Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch die Eckwerte des Bundeshaushaltes, darunter die des Verteidigungshaushaltes und des Finanzplans für den Zeitraum bis 2025 beschlossen. Wie das Verteidigungsministerium in einer Mitteilung weiter schreibt, soll der Verteidigungshaushalt im kommenden Jahr weiter steigen: von 46,9 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 49,29 Milliarden Euro.
„Sicherheit kostet nun einmal Geld. Über die Bedrohungen für Deutschland und die EU wird vielleicht noch nicht breit gesprochen, dennoch sind sie real“, wird Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer in der Mitteilung ihres Hauses zitiert. Der Staat habe die Kernaufgabe, die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, und das unabhängig von der Kassenlage. Die Erhöhung sei notwendig, um die durch jahrzehntelanges Sparen verursachten Lücken in den bestehenden Fähigkeiten zu füllen und sich gleichzeitig gegen neue Bedrohungen wie Drohnen, Hyperschallwaffen oder Angriffe im Cyberraum zu wappnen, so die Ministerin weiter.
Laut Kabinettsbeschluss bekennt sich die Bundesregierung zu ihren internationalen Verpflichtungen gegenüber der NATO und der EU, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Darüber hinaus sei man sich darin einig, bestimmte Großvorhaben zukünftig zu finanzieren, um Fähigkeitslücken zu schließen und bereits eingegangene internationale Verpflichtungen zu erfüllen. Darunter sind den weiteren Angaben zufolge deutsch-französische und deutsch-norwegische Rüstungskooperationen oder die Nachfolge des Kampfflugzeugs Tornado.
Presseberichten zufolge zählen zu den priorisierten Vorhaben die Schließung der Fähigkeitslücke zur luftgestützten, signalerfassenden Aufklärung (Pegasus), der Ersatz der Flottendienstboote, die Beschaffung von Seefernaufklärern sowie eines Taktischen Luftverteidigungssystems. Die Umsetzung eines Teils dieser Vorhaben soll mit den Eckwerten bereits ermöglicht werden.
Beim Taktischen Luftverteidigungssystem ist dies jedoch offenbar nicht der Fall, wie aus dem gestern den Parlamentariern zugeleiteten Vorschlag für die Entwicklung der bodengebundenen Luftverteidigung hervorgeht.
Dagegen scheint die Eurodrohne finanziert zu sein. Die entsprechende 25-Mio-Vorlage für das Milliardenprojekt soll dem Vernehmen nach im April in die Ausschüsse gehen. Einem Bericht von NDR und WDR zufolge warnt das Finanzministerium bei dem Vorhaben vor einem „ungewöhnlich einseitig zu Lasten der Auftraggeberseite ausgestalteten Risikoverteilung“. Wie an dieser Stelle berichtet, gibt es bei dem Flugzeug-Projekt noch offene Punkte. So wurde noch kein Lieferant für das Triebwerk ausgewählt.
Ab 2023 weniger Geld für Verteidigung
Der Entwurf für die mittelfristige Finanzplanung der Jahre 2023 bis 2025 sieht abfallende Ausgabeansätze beim Verteidigungshaushalt vor. Dem Vernehmen nach sollen die Ausgaben für 2023 bei 46,3 Milliarden Euro, 2024 bei 46,2 Milliarden Euro und 2025 nur noch bei 45,7 Milliarden Euro liegen.
Diese Ansätze sind aus Sicht des Verteidigungsministeriums nicht ausreichend, um die notwendige personelle und materielle Modernisierung der Bundeswehr zu gewährleisten, wie das BMVg schreibt. Auch wäre dann nicht hinreichend sicher, dass die Bundesregierung ihre mehrfach gegebenen internationalen Zusagen erfüllen könnte.
„Wir haben in der NATO das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels zugesagt. Ich möchte für ein Deutschland stehen, das verlässlich ist. Es ist ohnehin in unserem eigenen Interesse, zu unserer Sicherheit in Deutschland und Europa einen fairen Beitrag zu leisten“, so Kramp-Karrenbauer. Sie fordert wesentlich höhere Verteidigungsausgaben.
Mittel aus dem Einzelplan 60?
Aufhorchen lässt ein Passus in der Pressemitteilung des Ministeriums: „Zugleich wird es notwendig sein, Verfahren und Instrumente zu erörtern, die künftig eine zuverlässige Finanzierung der Bundeswehr, eine langfristige Finanzierungszusage für wichtige industrielle und technologische Zukunftsprojekte und eine höhere Flexibilität bei der Verwendung der Mittel für Rüstungsinvestitionen ermöglichen, und zwar unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen“, heißt es dort.
Beobachtern zufolge ist denkbar, dass das französisch-deutsch-spanische Gemeinschaftsvorhaben Future Combat Air System (FCAS) der Testfall für ein neues Finanzierungsverfahren wird. Dem Vernehmen nach könnte die nächste Studienphase von FCAS, für die Deutschland rund 2,5 Milliarden Euro aufwenden muss, womöglich aus dem Einzelplan 60 des Haushaltes (Allgemeine Finanzverwaltung) bezahlt werden. Aus diesem Einzelplan wurden seinerzeit auch die kurzfristig zu beschaffenden Airbus-Maschinen für die Flugbereitschaft der Luftwaffe beschafft.
Im Januar hatte der CSU-Verteidigungsexperte im Bundestag, Reinhard Brandl, bereits empfohlen, die Entwicklungskosten für FCAS in Zukunft nicht mehr aus dem Einzelplan 14 zu finanzieren. Andernfalls könne das Verteidigungsministerium unter Druck geraten, die Mittel für andere Projekte zu verwenden, die zu einer schnelleren Verbesserung der Ausstattung führen, so Brandl seinerzeit. Bislang sei weder das Finanz- noch das Verteidigungsministerium mit einem Vorschlag zu einer solchen Finanzierung auf ihn zugekommen, sagte der CSU-Politiker heute.
Offenbar steht das Thema dennoch auf der Tagesordnung: „Eine Entscheidung, aus welchem Einzelplan die Finanzierung der Phasen 1b und 2 im Projekt FCAS erfolgen wird, steht noch aus. Zu dieser Fragestellung werden derzeit regelmäßige und intensive Gespräche zwischen den Ressorts und dem Bundeskanzleramt geführt“, teilte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums dazu gestern auf Nachfrage mit.
Voraussetzung für die Finanzierung ist allerdings, dass sich die Industriepartner Airbus und Dassault auf die Aufteilung der Aufgabenpakete im so genannten Pillar 1 für das neue Kampfflugzeug einigen. Dazu sollen offenbar in der laufenden Woche Gespräche geführt werden. Kommt es zu keiner Einigung, dürften in Kürze die Fristen für eine parlamentarische Befassung vor der Sommerpause abgelaufen sein.
Wie es in der Mitteilung des BMVg weiter heißt, melden die Ressorts auf Basis der Eckwerte in den kommenden Wochen den detaillierten Haushalt beim Bundesministerium der Finanzen an. Bis zum Beschluss des Bundeskabinetts zum Regierungsentwurfs für den Haushalt 2022 und den Finanzplan bis 2025 Mitte des Jahres seien jeweils noch Änderungen möglich. Sollte sich die Bundesregierung dazu entschließen, die FCAS-Studien doch aus dem Einzelplan 14 zu bezahlen, gehen Beobachter von Verdrängungseffekten bei anderen Rüstungsvorhaben aus.
Der Regierungsentwurf des Haushalts 2022 wird nicht mehr parlamentarisch beraten. Es obliege der neuen Bundesregierung, den so genannten zweiten Regierungsentwurf zum Haushalt 2022 zu beschließen. Dieser werde voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 parlamentarisch beraten und verabschiedet, so das BMVg abschließend.
lah/24.3.2021