Der Bundesrechnungshof hat die Bundeswehr aufgefordert, die auf den Korvetten der Marine verwendeten Lenkflugkörper schnellstmöglich gegen Ziele an Land einsetzbar zu machen. Wie es in einem Mitte der Woche veröffentlichten Bericht des Bundesrechnungshofes weiter heißt, kann der Lenkflugkörper zwar seit Juni vergangenen Jahres von den Korvetten eingesetzt werden, jedoch nicht gegen Ziele an Land. Damit seien wesentliche Forderungen der Marine nicht erfüllt.
Bei dem Flugkörper dürfte es sich um den von der schwedischen Firma Saab entwickelten und in Kooperation mit Diehl aus Deutschland hergestellten RBS15 Mk3 handeln. Laut Bericht ist der Flugkörper noch nicht zur Bekämpfung von Landzielen und zum Flug über Land freigegeben, weil die GPS-Navigationskomponente fehlerhaft arbeiten soll.
Bundeswehr muss Kosten übernehmen
Der Rechnungshof rügt überdies, dass die Bundeswehr im Jahr 2012 für 30 Lenkflugkörper 60 Mio EUR gezahlt hat, ohne deren Einsatzbereitschaft ausreichend zu prüfen. Bei einem Funktionstest 2013 waren dann zwei Flugkörper wegen technischer Fehler, die dem Hersteller angelastet werden, abgestürzt. „Der erste Lenkflugkörper stürzte 15 Sekunden nach dem Start wegen eines technischen Fehlers ab, der zweite neun Minuten nach dem Start wegen Problemen bei der Treibstoffversorgung“, heißt es dazu im Bericht. Die erneute Einsatzprüfung im vergangenen Jahr habe den Bund dann mehrere Millionen EUR gekostet. Das BMVg hatte die Auffassung vertreten, dass die Einsatzprüfung im ausschließlichen Interesse des Auftragnehmers liege und dies deshalb nicht im Kaufvertrag geregelt. Daher musste die Bundeswehr die Kosten für die Einsatzprüfungen tragen.
Für die alle vier Jahre erforderliche Rezertifizierung des Flugkörpers fordert der Rechnungshof die Bundeswehr auf, mit einer anderen Nation zu kooperieren, um die Kosten zu senken. Bezogen auf die geplante Nutzungsdauer von 40 Jahren würden bei einer Kooperation mit einem Partnerland nur noch 87 Mio EUR für die Rezertifizierung anfallen, statt 103 Mio EUR. Würde die Rezertifierzung auf die Industrie übertragen, würden die Kosten dagegen auf 169 Mio EUR anwachsen. Polen hatte ursprünglich Interesse an der Beschaffung des RBS15 Mk3 signalisiert. Die schwedischen Streitkräfte setzen ebenfalls Varianten des RBS15 ein.
Basierend auf den negativen Erfahrungen der Vergangenheit, fordert der Rechnungshof bei künftigen Verträgen, Entwicklungsrisiken „angemessen“ zur berücksichtigen und diese so zu gestalten, dass Auftragnehmer Kosten mittragen, die sie verursachen.
Beschaffung mittels IT nicht effizient
Kritisch sehen die Prüfer des Rechnungshofes auch den IT-gestützten Einkauf der Bundeswehr. Aufgrund der unzureichenden Nutzung ihres IT-Systems und schlechter Datenqualität könne die Bundeswehr ihren Einkauf nicht zutreffend analysieren und steuern, schreiben sie in dem Bericht. Die Bundeswehr bezahle Einkäufe lediglich über das IT-System, bestelle damit jedoch nicht. Dadurch fehlten „grundlegende Daten für eine Einkaufsanalyse, wie Mengen und Preise“. In der Folge gebe die Bundeswehr zu viel für die Beschaffung aus. Die Prüfer kommen zu dem ernüchternden Schluss: „Der Bundesrechnungshof erkennt nicht, dass das BMVg die Nutzung und die Datenqualität seines IT-Systems zügig verbessern will. Die Daten aus dem IT-System werden daher auch in absehbarer Zeit keine belastbaren Einkaufsanalysen ermöglichen. Einkaufsanalysen sind jedoch unverzichtbar, um die Einsparmöglichkeiten auszuschöpfen.“
Wehrtechnische Studiensammlung in der Kritik
Erneut fordert der Rechnungshof das Ministerium auf, die Wehrtechnische Studiensammlung in Koblenz aufzulösen. „Der Bundesrechnungshof hält es nicht für akzeptabel, dass die Studiensammlung bei jährlichen Kosten von mindestens 3,7 Mio EUR noch immer ohne tragfähiges Konzept betrieben wird. Nach über 50 Jahren Wehrtechnischer Studiensammlung hat die Bundeswehr lediglich ein „begehbares Depot“ mit geringem Nutzen und wenig Interesse bei der Bevölkerung vorzuweisen. Dies wiegt umso schwerer, als der Rechnungsprüfungsausschuss das BMVg bereits vor mehr als fünf Jahren aufgefordert hatte, über den Fortbestand der Studiensammlung zu entscheiden“, heißt es zur Begründung.
lah/12/22.4.2016