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Puma weiter im Rennen um zukünftigen Schützenpanzer

Beim Wettbewerb um einen neuen Schützenpanzer für die tschechischen Streitkräfte sah es bis vor kurzem noch so aus, also ob der deutsche Puma aufgrund veränderter Anforderungen ausgeschieden sein könnte. Wie es jetzt am Rande der Rüstungsmesse IDET im mährischen Brünn hieß, lassen die Beschaffer des Prager Verteidigungsministeriums das bei der Bundeswehr bereits eingeführte Kettenfahrzeug  mindestens für die laufende Runde des Auswahlprozesses im Rennen.

Die Spekulationen über ein mögliches Ausscheiden des Puma waren aufgekommen, nachdem Ende März den  Anbietern ein Katalog mit mehr als einem Dutzend positiv zu beantwortenden Fragen übersandt worden war.  Dabei wurden offenbar mehrere bis dahin nicht gestellte Forderungen aufgestellt: Eine Absitzstärke des Schützentrupps von acht Mann, ein bemannter Turm, die Nachlademöglichkeit von innen sowie ein aktives Schutzsystem.

In dieser Konfiguration will offenbar General Dynamics den Ascod in den Vergleichstest schicken. Foto: lah

Der Puma wird bisher jedoch nur mit einem unbemannten Turm angeboten und dürfte mittels Notsitz maximal einen siebten Mann im Kampfraum unterbringen können. Zwar gilt der Schutz des Marder-Nachfolgers als extrem hoch. Die Konkurrenz scheint jedoch offenbar in erster Linie auf so genannte Hardkill-Systeme wie Iron Fist oder Trophy aus israelischer Produktion zu setzen. Der  Puma dagegen verfügt über das MUSS, das anfliegende Raketen täuschen und jammen kann. Darüber hinaus sind an den Fahrzeugseiten passive Schutzkomponenten von DND angebracht, die unter anderem Hohlladungen abwehren können.

Presseberichten zufolge hat PSM – das Joint Venture von Rheinmetall und KMW, das den Puma vermarket – Einspruch gegen das Vorgehen der Tschechen eingelegt. Zumal bei der ursprünglichen Ausschreibung vor einigen Jahren ein unbemannter Turm für den neuen Schützenpanzer gefordert worden war. Daraufhin war auch BAE Systems mit zwei Turmvarianten – einem unbemannten von Kongsberg – sowie einem bemannten zum Vergleichsschießen angetreten. Bei diesem Vergleichsschießen im Jahr 2017 soll dem Vernehmen nach der Puma mit deutlichem Abstand auf die Nächstplatzierten die besten Ergebnisse erzielt haben.

Probleme mit Rafael-Turm

Der seinerzeit auf dem Ascod von General Dynamics verbaute Turm des israelischen Produzenten Rafael soll dagegen ungenügende Schießergebnisse erreicht haben. So war auf der diesjährigen IDET der Ascod mit einem Turm des israelischen Anbieters Elbit und dem vom gleichen Unternehmen entwickelten Hard-Kill-System Iron Fist zu sehen. Ein GD-Sprecher räumte als Grund für den Wechsel Probleme mit dem Rafael-Turm ein. General Dynamics hat sich seinen Worten zufolge aus der Turmentwicklung zurückgezogen, obwohl der für Spanien (Pizarro) und Österreich (Ulan) gebaute Turm in beiden Ländern weiter im Einsatz ist. Für den auf dem Ascod basierenden britischen Ajax-Aufklärungspanzer wurde der US-Konzern Lockheed Martin mit der Turmentwicklung beauftragt.

BAE Systems wollte sich aufgrund des laufenden Vergabeverfahrens nicht über die Konfiguration des CV-90 für die tschechischen Streitkräfte äußern. Dem Unternehmen zufolge sind von dem in Schweden entwickelten Panzer bislang fast 1.300 Exemplare ausgeliefert worden. Wobei Türme in den Kalibern von 25mm bis 40mm verwendet werden. Als Hardkill-System wurde wie beim Ascod ebenfalls Iron Fist integriert.

Gut informierten Kreisen zufolge waren alle vier Anbieter –also  Rheinmetall, BAE Systems, General Dynamics sowie PSM – im Laufe der Messe zu parallelen Gesprächen nach Prag eingeladen worden. Dem Vernehmen nach sollen sie in Kürze weitere Detailfragen zu ihren Angeboten erhalten, die binnen einer festgesetzten Frist zu beantworten sind. Mindestens bis dieser Prozess abgeschlossen ist, dürfte der Puma im Wettbewerb bleiben.

Einem Sprecher des tschechischen Verteidigungsministeriums zufolge sind im Augenblick alle vier Anbieter aufgefordert, Anpassungen an ihren Angeboten vorzunehmen. Die Unternehmen, die alle 16 Ausschlusskriterien erfüllen, werden seinen Worten zufolge noch in diesem Jahr zu einem Vergleichstest eingeladen. Ein Ausschlusskriterium ist demnach eine Wertschöpfung von mindestens 40 Prozent durch tschechische Unternehmen. Es gebe bislang nur einen groben Zeitplan, so der Sprecher weiter. Allerdings sollte der Vertrag idealerweise noch im laufenden Jahr unterschrieben werden. Die technischen Anforderungen an die Anbieter gehen seinen Worten zufolge auf die Wünsche der Armee zurück.

Mehrere Varianten erwünscht

Bisher wollen die Tschechen rund 210 Panzer in mehreren Konfigurationen beschaffen, wobei die Masse als Schützenpanzer ausgelegt werden soll. Während Hersteller wie BAE Systems und General Dynamics damit werben, dass ihre Fahrzeuge bereits in einer Vielzahl von Varianten im Einsatz sind, wird der Puma bislang fast ausschließlich als Schützenpanzer genutzt. Es existiert lediglich  eine weitere Variante als Fahrschulpanzer. Wie es in Fachkreisen heißt, sind allerdings auch andere Konfigurationen – wie Äufklärungs- oder Sänitätspanzer – mit überschaubarem Aufwand realisierbar.

Als Herausforderung gilt die Entwicklung einer Berge/Pionier-Variante. Hiervon würde allerdings auch die Bundeswehr profitieren. Schließlich ist der Puma für den Transport im A400M konzipiert. Würde er mit diesem Flieger an den Einsatzort verbracht, müsste er womöglich ohne Bergepanzer –  der  auf dem schwereren Leopard-Fahrgestell basiert –  auskommen. Oder der Bergepanzer würde auf dem Landweg oder mit einem anderen Flugzeugmuster nachgeführt.

Vertreten war auf der Messe in Brünn auch der belgische Turmsystem-Hersteller John Cockerill. Aufgrund der Turmproblematik sieht das Unternehmen Chancen, bei einem der Anbieter als Partner für die tschechische Ausschreibung zum Zuge zu kommen. Offenbar wird auch eruiert, inwieweit der Lynx von Rheinmetall für den Markt mit einer 105 mm-Waffe von Cockerill auszustatten wäre.

Ausschreibung für Haubitze erwartet

Erwartet wird von der Branche überdies, dass die tschechische Armee mittelfristig eine neue Panzerhaubitze beschafft. Requests for Information wurden offenbar bereits an mehrere Hersteller verschickt. Wie es heißt, wird eine Variante auf Radfahrgestell gewünscht, womit die deutsche Panzerhaubitze 2000 ausscheidet. Allerdings war auf dem Gemeinschaftsstand von KMW und Nexter die Haubitze Ceasar in der Modell-Version für die dänische Armee zu sehen. In Fachkreisen wird diesem System ein Wettbewerbsvorteil zugeschrieben, da für diese 8X8-Version ein Fahrgestell des tschechischen Herstellers Tatra verwendet wird.

Auch BAE Systems stellte seine 155mm-Haubitze Archer in einem Modell auf Tatra-Basis dar. Offenbar geht l auch das britisch-schwedische Unternehmen davon aus, dass Tatra eingebunden werden soll. Als weitere Aspiranten kommen das slowakische Artilleriesystem Eva – auf dem Außengelände ausgestellt – sowie womöglich ein israelisches Produkt in Frage. Auch die Haubitze Eva des slowakischen Herstellers Konstrukta nutzt ein 8X8-Fahrgestell von Tatra als Basis. Konstrukta zufolge erfolgt das Laden und Schießen einer begrenzten Anzahl von Projektilen vollautomatisch, so dass die Crew das geschützte Fahrerhaus nicht verlassen muss.

Auffällig war überdies die Präsentation eines Leopard 2A7 auf dem KMW-Nexter-Gemeinschaftsstand. Wie es heißt, will die tschechische Armee ihre veralteten T-72 noch bis zum Jahr 2025 nutzen, um sie dann durch ein neueres Modell zu ersetzen. Da der französische Leclerc nicht mehr gebaut wird, kommt aus Europa nur der Leopard 2 in Frage. Wobei offenbar – wie in anderen Ländern auch – diskutiert wird, inwieweit der vergleichsweise leichte und kleine T-72 durch ein System vergleichbarer Dimensionen ersetzt werden kann. So bietet beispielsweise Cockerill Türme mit einer 105mm-Waffe aus eigener Produktion für die Nutzung auf leichteren Fahrgestellen an.

Auch Mörsersysteme vor Ort

Darüber hinaus waren auf der IDET auch verschiedene Hersteller von Mörsersystemen vertreten, da die tschechischen Streitkräfte auch hier Modernisierungsbedarf angemeldet haben. So etwa der finnische Hersteller Patria mit seinem halbautomatischen Mörser Nemo – einem Hinterladersystem. BAE Systems war mit dem Mjölner-Doppelmörser-Turm auf CV90-Fahrgestell vor Ort.

Der Mjölner soll die mechanisierten Bataillone der schwedischen Armee begleiten und noch in diesem Jahr zulaufen. Im Gegensatz zum finnischen Ansatz wird der Mjölner durch eine von den Schützen zu bedienende Vorrichtung von außen geladen. Die Soldaten befinden sich ebenso wie beim Nemo unter Panzerschutz, die Waffe wird allerdings wie ein klassischer Mörser bestückt.

Auf dem Rheinmetall-Stand war die norwegische Tochter des Unternehmens mit dem System Ragnarok für Fahrzeugplattformen präsent. Hierbei steht der Mörser auf einem großen Drehring, der die Waffe automatisch nach Vorgaben des Feuerleitsystems ausrichtet. Die Munitionszuführung erfolgt wie gehabt manuell bei offener Luke. Das System, das aufgrund der Einfachheit zu den günstigsten der ausgestellten gehören dürfte, wird als Variante mit 81mm-Mörser bei den norwegischen Streitkräften auf CV90-Fahrgestell verwendet. Die unterschiedlichen Mörserlösungen werden offenbar auch von der Bundeswehr genau betrachtet, da auch das Heer offenbar an einem neuen Konzept für Mörser arbeitet. Ob dabei eine Turm-Lösung – wie es noch vor einigen Monaten hieß – oder ein anderes System bevorzugt wird, bleibt abzuwarten.

Nicht vertreten auf der Messe war die polnische Rüstungsschmiede HSW, obwohl das Unternehmen auch ein turmbasierters Mörsersystem auf Basis des Rosomak – einer Lizenzproduktion des Patria-Radpanzers – anbietet. Das Unternehmen baut auch die neue polnische Panzerhaubitze Krab, die ein koreanisches K9-Chassis verwendet und sonst auf der britischen AS90-Haubitze basiert. Nicht nur beim Design, sondern auch bei der Hardware  sind die Polen offenbar noch auf Zukäufe angewiesen. So bezieht das Unternehmen gut informierten Kreisen zufolge noch immer Rohr-Rohlinge für die Haubitzen bei Rheinmetall. HSW hat allerdings vor kurzem ein modernes Fertigungszentrum für Rohre eingeweiht.
lah/31.5.2019

 

 

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