Das spanische Heer beabsichtigt die Beschaffung von 91 Systemen der Aufklärungsdrohne Vector des deutschen Drohnenherstellers Quantum Systems. Die 91 Systeme, die unter anderem aus je zwei Vector-Aufklärungsdrohnen und einer Bodenkontrollstation bestehen, sollen für insgesamt 27,4 Millionen Euro beschafft werden, wie aus einem gestern veröffentlichten Bericht der spanischen Streitkräfte-Fachportals „Infodefensa.com“ hervorgeht. Ein Sprecher von Quantum Systems (QS) bestätigte auf Nachfrage die Richtigkeit der Meldung.
Dem Bericht zufolge hat sich das QS-Angebot, welches mittels eines lokalen Partners eingereicht wurde, im Wettbewerb gegen eine Vielzahl weiterer Anbieter durchsetzen können. Wie Infodefensa berichtet, könnte der Vertrag noch diesen Monat geschlossen werden, falls keine Einsprüche durch die unterlegenen Parteien eingereicht werden.
Wie es weiter heißt, sollen die Vector-Drohnen sowohl beim spanischen Heer als auch in der spanischen Marineinfanterie zum Einsatz kommen. Zudem besteht im Rahmen des auf vier Jahre ausgelegten Rahmenvertrages die Möglichkeit, dass insgesamt bis zu 150 Systeme – was 300 Vector-Drohnen entsprechen würde – abgerufen werden könnten.
Wie die spanische Vector-Konfiguration genau aussehen wird, ist derzeit nicht bekannt.
Vector
Bei der Vector handelt es sich um eine taktische „eVTOL fixed-wing“-Aufklärungsdrohne mit einer Fähigkeit senkrecht starten und landen zu können. Auch die deutschen Spezialkräfte haben das System im Rahmen des Vorhabens FALKE beschafft, wobei ein FALKE-System jedoch nur aus einer Vector-Drohne und einer Bodenkontrollstation besteht. Die Systeme laufen derzeit der Truppe zu. Zudem wurde im Herbst letzten Jahres entschieden, dass auch Verbände und Einheiten der Heeresflugabwehrtruppe im Rahmen einer Nutzerkreiserweiterung mit den Systemen ausgestattet werden. Insgesamt sollen der Bundeswehr derzeit eine mittlere zweistellige Anzahl von Falke-Systemen zulaufen.
Bei einer Spannweite von 2,80 m beträgt das maximale Abfluggewicht 8,5 kg. Die drei Hubtriebwerke werden elektrisch angetrieben. Für den Übergang in den Horizontalflug werden die Triebwerke um 90 Grad nach vorn geschwenkt. Den Marschflug übernimmt allein das Hecktriebwerk. Damit erreicht der Vector eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h und je nach verwendeter Batterie eine Flugzeit von rund 180 Minuten, wobei das Unternehmen derzeit an einer neuen Batterie arbeitet, die ab Sommer 2025 verfügbar sein soll und eine Stehzeit von mehr als vier Stunden bieten soll.
Die Aufklärungstiefe der Drohne soll Herstellerangaben zufolge abhängig von der genutzten Kommunikationstechnik bis zu 50 km betragen. Als Optronik-Paket kommt Quantum Systems zufolge ein Sensor vom Typ Raptor (8x IR, EO 40x Zoom + 2x digital + Laseroption) zum Einsatz.
Seit der Markteinführung im Jahr 2020 wurde das System stetig weiterentwickelt – nicht zuletzt aufgrund von Erfahrungen, die im Ukraine-Krieg gesammelt wurden. Alleine die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen der Militärhilfe für die Ukraine eine hohe dreistellige Zahl an Vector-Aufklärungsdrohnen an das im Krieg befindliche Land geliefert.
Erst vor wenigen Tagen hat Quantum Systems mit Vector AI die neueste Iteration der taktischen Aufklärungsdrohne erstmals öffentlich vorgestellt. Wie ein Unternehmensvertreter gegenüber hartpunkt erklärte, sind jegliche im Ukraine-Krieg gewonnen Einsatzerkenntnisse in das Design der Vector AI eingeflossen. So wurde das „Innenleben“ der Drohne auf höchstmögliche Modularität konzipiert, damit neue Fähigkeiten und Systeme – beispielsweise ISR-, SIGINT- und EW-Sensoren von Drittanbietern – im Bedarfsfall einfacher integriert werden können. Auch eine missionsabhängige Anpassung der Nutzlast soll mittels der Vector AI möglich werden.
Zudem verfügt die AI-Variante der Vector nun über zwei „Jetson Orin“-Prozessoren von NVIDIA, die die On-Edge-KI-Fähigkeit der Drohne verdoppelt. So sind damit jetzt schon eine Objekterkennung in Echtzeit, eine automatische Zielverfolgung sowie adaptive Missionsausführung möglich, was die Arbeitsbelastung des Bedieners reduziert und die Effektivität der Mission erhöht. Dabei werden nach Aussage des Unternehmens nur 20 Prozent der Rechenkapazität benötigt. Die übrigen 80 Prozent der Kapazität sollen die Zukunfts- und Aufwuchsfähigkeit des Systems sicherstellen und die Integration neue Applikationen ermöglichen. Mit dem System Receptor AI kann die Vector zudem mit einer KI-Navigationssensorik gerüstet werden, welche es der Drohe ermöglicht, bei Tag, Nacht und schlechter Sicht sowie ohne jeglichen Empfang von Navigationssignalen punktgenau zu navigieren.
Auf Wunsch kann die Vector-Aufklärungssommer ab Sommer 2025 zudem mit einer Fähigkeit zur akustischen Ortung von feindlichen Artillerie- und Mörserstellungen versehen werden. Der Sensor soll nach Angaben des Unternehmenssprechers in der Lage sein, Artillerie- und Mörserschüsse auf eine Distanz von bis zu 15 km zu orten. Die Detektionsgenauigkeit wird mit 85 Strich (5 Grad) auf 5 km angegeben, was für den Zweck der Grobortung vollkommen ausreichend ist. Ziel der Sensorintegration ist es, die grobe Schussrichtung zu orten, um anschließend eine genaue Ortung der feindlichen Feuerstellung mittels der Aufklärungsoptik der Drohne vornehmen zu können.
In einem ersten Schritt wird diese Tätigkeit noch manuell vom Piloten der Drohne vorgenommen. Dem Sprecher zufolge arbeitet Quantum Systems jedoch an der Automatisierung der Funktionalität, so dass die Optronik der Drohne automatisch in die Richtung geschwenkt wird, aus der der Schuss detektiert wurde. Zudem soll das System mittels Künstlicher Intelligenz zukünftig in die Lage versetzt werden, die akustische Signatur des Schusses erkennen und klassifizieren zu können. Die Drohne würde dann in die Lage versetzt werden, nicht nur die Schussrichtung zu bestimmen, sondern auch die Art des Schusses – sprich Artillerie oder Mörser.
Waldemar Geiger