Der Hersteller Airbus Helicopters hat heute in Donauwörth weniger als ein Jahr nach Auftragsvergabe den ersten sogenannten Leichten Kampfhubschrauber H145M (LKH) an die Bundeswehr übergeben. Laut Bundeswehr soll der Hubschrauber am Mittwoch, 20. November 2024, offiziell bei der Heeresfliegertruppe in Dienst gestellt werden.
Einer heutigen Pressemitteilung von Airbus Helicopters zufolge ist dieser erste Hubschrauber für den Ausbildungsbetrieb am Bundeswehrstandort Bückeburg bestimmt. Die erste Lieferung eines H145M LKH für den Einsatz in der leichten Angriffsrolle an die Bundeswehr ist Airbus zufolge vertragsgemäß für 2025 vorgesehen. Die Ausbildung der Piloten der Bundeswehr hat bereits im August dieses Jahres begonnen.
Der im Dezember 2023 mit Airbus Helicopters geschlossene Vertrag für die Lieferung von 62 H145M-Hubschrauber, samt Option für 20 weitere Systeme, sieht gut informierten Kreisen zufolge vor, dass 24 Systeme in der Rolle Kampf, 33 in der Rolle Ausbildung/Professionalisierung sowie fünf in der Rolle SOF beschafft werden. Weiterhin sieht der Vertrag eine Lieferung von Bewaffnung und Munition für Qualifizierungszwecke vor. Welche dies genau sein wird, ist öffentlich nicht bekannt.
Alle 62 Hubschrauber werden in der Basisvariante mit dem Waffen-Managementsystem HForce von Airbus Helicopters ausgestattet sein. HForce erlaubt es, verschiedene Sensorik, ballistische und gelenkte Flugkörper sowie eine Kanonenbewaffnung verschiedener Hersteller zu integrieren und so unbewaffnete Hubschraubermuster nachträglich zu bewaffnen.
Je nach zugewiesener Rolle werden die zulaufenden Hubschrauber jedoch mit unterschiedlicher Missionsausrüstung geliefert. Bei allen Hubschraubern wird es sich um die sogenannte D3-Variante des H145M handeln, welcher über einen Fünfblattrotor verfügt.
Mobilität des H145M D3
Die mit einem Fünfblattrotor leistungsgesteigerte H145M D3 ist seit 2020 zugelassen. Im Gegenzug zu der Vierblattrotor-Variante D2 – in der Bundeswehr bei den Spezialkräften der Luftwaffe unter der Bezeichnung LUH SOF eingeführt – bietet die D3 mehrere technische und logistische Vorteile.
So wurde die Nutzlast der Maschine um effektiv 150 Kilogramm gesteigert, dies wiederum führte zu einer Erhöhung des maximalen Startgewichts auf 3.800 kg. Weiterhin wurde der Rotordurchmesser verringert, damit die H145M in engerem Umfeld operieren kann. Das fünfte Blatt führt auch zu größerer Laufruhe und geringerer Geräuschsignatur. Zudem werden die Wartungsarbeiten durch die einfache Ausführung des neuen lagerlosen Hauptrotors erleichtert.
Bereits beim D2 war eine Vorbereitung für den Lufttransport sowie eine im Anschluss an die Landung anknüpfende Inbetriebnahme mit einer A400M vergleichsweise einfach möglich, wurde diese Airbus Helicopters zufolge bei der D3 noch weiter verbessert. Für den Transport in einer A400M müssen lediglich die Rotorblätter abgenommen und im Anschluss wieder aufgesetzt werden, was jeweils nur 20 Minuten dauern soll. Nach Anbringung der Rotorblätter ist die Maschine sofort einsatzbereit was den Einsatz des Systems im Rahmen von Spezialkräfteoperationen in weit entfernten Konfliktzonen begünstigt. Ein A400M kann jeweils einen H145M-Hubschrauber samt Ausrüstung transportieren.
Technische Daten H145M D3 max. Startmasse 3.800 kg Nutzlast inkl. Treibstoff 1.893 kg Kabinenvolumen 6,03 m³ Passagiere vier voll ausgerüstete Spezialkräftesoldaten Reichweite ohne Zusatztanks bis zu 637 km (entspricht 723 kg Treibstoff) max. Flugzeit ohne Zusatztanks bis zu 3 Stunden und 30 Minuten Hinweis: Im Rahmen der militärischen Nutzung werden die Hubschrauber mit unterschiedlicher Missionsausrüstung (u.a. Schutz-, Kommunikations- und Waffensysteme) bestückt, die sowohl die effektive Nutzlast als auch die Reichweite verringern.
Die „Light Attack“-Variante ist Airbus Helicopters zufolge die fortschrittlichste Version der H145M, die der Hersteller derzeit im Portfolio führt. Ob bzw. welche Elemente dieser Variante beim LKH zum Einsatz kommen werden, ist öffentlich nicht bekannt.
Schutz des H145M D3 Light Attack
In dieser Konfiguration kann der Hubschrauber unter anderem mit sogenannten Light Armament Protection Plates ausgestattet werden, die Piloten und Copiloten vor Handwaffenbeschuss bis zum Kaliber 7,62 mm schützen. Dazu werden Matten am Cockpitboden sowie rund um die Sitze verlegt. Bei Bedarf kann auch der Boden des hinteren Kabinenraumes mit den Schutzmatten ausgelegt werden. Auch ein selbstverschließender Treibstofftank ist verfügbar, welcher Einschusslöcher bis zum Kaliber 7,62 mm abdichten und dem Luftfahrzeug so 20 bis 30 Minuten Flugzeit verschaffen kann, um sich der Gefahrensituation entziehen zu können.
Zudem bietet Airbus Helicopters unterschiedliche Ausprägungen des Electronic Warfare Systems (EWS) an. So kann das Luftfahrzeug mit aktiven Selbstschutzsystemen wie beispielsweise Missile-, Laser- und Radarwarnern sowie Chaff- und Flare-Auswerfern ausgestattet werden, die zum Schutz des Systems gegen feindliche Bedrohungen beitragen.
Führung des H145M D3 Light Attack
Die offene Rechnerarchitektur des Hubschraubers erlaubt dem Hersteller zufolge eine vergleichsweise einfache Integration unterschiedlicher taktischer Kommunikationssysteme. Auch die Adaptierung taktischer Datenlinks lasse sich so bewerkstelligen. Airbus zufolge verfügt der H145M über eine Adaptierbarkeit, welche es dem Luftfahrzeug ermöglicht, ein Teilnehmer im vernetzten Gefechtsfeld zu werden und über einen spezifischen Kanal eingehende Daten nahtlos an ein angeschlossenes Subsystem – beispielsweise eine Waffe – weiterzureichen, ohne dass die Piloten mit der Übermittlung der Daten belastet werden. Mittels Digitally Aided Close Air Support Systemen eingehende 9-Liner eines Forward Air Controllers oder eines Joint Terminal Attack Controllers werden so direkt auf der Missionscockpitanzeige angezeigt und mögliche Zielkoordinaten automatisch an das zur Bekämpfung ausgewählte Waffensystem übermittelt, was den Luftnahunterstützungsprozess um mehrere Minuten verkürzen kann.
Die Missionscockpitanzeige, dabei handelt es sich um einen zusätzlichen Monitor für den Co-Piloten, welcher im Rahmen der Aufgabenteilung die Missionsseite übernimmt, erlaubt es der Besatzung zudem, unbemannte Systeme aus dem Cockpit des Hubschraubers zu steuern. Möglich macht dies eine Zusammenarbeit mit der HAT.tec GmbH, welche die für die Steuerung der Drohnen notwendige Software liefert.
Nach Aussagen von Airbus Helicopters lässt sich mit dem System ein Manned – Unmanned Teaming (MUM-T) Level of Interoperability der Stufe 4 erreichen. Was bedeutet, dass eine Drohne bis auf Start und Landung aus dem Cockpit des Hubschraubers überwacht und gesteuert, inklusive der Sensorik und Effektorik der Drohne, werden kann. Auch die Steuerung mehrerer Drohnen gleichzeitig soll im Rahmen des Möglichen liegen, Voraussetzung ist, dass die Drohne „integriert“ ist. Für den taktischen Einsatz bedeutet dies, dass eine oder mehrere Drohnen vom Boden aus gestartet werden. Sobald die unbemannten Systeme in die Steuerungsreichweite des Hubschraubers kommen, kann der Co-Pilot die Systeme übernehmen und im Rahmen seiner Missionserfordernisse – beispielsweise für die Zielaufklärung – nutzen. Für die Landung wird das System wieder an den Drohnenpiloten am Boden übergeben.
Wirkung des H145M D3 Light Attack
Schlussendlich lässt es das HForce-Waffen-Managementsystem zu, dass eine breite Palette von tag- und nachtkampffähigen elektrooptischen Sensoren samt der für die Wirkung notwendigen Bewaffnung für die Konfiguration des Hubschraubers zur Verfügung steht. Dank der bei der Montage des Hubschraubers verlegten Verkabelung ist Airbus Helicopters in der Lage, vielfältige Sensoren und Waffen zu integrieren.
Bereits in HForce sind folgende Waffensysteme integriert und qualifiziert, welche auch für die Bundeswehr von Interesse sein könnten:
- 12,7 mm MG-Pod HMP400,
- 20-mm Kanonen-Pod NC621,
- 12-Schuss 70-mm-Raketenwerfer-Pod (ungelenkt) FZ231, wobei die obere Reihe des Pods alternativ auch mit drei lasergelenkten 70-mm-Raketen bestückt werden kann.
Die Steuerung der oben aufgeführten axialen Waffensysteme erfolgt über die Mittelkonsole, so dass je nach Lage und Waffe, der rechts im Cockpit sitzende Pilot und oder der links sitzende Co-Pilot das Waffensystem auslösen kann. Die Ziellenkung der lasergelenkten Raketen kann mittels Selbstbeleuchtung des Ziels durch einen im Hubschrauber vorhandenen Laserzielmarkierer erfolgen oder durch eine Fremdbeleuchtung eines anderen Hubschraubers oder Kräfte am Boden.
In der Qualifikation befindet sich zudem das Lenkflugkörpersystem Spike ER2. Erste Schießtests wurden im ersten Halbjahr 2022 durchgeführt.
Je nach Bedarf kann der Flugkörper in den Modi Fire and Forget oder Fire and Observe/Update verschossen werden. Bei ersterem wir der Spike auf ein aufgeschaltetes Ziel abgeschossen und führt im Anschluss die Bekämpfung selbstständig durch. Beim Modus Fire and Observe/Update kann der für die Steuerung des Waffensystems zuständige Co-Pilot den Flugkörper über die gesamte Flugphase hinweg steuern. Der Spike ER2 wiegt rund 35 kg und ist für Bekämpfungsreichweiten von bis zu zehn Kilometern ausgelegt, wenn die Lenkung des Flugkörpers mittels eines Lichtwellenleiters erfolgt. Im „Fire and Forget“-Modus oder bei Steuerung über Funk kann der vom Hubschrauber verschossene Spike ER2 auch Reichweiten von bis zu 16 Kilometern erreichen.
Neben der aufgeführten Bewaffnung hat das Unternehmen entsprechend spezifischen Kundenwünschen bereits mehrere andere Effektoren integriert und qualifiziert, welche für die Bundeswehr von geringerem Interesse sind. Laut eigener Aussage beobachtet Airbus Helicopters auch andere Entwicklungen, die die Zukunft militärischer Operationen betreffen. Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass Airbus Helicopters auch an der Integration von Loitering Munition arbeitet.
Waldemar Geiger