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tkMS setzt auf modernste Technologie

Der Kieler U-Boot-Bauer thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) weitet sein Produktportfolio aus und bietet in Zukunft im eigenen Haus entwickelte Brennstoffzellen an. Dies hat  das Unternehmen – wie berichtet –  bereits auf seiner Konferenz SubCon2019 Anfang September angekündigt. Damit tritt das Unternehmen in den Wettbewerb mit Siemens. Der Konzern hat die ersten drei Generationen von Brennstoffzellensystemen für die Boote von tkMS geliefert.

Die Kieler Schiffbauer zählen die auf den 212A-Booten verbauten  Module mit einer Leistung von je 30 bis 40 kW zur zweiten Generation – das erste Boot dieser Klasse wurde 2005 übergeben. Die Brennstoffzellen der dritten Generation mit 120 kW pro Modul werden im Wesentlichen auf Export-U-Booten der Klasse 214 verwendet, wie Stefan Krummrich, Senior Manager AIP Development  bei tkMS, beim Sprechtag Marinetechnik der Schiffbautechnischen Gesellschaft Anfang Oktober in Hamburg erläuterte.

Ab dem kommenden Jahr werde die Advanced Submarine Fuel Cell (ASFC) von tkMS zur Verfügung stehen, kündigte Krummrich an. Damit werde eine Leistung von 320 kW erreicht –  wofür nicht mehr Bauraum als bei den 240-kW- Anlagen an Bord der Klasse 214 benötigt werde. Dem Vernehmen nach  sollen die neuen ASFC-Anlagen auch für den Refit alter U-Boote geeignet sein, was tkMS zusätzliches Geschäft verschaffen könnte.

Nach Aussage von Krummrich wurden die beiden gegenwärtig auf Unterseebooten eingesetzten Systeme  Ende der 90er und Anfang der 2000er Jahre entwickelt. „Damals gab es noch keinen Markt für Brennstoffzellen“, erläuterte der Manager.  Das habe sich jedoch mittlerweile geändert: So sei es heute ohne Probleme möglich,  Brennstoffzellen für mobile Anwendungen zu kaufen. Sogar Heizungen können seinen Worten zufolge auf der Brennstoffzellentechnik laufen und es existierten mehr als 10.000 Gabelstapler in den USA und in Deutschland, die auf Brennstoffzellentechnik basieren. Diese Entwicklung habe einen Markt für Brennstoffzellen, Brennstoffzellen-Komponenten sowie  Anlagen zur Brennstoffzellenproduktion geschaffen.

Die Folge daraus sei, dass einerseits die Auswahl an Komponenten-Lieferanten größer sei, und andererseits die Kosten für die Komponenten „signifikant sinken“. Dieses zusammen mit dem Know-how aus 30 Jahren Beschäftigung mit der Technik habe tkMS zur Entwicklung bewogen, sagte der Manager.

Basiskonfiguration bleibt gleich

Die grundsätzliche Anordnung bei der von tkMS genutzten Technik bleibe im Wesentlichen gleich: Man behandle nicht die Sauerstoff-Speicherung oder den Wasserstoff-Tank. Wasserstoff könne gegebenenfalls auch aus einem Methanol-Reformer kommen, so Krummrich. tkMS kümmere sich im Rahmen des Vorhabens nur  um die so genannte Brennstoffzellenbatterie, die im Rahmen des AFSC-Vorhabens neu entwickelt werde. Zusätzlich werde ein DC/DC-Konverter konzipiert, der mit modernster Technologie hohe Wirkungsgrade erreiche.

Das ASFC-Modul basiert laut tkMS auf aktueller Brennstoffzellentechnik und  soll dabei einfach und kostengünstig aufgebaut sein. Die Leistung des Einzelmoduls beträgt demnach 40 kW. Zwei Module werden zu einer so genannten ASFC-Line kombiniert – eine eigene funktionale Einheit, die 80 kW bereitstellt. Vier Lines werden zum Gesamtsystem kombiniert, die in der Baseline 320 kW aufweisen –  bei hohem Wirkungsgrad und hoher Leistungsdichte.

Bei der Brennstoffzelle werde eine relativ einfache Technologie genutzt, um kostengünstig produzieren zu können, sagte Krummrich. Dabei wird seinen Worten zufolge die aktuell modernste Technik verwendet. Das Modul sei nicht wie bei einem Wettbewerber eine luftatmende Zelle, die mit einem Kunstluftkreislauf für den Betrieb auf U-Booten angepasst werde. Offenbar nutzt die französische Werft DCNS ein solches Verfahren. Das tkMS–System werde mit reinem Wasserstoff und Sauerstoff betrieben. Die Brennstoffzelle besteht aus dem Brennstoffzellen-Stack, einer Elektronik im vorderen Teil, sowie der vorderen Abschlussplatte, auf der die Kupplung untergebracht sei.

Schneller Modulaustausch gegeben

Sollten  Fehler in der Zelle auftreten, soll eine so genannte Clean-Break-Kupplung zwischen Modul und Brennstoffzelle  es der Crew sogar während der Fahrt ermöglichen, Module auszutauschen. Die Fertigung der Zelle soll in Zukunft automatisiert erfolgen, um höchste Qualität sowie Reproduzierbarkeit zu ermöglichen.

Man halte alle Rechte an der Entwicklung, betonte Krummrich. Damit gebe es keine Abhängigkeit von Lieferanten, die womöglich den US-ITAR-Exportregeln unterliegen. Für  alle Kernkomponenten – wie etwa Membran oder bipolare Platten –  seien mindestens zwei Lieferanten vorhanden.

Die ASFC-Modulentwicklung hat nach Angaben des tkMS-Managers im Jahr 2013 begonnen – zunächst mit dem Basic Design und der Simulation. Letztere habe gezeigt, dass man eine gute Temperaturentwicklung in der Zelle realisieren könne. In den vergangenen Jahren sei die Detailkonstruktion gefolgt sowie der Bau von Prototypen.  Dabei hat sich das Unternehmengleich mit der Fertigungstechnik befasst. Man befinde sich mittlerweile im Bereich der Verifikation und Langzeittests, so Krummrich

Über 8.000 Stunden habe man mit zwei Lieferanten die spezifizierten Werte jeweils eingehalten, bei einer sehr geringen Degradation. Die Tests seien im kompletten Start-Stop-Betrieb durchgeführt worden. Brennstoffzellen als Fuel-Cell-Stacks seien mehr als 75.000 Stunden getestet worden. Und mehr als 13.000 Stunden mit  einem Stack, der immer noch die Performance-Anforderungen erfülle. Der Wirkungsgrad des ASFC ist laut Krummrich deutlich höher als bei dem System, das in den Export geht.  Dabei werde eine niedrige Degradation sichergestellt.

Kurze Fertigungszeiten angestrebt

tkMS hat seinen Angaben zufolge  eine automatisierte Pilot-Fertigungsanlage aufgebaut, mit der die in der Entwicklung eingesetzten Brennstoffzellen produziert werden. Neben der Reduzierung von Kosten und Ausschuss, diene die Anlage dazu, kurze Fertigungszeiten zu realisieren. Damit würden die „Antwortzeiten“ für Nachlieferungen im After-Sales wesentlich geringer. Eine solche Fertigungsanlage werde in den kommenden Jahren bei einem zu tkMS gehörenden Unternehmen aufgebaut, kündigte Krummrich an.

Gegenwärtig befinde man sich im Dauertest der ersten funktional identischen Anlage, wie sie an Bord sein werde. Die Anlage verfüge über die gleichen Abmessungen und Komponenten wie die Bootsanlage. Allerdings sei sie noch nicht U-Boot-tauglich, weil etwa noch militärische Stecker fehlten. Eine zweite Line mit 80 kW Leistung soll kommendes Jahr in Betrieb gehen. Die Fertigung wurde offenbar im September gestartet.

Mitte 2020 soll laut Plan des Unternehmens  für ASFC der Technology-Readiness-Level sechs erreicht werden. In den Jahren 2020 bis 2022 wird  dann die Fertigungsanlage aufgebaut, um danach mit der Fertigung von Modulen für zukünftige U-Boote zu beginnen. Da auch Siemens nach eigenen Angaben eine neue Brennstoffzellentechnik entwickelt hat, bleibt abzuwerten, welche der beiden Lösungen sich am Markt durchsetzt.
lah/11.11.2019