Die im Rahmen des Vorhabens FALKE (ferngeführtes Aufklärungssystem, luftgestützt, kurze Entfernung) beschafften taktischen Aufklärungsdrohnen des deutschen Drohnenherstellers Quantum Systems werden mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgeliefert.
Wie Florian Seibel, CEO von Quantum Systems, im Rahmen eines heutigen Beitrages auf der Plattform LinkedIn öffentlich gemacht hat, werden die auf Basis der Vector-Aufklärungsdrohne entwickelten FALKE-Systeme über eine Fähigkeit des Datenaustausches mit dem in Einführung befindlichen Leichten Kampfhubschrauber (realisiert auf Basis des H145M von Airbus Helicopters) der Bundeswehr verfügen. Der sogenannte Mesh-IP-Datenlink wird es beispielsweise ermöglichen, dass die Hubschrauberbesatzung der modernsten H145M-Variante – von dem auch die Spezialkräfte der Luftwaffe 5 Systeme einer besonderen Variante im Bestand haben werden – Aufklärungssignale der FALKE-Drohne empfangen und bei Bedarf auch die Drohnen direkt aus dem Cockpit steuern kann. Daneben ermöglicht es der Datenlink, Sensordaten des Hubschraubers an den Operateur der FALKE-Drohne, bspw. Kommandosoldaten am Boden, zu übertragen. Auch eine Relais-Funktion ist auf diese Weise möglich.
Dieser Umstand erlaubt es den Hubschrauberbesatzungen, Drohnen vorauszuschicken und mögliche Gefahren für die Hubschrauber aufzuklären. Auch eine Zielaufklärung mittels anschließender Bekämpfung mit NLOS-Wirkmitteln ist mittels des Datenaustauschs möglich, ohne dass der Hubschrauber eine direkte Sichtverbindung zum Ziel bräuchte, was die Sicherheit der Besatzung signifikant erhöhen würde.
Nach Aussage eines Sprechers von Quantum Systems wäre zukünftig auch denkbar, dass die Hubschrauber selbst als „Drohnen-Mutterschiffe“ fungieren könnten, um ganze Schwärme schnell in den Einsatz zu bringen und diese zudem selbst zu befehligen.
Dies ist insbesondere deshalb interessant, weil die Bundeswehr zukünftig über deutlich mehr als bis dato 14 beschaffte FALKE-Systeme verfügen könnte. Wie hartpunkt bereits Ende Oktober berichtete, plant die Bundeswehr im Rahmen einer Nutzerkreiserweiterung, sämtliche Verbände der Heeresaufklärungstruppe mit FALKE auszustatten. Darüber hinaus gibt der Hersteller an, dass der Datenlink nicht nur zwischen FALKE und Leichtem Kampfhubschrauber aufgebaut werden kann, sondern auch zwischen sämtlichen Quantum-System-Drohnen, wie beispielsweise der Twister-Drohne, die das Unternehmen derzeit im Rahmen des Wettbewerbes um die Aladin-Nachfolge anbietet. Sollte sich das System erfolgreich im Wettbewerb durchsetzen, würde die Bundeswehr mit den Leichten Kampfhubschraubern, den FALKE-Drohnen bei den Spezialkräften und in der Heeresaufklärungstruppe sowie den Twister-Drohnen über mehrere hundert Luftfahrzeuge verfügen, die zum gegenseitigen Datenaustausch befähigt wären.
Ein möglicher taktischer Anwendungsfall dieser Fähigkeit wäre Beispiel die luftgestützte Echtzeitaufklärung in Räumen mit aktiven feindlichen Störmaßnahmen. Bei auftretender Störung müssten die Video- und Telemetriedaten der Drohne nicht durch die Störung hindurch übertragen werden. Der Datenaustausch könnte auch über die Störung hinweg oder um die Störung herum erfolgen, indem der Drohnenpilot die Aufklärungsdrohne nicht direkt ansteuert, sondern über „benachbarte“ FALKE- oder Twister-Drohnen, die als Relais fungieren. Zudem erlaubt der Zugriff auf die Aufklärungsdaten aller im aktiven Netzwerk operierenden Drohnen ein besseres Lagebild der jeweiligen Drohnentrupps.
FALKE
Beim FALKE handelt es sich um eine taktische „eVTOL fixed-wing“-Aufklärungsdrohne auf Basis der Quantum Systems Vector mit einer Fähigkeit, senkrecht starten und landen zu können. Seit der Markteinführung im Jahr 2020 wurde die Vector stetig weiterentwickelt – nicht zuletzt Aufgrund von Erfahrungen, die im Ukraine-Krieg gesammelt wurden. Die Bundesregierung hat Quantum Systems beauftragt, mehrere hundert dieser Systeme an die ukrainischen Streitkräfte zu liefern. Stand Mitte November 2024 wurden nach Angaben der Bundesregierung bereits 368 dieser durch Deutschland finanzierten Aufklärungsdrohnen an die Ukraine übergeben, 202 weitere sollen folgen.
Bei einer Spannweite von 2,80 m beträgt das maximale Abfluggewicht 8,5 kg. Die drei Hubtriebwerke werden elektrisch angetrieben. Für den Übergang in den Horizontalflug werden die Triebwerke um 90 Grad nach vorn geschwenkt. Den Marschflug übernimmt allein das Hecktriebwerk. Damit erreicht der Vector eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h und je nach verwendeter Batterie eine Flugzeit bis 180 Minuten. Die Aufklärungstiefe der Drohne soll Herstellerangaben zufolge abhängig von der genutzten Kommunikationstechnik bis zu 50 km betragen. Als Optronik-Paket kommt Quantum Systems zufolge ein Sensor vom Typ Raptor (8x IR, EO 40x Zoom + 2x digital + Laseroption) zum Einsatz.
Die ersten FALKE-Systeme sollen Anfang 2025 an die Truppe übergeben und den offiziellen Angaben des Bundeswehr-Beschaffungsamtes BAAINBw zufolge dort zur präzisen Aufklärung über eine Entfernung von bis zu 30 km genutzt werden.
Twister
Bei der Twister handelt es sich ebenfalls um eine elektrisch angetriebene Aufklärungsdrohne mit der Fähigkeit, senkrecht starten und landen zu können. Die Twister hat nach Angaben des Herstellers eine Spannweite von 1,25 m und ein maximales Abfluggewicht von 3,5 kg. Die Aufklärungstiefe des Systems wird mit 15 km und die Flugdauer mit 90 min angegeben.
Waldemar Geiger