Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems arbeitet nach eigenen Angaben an der Integration einer Schallmessfunktion in seine Aufklärungsdrohnen-Familie der Typen Twister, Vector und Reliant, um die Fähigkeit der Drohnen zur Aufklärung feindlicher Artillerie- und Mörserstellungen zu erhöhen.
Wie ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage gegenüber hartpunkt erklärte, befindet sich diese Fähigkeit derzeit noch in der Prototypenphase. Die Serienreife wird für den Sommer 2025 angestrebt, ab dann könnte der nur wenige Gramm schwere und zeigefingergroße Sensor in die komplette Aufklärungsdrohnen-Familie von Quantum Systems verbaut werden.
Entwickelt wurde der Sensor Quantum Systems zufolge vom polnischen Hersteller Weles Acoustics, seit kurzem eine einhundertprozentige Tochter von Quantum Systems.
Der Sensor soll nach Angaben des Unternehmenssprechers in der Lage sein, Artillerie- und Mörserschüsse auf eine Distanz von bis zu 15 km zu orten. Die Detektionsgenauigkeit wird mit 85 Strich (5 Grad) auf 5 km angegeben, was für den Zweck der Grobortung vollkommen ausreichend ist. Ziel der Sensorintegration ist es, die grobe Schussrichtung zu orten, um anschließend eine genaue Ortung der feindlichen Feuerstellung mittels der Aufklärungsoptik der Drohne vornehmen zu können.
In einem ersten Schritt wird diese Tätigkeit noch manuell vom Piloten der Drohne vorgenommen. Dem Sprecher zufolge arbeitet Quantum Systems jedoch an der Automatisierung der Funktionalität, so dass die Optronik der Drohne automatisch in die Richtung geschwenkt wird, aus der der Schuss detektiert wurde. Zudem soll das System mittels Künstlicher Intelligenz zukünftig in die Lage versetzt werden, die akustische Signatur des Schusses erkennen und klassifizieren zu können. Die Drohne würde dann in die Lage versetzt werden, nicht nur die Schussrichtung zu bestimmen, sondern auch die Art des Schusses – sprich Artillerie oder Mörser.
Bewertung
Die Integration einer Fähigkeit zur Schallmessortung auf eine taktische Aufklärungsdrohne ist dazu geeignet, die Fähigkeit zur reaktiven Artilleriebekämpfung signifikant zu steigern.
Unter Artilleriebekämpfung (im Englischen Counter Battery) versteht man die Fähigkeit, feindliche Artillerie- und Mörserstellungen und -kräfte orten und mittels eigenem Artilleriefeuer bekämpfen zu können. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen aktiver und reaktiver Artilleriebekämpfung: Bei der reaktiven Bekämpfung wird das feindliche Feuer mittels technischer Hilfsmittel – beispielsweise Schallmesstrupps, Radar oder Aufklärungsdrohnen – geortet, zurückverfolgt und schnellstmöglich mit eigenem Feuer auf die geortete Stellung beantwortet. Bei der aktiven Artilleriebekämpfung wird versucht, die gegnerische Artillerie mittels unterschiedlicher Aufklärungsmittel wie beispielsweise Drohnen oder Aufklärungskräfte zu orten, noch bevor diese die Feuerstellung erreichen und mit dem Schießen von Feuerkommandos beginnen.
Da das System auch auf kleinen taktischen Aufklärungsdrohnen wie der Twister integriert werden kann, die üblicherweise nicht durch die Artillerie sondern durch die Kampftruppe eingesetzt werden, könnte die Kampftruppe zukünftig das Sensornetzwerk der Artillerietruppe erweitern und so einen wesentlichen Beitrag zur reaktiven Artilleriebekämpfung leisten. Auch die Bekämpfung feindlicher Mörserkräfte durch die organische Feuerunterstützungsfähigkeit der Infanterie (Mörserzug) könnte mittels dieses Systemansatzes auf ein neues, bis dato nicht vorhandenes Niveau gehoben werden.
Waldemar Geiger