Das im Jahr 2017 begonnene Programm Lightweight Medium Machinegun (LWMMG) des US-Spezialkräftekommandos (USSOCOM) steht kurz vor einer Entscheidung für einen der drei eingereichten Entwürfe. Dies ist Äußerungen des Programmverantwortlichen am Rande der letzten Woche stattgefundenen Spezialkräftemesse SOF Week 2024 zu entnehmen. Oberstleutnant Tosh Lancaster zufolge soll die Entscheidung bis zum 1. Oktober 2024 erfolgen.
Ziel des LWMMG-Programms ist es, die Lücke zwischen dem Kaliber 7,62 x 51 mm und .50 BMG durch die Nutzung der Patrone .338 Norma Magnum zu schließen. Während Waffensysteme im erst genannten Kaliber tragbar und auch im urbanen Umfeld mit hoher Manövrierbarkeit eingesetzt werden können, mangelt es ihnen an Präzision und Reichweite, um das Entfernungsband jenseits der 1.500 m abdecken zu können. Ein Maschinengewehr im Kaliber .50 BMG bzw. 12,7 x 99 mm ist hierzu sehr wohl in der Lage und kann mit der hohen terminalballistischen Leistung auch erfolgreich Fahrzeuge und leichte Bauten bis 2.000 m bekämpfen, respektive durchschlagen, ist jedoch wegen des enormen Systemgewichtes nicht von einem Soldaten mitzuführen. Zudem erfordert der starke Rückstoß eine Lafettierung, welche ebenfalls das Gesamtgewicht erhöht.
Die in der militärischen Anwendung bis jetzt wenig verbreitete Patrone .338 Norma Magnum wurde ursprünglich für den zivilen Long-Range-Schießsport entwickelt. Erste Betrachtungen des Kalibers fanden 2008 im Rahmen des US-Precision-Sniper-Rifle-Scharfschützengewehr-Programms (PSR) statt. Im Rahmen des 2017 begonnenen LWMMG-Programms beabsichtigte USSOCOM zusammen mit dem U.S. Marine Corps, 5.000 Maschinengewehre in dem genannten Kaliber zu beschaffen, um bis zu einer Reichweite von 2.000 m bei hoher Präzision eine der 7,62 x 51 mm deutlich überlegene zielballistische Leistung abzurufen. Die projektierte Waffe sollte dabei eine Rohrlänge von 610 mm aufweisen und das Leergewicht von 10,9 kg nicht überschreiten. Die geforderte Kadenz soll sich im Bereich von 450 bis 750 Schuss pro Minute bewegen. Zudem war eine Mindestlebensdauer von 8.000 Schuss pro Rohr gefordert. Parallel zu LWMMG beschaffte die USSOCOM 2019 im Rahmen des MK22 „Advanced Sniper Rifle (ASR)“-Vorhabens das Barrett MRAD im genannten Kaliber.
Im aktuellen Teilnehmerfeld finden sich drei Maschinengewehre, welche jedoch öffentlich zugänglichen Informationen zufolge alle etwas über dem geforderten Gewichtslimit liegen.
Das 2022 der Öffentlichkeit vorgestellte Ohio Ordnance Works Recoil Enhanced Automatic Precision Rifle (REAPR) wiegt knapp über 12 kg und hat eine Gesamtlänge von 1.124 mm bei eingeklappter Schulterstütze.
Das Sig Sauer MG 338 ist mit knapp über 10,9 kg nicht nur das leichteste System im Wettbewerb, sondern auch technisch überaus reif. Die Betriebssicherheitszertifizierung der Waffe mitsamt Signaturreduzierer erfolgte seitens USSOCOM bereits Anfang 2020.
Der von True Velocity ins Feld geführte Entwurf ist die älteste Konstruktion. Sie basiert auf einem von General Dynamics 2012 entwickelten Maschinengewehr, um die bereits damals vom Unternehmen erkannte Reichweitenlücke zu adressieren. Das knapp 11,4 kg schwere Maschinengewehr hat mit 500 Schuss pro Minute die geringste Kadenz im Bieterfeld.
In den ursprünglichen, 2017 erschienenen Anforderungen des LWMMG-Programms wurde die Nutzung einer Patrone mit Polymerhülse favorisiert. Dem gegenüber steht die für die Erprobung seitens des Irregular Warfare Technical Support Directorate von den Anbietern General Dynamics Ordnance and Tactical Systems, sowie Black Hills Ammunition beschafften .338 Norma Magnum-Patronen mit Messinghülse. Die finale Entscheidung für die zu nutzende Munition wird daher im Rahmen eines separaten Beschaffungsvorhabens getroffen. Sollte eine Polymerhülse weiterhin im Fokus stehen, könnte dies für True Velocity mit seiner eigenen Munitionsfertigung mit Polymerhülsen einen gewissen Vorteil bedeuten.
Kristóf Nagy