Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat bei seiner Bereinigungssitzung in der vergangenen Woche den Verteidigungshaushalt 2020 im Volumen von 45,1 Mrd EUR gebilligt. Das sei ein Plus von 1,8 Mrd EUR oder 4,2 Prozent gegenüber dem diesjährigen Volumen, schreibt das BMVg in einer Mitteilung.
Wesentlich für den Anstieg des Verteidigungshaushalts sei die Stärkung der rüstungsinvestiven Ausgaben, der Materialerhaltung, der Personal- und Versorgungsausgaben und der Betreiberverträge der Bundeswehr. Gegenüber dem Vorjahr steige das Ausgabenvolumen allein im Bereich der militärischen Beschaffungen um rund 655 Mio EUR. Dieses Geld soll für die Beschaffung von Fahrzeugen, Schiffen, Bekleidung und Fernmeldematerial verwendet werden.
Verpflichtungsermächtigung gestrichen
Eine interessante Entwicklung ergibt sich dabei beim Haushaltstitel für den zukünftigen Schweren Transporthubschrauber (STH) der Bundeswehr: Die beim Haushaltsentwurf vom Sommer eingestellten Verpflichtungsermächtigungen in kumulierter Höhe von rund 5,6 Mrd EUR wurden vollständig aus dem Einzelplan 14 gestrichen. Beobachter rätseln nun über die Hintergründe der Maßnahme. So gibt es die Einschätzung, dass aufgrund des nicht vor 2021 zur erwartenden Vertragsabschlusses keine Verpflichtungsermächtigungen für das Jahr 2021 und danach erforderlich seien. Allerdings wird auch im letzte Woche beschlossenen Haushalt weiterhin mit den 5 Mio EUR für 2020 kalkuliert, die bereits im Haushalts-Entwurf ausgewiesen wurden. Daneben gibt es Spekulationen, wonach die Streichung der Verpflichtungsermächtigung mit einem kürzlich erfolgten WTO-Schiedsspruch zusammenhängen könnte. Laut WTO dürfen die Vereinigten Staaten Strafzölle auf europäische Produkte in Höhe von 7,5 Mrd erheben. Der Grund: Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat nach Ansicht der WTO unerlaubte Subventionen erhalten. Im zivilen Luftfahrtsektor stehen vor allem Boeing und Airbus im Wettbewerb gegeneinander. Ob beim STH wirklich ein Zusammenhang mit dem WTO-Verfahren besteht, ist jedoch ungewiss.
Dem Vernehmen nach sollen die beiden STH-Wettbewerber Sikorsky und Boeing ein erstes indikatives Angebot Mitte Januar an das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw übermitteln. Insider rechnen mit einem Best and Final Offer (BAFO) gegen Ende 2020 und einer Entscheidung im ersten Quartal 2021, woran sich dann der Vertragsschluss im gleichen Jahr anschließen dürfte. Die ersten Helikopter würden der Grobplanung zufolge ab 2024 und dann bis 2032 der Truppe zulaufen.
Gut informierten Kreisen zufolge haben Union und SPD im Rahmen der Haushaltsverhandlungen weitere Forderungen an die Bundesregierung in punkto STH gestellt. Demnach soll der Vertrag so gestaltet werden, dass die sicherheitspolitische Souveränität über das Luftfahrzeug im Krisenfall jederzeit sichergestellt werden kann.
In diesem Zusammenhang wünschen sich die Haushälter offenbar, dass umfangreiche Intellectual Property Rights auf Deutschland übertragen werden, um Instandhaltung und Weiterentwicklung zu ermöglichen. Generell sollen Wartung und mögliche Anpassentwicklungen hierzulande erfolgen. Außerdem wird gefordert, dass ein vollständiger oder partieller Wechsel der systembetreuenden Firma zur Aufrechterhaltung der nationalen Souveränität möglich sein muss. Industrievertreter gehen davon aus, dass in Deutschland aufgrund der damit verbundenen Komplexität lediglich Airbus Helicopters in der Lage sein würde, eine derartige Aufgabe zu übernehmen. Der Haushaltsausschuss will dem Vernehmen nach noch vor der Aufforderung zum BAFO über die mögliche Umsetzung seiner Forderungen informiert werden.
Mehr Geld für Bekleidung
Wie das BMVg zum Haushaltsbeschluss 2020 weiter schreibt, sollen auch die Ausgaben für die Materialerhaltung um rund 62 Mio EUR gegenüber 2019 seigen. Der um rund 155 Mio EUR erhöhte Ansatz im Bekleidungswesen spiegele den steigenden Bedarf der Bundeswehr an Bekleidung und persönlicher Ausrüstung wider.
Darüber hinaus habe sich der Haushaltsausschuss mit dem HERKULES-Folgeprojekt befasst. Für den Zeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2023 könnten nun zusätzliche IT-Leistungen mit der BWI GmbH vereinbart werden. In diesem Rahmen sollen 6.000 zusätzliche Notebooks als Arbeitsplatzrechner und 4.000 Notebooks für die Ausbildung bereitgestellt werden. Zudem seien 50.000 Notebooks als Ersatz für Desktop-Rechner vorgesehen.
Die Haushälter bewilligten überdies die Mittel für die neue Agentur für Innovation in der Cybersicherheit (Cyberagentur) unter der gemeinsamen Aufsicht des Bundesministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Innern. Bis 2023 stehen insgesamt 350 Mio EUR aus den Haushalten beider Ministerien zur Verfügung. Die Cyberagentur werde zeitnah als GmbH mit beschränkter Haftung gegründet und als Inhouse-Gesellschaft bis zu 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Zukünftiger Sitz der Agentur soll die Region Leipzig/Halle werden.
lah/12/18.11.2019