeuge sollen laut Presseberichten ab 2020 zulaufen. Das Beschaffungsvolumen könnte demnach bei bis zu 50 Mrd CZK – über 1,8 Mrd EUR – liegen.

Nach Aussage der beteiligten Firmen hatten die tschechischen Tester einen umfangreichen Katalog mit Forderungen vorgelegt, der zu erfüllen war. So sollten offenbar rund 95 Prozent aller Soldaten hinsichtlich ihrer Größe in den hinteren Kampfraum passen. Darüber hinaus werden eine Absitz-Stärke von acht Soldaten und die Integration von Panzerabwehrraketen verlangt. Allerdings soll keine der Anforderungen ein Ausschlusskriterium sein. Vielmehr erfolgt eine – den Teilnehmern nicht bekannte – Gewichtung durch die tschechische Amtsseite. Teil der Testkampagne war auch das  scharfe Schießen im Stand und der Fahrt.

Hägglunds mit zwei unterschiedlichen Türmen

Laut Anders Bergkvist von BAE Systems Hägglunds hat sein Unternehmen als einziges das gleiche Basisfahrzeug mit zwei unterschiedlichen Türmen in die Erprobung geschickt: Einmal mit einem bemannten Standard-Turm und 30mm-Waffe und einmal mit einem ferngesteuerten 30mm-Turm von Kongsberg, der auch für das Stryker-Upgrade verwendet wird.

Auch der Ascod von General Dynamics wurde mit einem ferngesteuerten Turm erprobt. Dabei handelt es sich offenbar um die Version Mark 2 des israelischen Rafael-Konzerns, der auch beim Boxer für Litauen ausgewählt wurde. Bei dem Testfahrzeug handelt es sich gut informierten Kreisen zufolge um eine Weiterentwicklung des für Großbritannien vorgesehenen Ajax. Der hintere Kampfraum wurde um 15 cm erhöht, um mehr Platz für größere Soldaten zu bieten.

Deutschland mit Lynx und Puma

Von deutscher Seite haben der im vergangenen Jahr erstmals auf der Eurosatory vorgestellte Lynx von Rheinmetall und der Schützenpanzer Puma von PSM teilgenommen. Nicht mit angetreten war der G5 von FFG, bei dem es sich auch mehr um einen gepanzerten Mannschaftstransporter handelt. FFG hatte bereits vor einigen Monaten angekündigt, zunächst nicht an der Vergleichserprobung teilzunehmen, zu der es eingeladen war. Vielmehr werde man sich genau die Ausschreibung anschauen, die das Unternehmen für Ende des Jahres erwartet hatte.

Insgesamt wollen die Tschechen nach Aussage von Erprobungs-Teilnehmern – hier differieren die Aussagen – fünf bis sieben Varianten des Fahrzeugs beschaffen, darunter eine Version als Aufklärer und als Bergepanzer. Der Vertrag soll demnach 2018 geschlossen werden und die Lieferung 2020 starten. Ein Schlüsselkriterium für den Zuschlag neben Preis und technischen Qualitäten dürfte der Umfang  der so genannten technischen Kooperation sein. Früher hieß dies Offset, ist mittlerweile jedoch verboten. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen Marktteilnehmer jedoch, dass Regierungen, die Rüstungsgüter beschaffen,  weiterhin derartige Offset-Geschäfte erwarten – so auch die tschechische. Hier kommt es dann darauf an, welches Unternehmen das bessere Paket schnürt. Während der deutsche Puma als vergleichsweise teuer gilt, hat er bereits heute tschechische Komponenten wie Kabel und Scheinwerfer an Bord.

Spielt Militärkooperation eine Rolle?

Eine Rolle spielen könnte auch die militärische Kooperation zwischen dem Lieferland und Tschechien. Dies würde für den Puma oder Lynx sprechen, da Tschechien im Rahmen des Framework-Nations-Konzept eine Heeresbrigade enger mit der Bundeswehr verzahnen will. Sollte Tschechien diesen Schützenpanzer beschaffen, könne eine Kooperation zwischen tschechischen Streitkräften und Bundeswehr etwa bei Ausbildung und Munitionslogistik aufgebaut werden, sagt Rheinmetall-Manager Mittelsdorf. „Wir sind sehr an einer deutschen Lösung interessiert“, betont er. Diese bringe für alle Beteiligten große Vorteile.

Bis es zu einer Entscheidung kommt, dürften jedoch noch einige Monate ins Land gehen. Mit Spannung warten die vier Teilnehmer der Vergleichstests jetzt auf die Ergebnisse der tschechischen Behörde, die in den kommenden Wochen übermittelt werden sollen. Danach – so vermuten Beobachter – wird es eine Shortlist mit den beiden besten Kandidaten oder eine Ausschreibung geben.
lah/8.9.2017