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Spannende Entwicklungen bei Tiger und STH

Bereits seit Jahren denken die Nutzerstaaten des Kampfhubschraubers Tiger über ein Midlife-Upgrade der Maschine nach. Idealerweise sollten dabei alle Helikopter die gleiche Konfiguration nutzen, um Kosten zu sparen. So wurde der Chef des Hersteller-Unternehmens Airbus Helicopters, Bruno Even, kürzlich in den Medien mit der Aussage zitiert, dass sich die drei Nutzerländer Frankreich, Deutschland und Spanien womöglich bis Jahresende auf eine gemeinsame Konfiguration für den zukünftigen Tiger Mark III einigen könnten.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, ist man davon im Augenblick jedoch noch weit entfernt. Dagegen hat Airbus Helicopters offenbar Anfang dieser Woche dem  deutschen Verteidigungsministerium ein Angebot für die Modernisierung der Hubschrauberflotte vorgelegt, das es in sich hat. So werden Kosten für die Entkernung des Tigers bis auf die Zelle und die anschließende Neuverkabelung sowie Ausstattung mit Avionik und Sensorik von rund 6 Mrd EUR für die drei Betreiber aufgerufen. Deutschland müsste davon dem Vernehmen nach rund 40 Prozent tragen. Beobachter halten die Summer für sehr hoch, zumal aufgrund der Weiternutzung der bestehenden Flugzeugzellen die Lebensdauer der Mark-III-Maschinen gegenüber neuen Helikoptern deutlich verkürzt sein dürfte. Für die Modernisierung des Tigers von Auftragserteilung bis Auslieferung werden dem Vernehmen nach um die sieben Jahre veranschlagt.

Keine einheitliche Konfiguration

Wie es heißt, wollen überdies alle drei Staaten unterschiedliche Konfigurationen – oft mit nationalen Zulieferern – umsetzen. So hat Frankreich kürzlich die nationale Entwicklung einer neuen Rakete für den Tiger angekündigt, während Deutschland eher auf israelische Produkte setzt. Ähnliches soll für die Ausstattung mit Selbstschutzsystemen und Funkgeräten gelten. Insider rechnen aufgrund der hohen Kosten und mangelnden Harmonisierung nicht damit, dass das BMVg dem Angebot zustimmen wird. Zumal in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses in der vergangenen Woche keine zusätzlichen Mittel in der Langfristplanung für die Hubschraubermodernisierung eingestellt wurden, wie es heißt. Ob eine Vertragsunterzeichnung für den deutschen Tiger Mark III Mitte kommenden Jahres – wie von Bruno Even in den Raum gestellt – kommen wird, steht damit in den Sternen.

Zumal es im Deutschen Heer als Hauptnutzer des Tigers nicht nur glühende Anhänger des Helikopters geben soll. Als ein Problem gilt  die Verfügbarkeit des Musters. So hieß es etwa im Rüstungsbericht vom Juni dieses Jahres: „Die materielle Einsatzbereitschaft des KH TIGER stagniert auf einem unzureichenden Niveau. Die ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Einsatzreife, der Vereinheitlichung der Bauzustände, die Maßnahmen zur Reduzierung der Wartungsintensität sowie die eingeleiteten Maßnahmen, um die luftfahrzeugtechnischen Kapazitäten in der Truppe und insbesondere auch bei der systembetreuenden Industrie zu verstärken, werden sich erst mittel- bis langfristig auswirken.“

Die Truppe ist dagegen auch an der Beschaffung eines neuen Schweren Transporthubschraubers (STH) interessiert, für den ebenfalls eine Milliardensumme fällig wäre. Nachdem eine Beschaffung im Rahmen eines Direct Commercial Sale aus Kostengründen vor kurzem abgebrochen wurde, soll es kürzlich eine Anfrage an die US-Regierung im Rahmen eines so genannten Foreign Military Sale (FMS) gegeben haben.

Dem Vernehmen nach läuft die vom BMVg gesetzte Frist von zehn Werktagen zur Abgabe der Antwort morgen ab. Angefragt wurden offenbar über die US-Regierungsstellen beide bis dato im Rennen befindlichen Anbieter Boeing und Sikorsky. Insidern zufolge ist eine FMS-Anfrage mit derart kurzer Fristsetzung eher ungewöhnlich, da zu wenig Zeit für die Bereitstellung tiefergehender Informationen bleibt. Was dies zu bedeuten hat, scheint unklar. In letzter Zeit kursierten Gerüchte, wonach sich die Bundesregierung vor dem Start von FMS-Verhandlungen für eines der beiden Baumuster entscheiden würde. Aber auch im Fall des STH gilt, dass für die Beschaffung im kommenden Haushaltsjahr keine Mittel vorgesehen sind.

Sollte der FMS-Case für den STH trotzdem weiterverfolgt werden, müssten damit Maschinen in einer Konfiguration gekauft werden, wie sie die US-Streitkräfte in der Basisversion nutzen.  Beobachter gehen deshalb davon aus, dass im Fall des Chinook nur eine Variante ohne Luftbetankungsmöglichkeit in Frage kommt, wie sie von der US Army geflogen wird. Im abgebrochenen Direct-Commercial-Sales-Verfahren soll aber Luftbetankung gefordert worden sein. Maschinen mit dieser Fähigkeit werden oftmals für Combat Search and Rescue eingesetzt. Der CH-53K, der als neuer und teurer gilt als das Konkurrenzmodell, verfügt über diese Fähigkeit zur Luftbetankung bereits in der Basisversion. Als weiter Pluspunkt der Sikorsky-Maschine gilt überdies die Rotorblattfaltanlage. Dadurch könnten die bestehenden Flugzeughallen für den in der Bundeswehr eingeführten CH-53G offenbar ohne Um- oder Neubauten weitergenutzt werden.

In den nächsten Wochen dürfte das BMVg aufgrund der beiden Hubschrauber-Projekte genug Arbeit haben, um die Entscheidung von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über das weitere Vorgehen vorzubereiten. Denn bis Jahresende sollen ja offenbar  Fakten geschaffen werden.
lah/3.12.2020

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