Beim Wettbewerb zur Entwicklung von kleinen Trägerraketen – so genannten Mikrolaunchern – des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben drei Teams die zweite Runde erreicht. Wie das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in einer Mitteilung weiter schreibt, handelt es sich dabei um die Unternehmen HyImpulse Technologies aus Baden-Württemberg, IsarAerospace Technologies und Rocket Factory Augsburg aus Bayern.
Der Wettbewerb fördert deutsche Start-Ups in einer Gesamthöhe von 25 Mio EUR, die Startdienstleistungen ins All kommerziell entwickeln und anbieten wollen. Die drei Gewinner setzen dabei auf Mikrolauncher, das heißt kleine und moderne Trägerraketen mit einer Nutzlast von einigen hundert Kilogramm.
Ausgewählt wurden die Firmen von einer Jury unter Vorsitz von Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt und Start-up-Beauftragter im BMWi. Jarzombek wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: „Wir betreten mit diesem Wettbewerb Neuland. Unser Ziel ist es, neben den etablierten Launcher-Anbietern neue Akteure aus dem Start-up-Umfeld aufzubauen.“ Damit fokussiere man sich auf die Kommerzialisierung der Raumfahrt, wie es die NASA bereits erfolgreich betreibe. Firmen wie SpaceX seien dort daraus hervorgegangen. „Wir setzen hier auf Wettbewerb, private Mittel und privates Risiko. Der Staat soll nicht mehr alles selbst entwickeln, sondern verstärkt Leistungen bei Start-ups einkaufen.“
Alle drei Bewerber haben laut Mitteilung die Jury mit ihren Vorschlägen in technischer, wirtschaftlicher und operationeller Hinsicht überzeugt. Sie erhalten nun jeweils 500.000 EUR für die weitere Ausarbeitung ihrer Konzepte bis zur Hauptrunde des Wettbewerbs im Frühjahr 2021.
Die Teams von HyImpulse, Isar Aerospace Technologies und der Rocket Factory Augsburg bekommen nun ein Unterstützungs-Schreiben („Letter of Support“) des DLR Raumfahrtmanagements für eine Förderung im so genannten C-STS-Programm der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Diese Unterstützung erfolge mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), die Deutschland auf der vergangenen
-Ministerratskonferenz „Space19+“ im November 2019 in Sevilla zugesagt hat.Nach Angaben des DLR wurden die drei KMU 2018 gegründet: die HyImpulse Technologies GmbH mit Sitz in Neuenstadt am Kocher ist eine DLR-Ausgründung, setzt auf eine 3-stufige Rakete mit einem so genannten Hybridantrieb und hat aktuell 40 Mitarbeiter; die Rocket Factory Augsburg AG gehört zur Bremer OHB-Gruppe, hat rund 60 Mitarbeiter und entwickelt ein ebenfalls dreistufiges Trägersystem auf Basis von flüssigem Sauerstoff und Kerosin; die Isar Aerospace Technologies GmbH hat zirka 70 Mitarbeiter, ist eine Ausgründung der TU München und hat eine zweistufige Rakete konzipiert auf der Grundlage eines Antriebs aus einem leichten Kohlenwasserstoff.
Kernaufgabe des Wettbewerbs war dem DLR zufolge ein Vorschlag für Transportdienstleistungen von der Erde in den Orbit („Earth to Orbit“) auf Basis eines von den Unternehmen selbst entwickelten Mikrolaunchers. In den beiden letzten Runden des Wettbewerbs erhalten die Gewinner Fördergelder für die abschließende Qualifikationsphase ihres Trägersystems inklusive der Durchführung von jeweils zwei Demonstrationsflügen im Zeitraum 2022 bis 2023. Nach der nun beendeten Vorrunde werde im Verlauf der Hauptrunde (2021) der erste Sieger des Wettbewerbs ermittelt werden, der eine Förderung von 11 Mio EUR erhalten wird. In der dritten Phase (2022) erfolgt die Vergabe des zweiten Gewinns, der ebenfalls mit 11 Mio EUR dotiert ist.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung von neuen Mikrolaunchern und der Miniaturisierung von Satelliten realisieren mehrere europäische Länder, allen voran Großbritannien, bereits nationale Micro-Space-Ports, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf seiner Homepage schreibt. Den ersten Weltraumbahnhof dieser Art werde in Schottland eröffnet und solle Satelliten mit einem Gewicht von bis zu 150 Kilogramm in den Orbit befördern. Wie wichtig London das Thema Weltraum ist, zeigt nicht zuletzt die kürzlich gemachte Ankündigung der britischen Regierung, sich einen Anteil von 45 Prozent am insolventen Satellitenbetreiber OneWeb zu sichern. Für neue Raketen-Startplätze haben laut BDI neben Großbritannien unter anderem auch Italien und Portugal Pläne. Ein deutscher Weltraumbahnhof sei ebenfalls in der Diskussion.
Einem aktuellen Bericht der „Welt“ zufolge hat die Rocket Factory Augsburg dazu eine Machbarkeitsanalyse erstellt. Demnach wäre eine mobile schwimmende Plattform am Rande der deutschen Außenwirtschaftszone in der Nordsee erfolgversprechend. Dagegen gilt ein Weltraumbahnhof an Land in Deutschland aufgrund der Sicherheitsanforderungen als hochproblematisch.
lah/12/17.7.2020