Weiteres Angebot für TaWAN eingereicht

Lars Hoffmann

Anzeige

Beim wichtigen Digitalisierungsvorhaben Tactial Wide Area Network für Landoperationen (TaWAN LBO) gibt es einen zweiten Vorschlag, wie die Kommunikationsanbindung aus den Einsatzgebieten der Bundeswehr an der Ostflanke der NATO bis in die Heimat sichergestellt werden kann. Nachdem der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall als Generalunternehmer eine Lösung für TaWAN vorgeschlagen hat, wie an dieser Stelle bereits berichtet, haben sich jetzt offenbar die beiden Unternehmen KNDS Deutschland und Airbus Defence and Space zusammengetan und dem Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw ein eigenes indikatives Angebot unterbreitet. KNDS wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern, ebenso wie Airbus. „Wir befinden uns mit dem Kunden weiter im Gespräch zu TaWAN und können keine Stellungnahme abgeben“, teilte ein Airbus-Sprecher mit.

Ursprünglich sollte eine ARGE aus Airbus Defence and Space und Rheinmetall TaWAN im Rahmen einer Direktvergabe mit möglichst marktverfügbaren Produkten umsetzen. Das BAAINBw hatte die Gespräche allerdings vor einigen Monaten nach Eingang eines ARGE-Angebotes beendet, das deutliche über dem vorgesehenen Budget lag. Danach ergab sich kurzfristig eine überraschende Entwicklung: Rheinmetall als Generalauftragnehmer und weitere Partner warfen ihren Hut in den Ring.

Anzeige

Fachkreise gehen davon aus, dass im Rahmen dieser Offerte als Fahrzeug für das Richtfunksystem klein der Radpanzer Piranha V von GDELS mit einem Mast von SMAG und Funktechnik von Thales Schweiz dem Kunden angeboten werden. Die Konfiguration Piranha mit SMAG-Mast hatte GDELS bereits auf der Messe Eurosatory im Juni in Paris und später auf der Messe Rünet in Koblenz dem Fachpublikum präsentiert und damit quasi einen Funktionsnachweis für eine Integration erbracht. Die Richtfunktechnik der Thales-Gesellschaft ist bereits in großen Stückzahlen in die Schweizer Armee eingeführt und seit mehr als einer Dekade in der Nutzung.

Anzeige

Beim indikativen Angebot von KNDS Deutschland und Airbus Defence and Space dagegen ist dem Vernehmen nach der Radpanzer Boxer als Plattform für das kleine Richtfunksystem vorgesehen. Der Vorteil hierbei liegt darin, dass das Fahrzeug bereits in der Bundeswehr eingeführt ist, was Logistik und Ausbildung erleichtert. Mit der voraussichtlichen Entscheidung, den zukünftigen Spähpanzer der Bundeswehr mit dem Namen Korsak auf Basis einer vom 8×8-Piranha abgeleiteten 6×6-Variante zu realisieren, wird allerdings auch der Piranha in die Truppe eingeführt. Somit würden sich Synergien mit einem TaWAN-Piranha ergeben, da die Plattformfamilie über eine hohe logistische Gleichheit verfügen soll.

Ob beim Boxer bereits ein Funktionsnachweis mit einem Mastsystem erbracht wurde, ist unklar. Gut informierten Kreisen zufolge sollen die für die Richtfunk-Kommunikation benötigten Funkgeräte von der italienischen Firma Leonardo geliefert werden. Bei ihrem bereits seit einigen Jahren im Einsatz befindlichen terrestrischen Richtfunk-Übertragungssystem (TÜtrSys) nutzt die Bundeswehr Funktechnik von Leonardo.

Eine Schlüsselfähigkeit für TaWAN dürfte das Netzmanagement darstellen. Wie es heißt, hat Airbus Defence and Space dafür ein spezielles Einsatztool entwickelt. Damit soll sichergestellt werden, dass bei sich ständig in Bewegung befindlichen Netzknoten die Verbindung und Übertragung sichergestellt wird.

Da die Höhe des ersten Angebotes der ARGE offenbar wesentlich zum Abbruch der Verhandlungen geführt hat, gehen Beobachter davon aus, dass das indikative Angebot von KNDS und Airbus unter dem Planbudget des BMVg von rund zwei Milliarden Euro liegt. Ähnliches dürfte für den Vorschlag von Rheinmetall gelten. Konzern-CEO Armin Papperger hatte bei einer Analystenkonferenz vor einigen Monaten von einem Auftragswert zwischen 1,5 bis 2 Milliarden Euro für das zweite Halbjahr 2024 gesprochen.

Bevor es zu einem Abschluss kommen kann, ist jedoch ein endverhandelter Vertrag sowie eine parlamentarische Befassung erforderlich. Ob eine Behandlung im Bundestag noch im laufenden Jahr erfolgen kann, wird in Kreisen des Bundestages bezweifelt. Spannend wird sein, wie das BAAINBw auf das neue Angebot reagiert. Vermutlich hoffen KNDS und Airbus Defence and Space darauf, dass ihr Vorschlag im Verfahren noch berücksichtigt wird. Als tragfähige Basis für Verhandlungen wäre jedoch ein bindendes Angebot erforderlich, was wohl noch erstellt werden muss.

Beobachter gehen davon aus, dass Rheinmetall ein solches bindendes Angebot bereits abgegeben hat und sich in Verhandlungen mit dem Auftraggeber befindet. Es wird gemutmaßt, dass bereits in wenigen Wochen ein finales Angebot vorliegen könnte.

Insgesamt steht das Projekt unter großem Zeitdruck, da die Kommunikations-Anbindung der Litauen-Brigade in den rückwärtigen Raum sichergestellt werden soll. Und die Aufstellung dieser Brigade hat für das Ministerium Top-Priorität, wie immer wieder betont wird. Sollte es zu Verzögerungen kommen und die Vorlage für TaWAN nicht bis zum Sommer in den Bundestag zur Vorlage kommen, wäre das Vorhaben vermutlich für lange Zeit auf Eis gelegt. Für die Truppe und die Kriegstauglichkeit der Bundeswehr wäre dies ein herber Schlag.

Lars Hoffmann