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Konkretes BMS und Funktechnik im Gespräch

Deutschland will bei der Ausgestaltung der NATO-Speerspitze oder VJTF 2023 erneut eine tragende Rolle übernehmen. Wie es heißt, hat das BMVg der NATO die Bereitstellung einer digitalisierten Heeresbrigade zugesagt. Das Problem bei dieser Zusage ist nur, dass das Heer bislang noch im analogen Zeitalter feststeckt. Und aus rüstungsplanerischer Sicht müssten in Kürze Entscheidungen getroffen werden, um 2021 – wenn die Vorbereitungen für die VJTF starten – geeignete digitale Funktechnik zu erhalten. Vor diesem Hintergrund wird gut informierten Kreisen zufolge im Verteidigungsministerium diskutiert, die Brigade mit bewährter und eingeführter Technik und Software auszustatten.

Dabei denken die Planer offenbar  an die Nutzung des von den niederländischen Streitkräften selbst entwickelten Battle Management Systems (BMS) Elias für die deutschen VJTF-Kräfte. Damit wäre eine Kompatibilität mit den niederländischen Partnern gegeben, die neben den Norwegern erneut an der VJTF teilnehmen wollen.

Als Blaupause dient dabei offenbar die Kooperation der niederländischen und deutschen Panzertruppen: Bereits im April wurden die ersten auf Elias umgerüstete deutschen Leopard-Panzer dem Panzerbataillon 414 in Bergen übergeben, das über eine niederländische Panzerkompanie verfügt. Das Bataillon wiederum untersteht der 43.  mechanisierten niederländischen Brigade.

Zur Gewährleistung einer einheitlichen Führung innerhalb der Brigade sollen alle Leopard-Panzer des Bataillons – dann als Leopard 2A6 MA2 bezeichnet – in Zukunft mit dem niederländischen Führungssystem Elias ausgestattet werden. Dabei werden Thales-Funkgeräte der Serie PR4G aus niederländischen Armeebeständen quasi als Leihgabe in die Panzer eingebaut. Auf diese Funkgeräte ist Elias abgestimmt.

Insidern zufolge erwägt die Bundeswehr für ihre VJTF-Kräfte, ebenfalls Geräte aus dieser Reihe so genannter Software Defined Radios bei Thales  zu ordern, auf die dann das niederländische BMS aufgespielt würde. Da es sich bei Elias um eine Eigenentwicklung der niederländischen Streitkräfte handelt, sollen für die Bundeswehr dem Vernehmen nach keine Nutzungsgebühren anfallen. Allerdings wird den Kreisen zufolge darüber nachgedacht, die Funkgeräte nach Abschluss der mehrjährigen VJTF an die Niederländer zu übergeben. Langfristig will das Heer nämlich im Rahmen des Projektes „Digitalisierung landbasierter Operationen“ alle Brigaden mit modernster digitaler Funktechnik und Software ausstatten. Welche Lösung dabei gewählt wird, muss jedoch noch in den kommenden Jahren entschieden werden.

Sollte die Lösung Elias und Thales-Funkgeräte für die VJTF 2023 tatsächlich kommen, dürfte dies vermutlich in erster Linie dem hohen Zeitdruck und dem geringen damit verbundenen Risiko geschuldet sein. Da nach  Herstellerangaben mehr als 155.000 Stück des für auf Sprech- und Datenfunk ausgelegten PR4G in über 43 Länder geliefert wurden, scheint auch von industrieller Seite kein Engpass bei der Bereitstellung zu existieren.

Wie es heißt, werden die für die VJTF vorgesehenen Einheiten des Schützenpanzers Puma – Gerüchten zufolge soll es sich um zwei Kompanien bis ein Bataillon handeln – mit SVFUa und Rohde&Schwarz-Funktechnik sowie israelischen Komponenten zum Einsatz kommen. Darüber hinaus sollen die Pumas weitere Modifikationen etwa bei Sichtmitteln und der Panzerabwehr erhalten.

Beobachter erwarten mit Spannung welches Beschaffungsverfahren für die Thales/Elias-Lösung gewählt wird. Unklar ist auch im Augenblick, ob das PR4G-Funkgerät, das bislang noch nicht bei der Bundeswehr eingeführt ist, ein spezielles Zertifizierungsverfahren durchlaufen muss. Allerdings soll es bereits Prüfberichte über bestimmte Geräte der  PR4G-Familie bei einer Wehrtechnischen Dienststelle geben, die im Zusammenhang mit dem Ersatz des Solar-Funkgerätes im technischen Rücken des Infanteristen der Zukunft (IdZ) erstellt wurden.

Ungewiss scheint im Augenblick auch zu sein, wie viele Funkgeräte benötigt werden. Sollten alle Fahrzeuge einer Brigade – darunter Bergepanzer, Brückenleger und Haubitzen – ausgestattet werden, ist womöglich eine umfangreiche Zertifizierung durch einen Landsystemhaus erforderlich.  Für die Einrüstung des Funkgeräts in die Leoparden des Panzerbataillons 414 ist KMW zuständig.

Das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw wollte sich auf Nachfrage nicht zur Funkgeräteausstattung der VJTF äußern. Einem Sprecher zufolge unterliegt der Vorgang einer „Verschlusssacheregelung“. Gut informierten Kreisen zufolge, präferiert das BAAINBw jedoch lediglich die Ausrüstung eines Bataillons mit digitalen Funkgeräten. Was dann mit den übrigen Truppenteilen geschehen soll, scheint noch nicht festzustehen.

Auch das Kommando Heer wollte sich noch nicht festlegen, welche Truppenteile des Heeres und der Streitkräftebasis für die VJTF 2023 eingeplant werden. Außerdem wurde offenbar noch im Juni darüber diskutiert, wer die Führung der VJTF übernehmen soll. So hat auch Norwegen daran Interesse gezeigt. Die Führung durch eine andere Nation hätte aber womöglich Auswirkungen auf die Bundeswehr. Ein Sprecher des Heeres hält eine Führung durch Norwegen jedoch für unwahrscheinlich.
lah/23.8.2018

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