Die U.S. Army verfolgt einen neuen Ansatz zur Beschaffung reichweitengesteigerter Rohrartilleriesysteme und stellt in diesem Zusammenhang die Arbeiten am sogenannten Prototypenprogramm Extended Range Cannon Artillery (ERCA) ein, wie Douglas Bush Unterabteilungsleiter für Beschaffung, Logistik und Technologie der U.S. Army am 8. März gegenüber US-Medienvertretern im Rahmen eines Briefings für den Verteidigungshaushalt 2025 erklärt hat. „Wir haben die Prototypen-Aktivitäten im letzten Herbst abgeschlossen. Leider waren sie nicht erfolgreich genug, um direkt in die Produktion zu gehen“, wird Bush vom US-Fachmedium Defense News zitiert. Die Arbeiten am ERCA-Teilprojekt Munition sollen hingegen weitergeführt werde.
Damit wird klar, dass das US-Heer nach dem bewaffneten Aufklärungshubschrauber FARA, hartpunkt berichtete, innerhalb kürzester Zeit ein zweites Entwicklungsprojekt einstellt, welches zuvor höchste Modernisierungspriorität genossen hat.
Mit dem Projekt Extended Range Cannon Artillery, welches Bestandteil des Long Range Precision Fires (LRPF) Program der U.S. Army ist, verfolgte das US-Heer das Ziel, die Leistungsfähigkeit seiner Rohrartillerie zu verbessern und die Reichweite der US-Haubitzen von 30 auf 70 Kilometer mit herkömmlicher Munition zu steigern. Die Grundidee für eine ERCA-Panzerhaubitze bestand darin, ein M109A7 „Paladin“-Fahrgestell mit einer weiterentwickelten Waffenanlage, bestehend aus einer längeren Kanone und einem neu zu entwickelnden Ladeautomaten zu modifizieren. Die Waffenanlage ist so gestaltet, dass sie den höheren Druck der Supercharge-Treibladungen aushalten kann, welche in Kombination mit dem längeren Rohr (58 Kaliberlängen) die geforderten Reichweiten erbringen sollen. Der Ladeautomat sollte hingegen die Nachladegeschwindigkeit der Haubitze steigern.
Im Rahmen Schießkampagnen des US-Heeres, bei denen Reichweiten jenseits von 70 km erzielt worden sind, wurden jedoch unterschiedliche technische Probleme festgestellt, darunter eine übermäßig hohe Beanspruchung des Rohres. Daher hat sich die Army dagegen entschieden, die Entwicklung weiterzuverfolgen und die ERCA-Haubitze in Serie zu fertigen.
Bushs in den US-Fachmedien wiedergegebenen Aussagen zufolge hätte jedoch eine „erschöpfende“ Studie zur taktischen Feuerunterstützung den Bedarf für Rohrartilleriesysteme mit einer gesteigerten Reichweite bestätigt. Daher werde die Army in Kürze ein Informationsersuchen für vollständige Systeme – Plattform und Munition – herausgeben, mit dem Ziel, in diesem Sommer erste Bewertungen dieser Kandidaten durchzuführen.
Offenbar strebt das US-Heer nun an, eingeführte und bewährte Systeme, auch auf dem internationalen Markt, zu finden und eines davon einzuführen, wenn es sich als geeignet erweist. Die Army bleibt daher bei dem Ziel, reichweitengesteigerte Haubitzen einzuführen, verfolgt aber einen anderen Ansatz.
Nicht abschließend geklärt ist zudem der Sachverhalt, ob das US-Heer einen Alternativansatz für die Kampfwertsteigerung der eingeführten M109A7-Panzerhaubitzen verfolgen wird. So hatten beispielsweise BAE Systems und Rheinmetall im Oktober 2023 erfolgreiche Schussversuche einer kampfwertgesteigerten Panzerhaubitze des Typs M109 verkündet. Wie aus einer am 10. Oktober von Rheinmetall veröffentlichten Mitteilung hervorgeht, wurde die M109A7 mit einem 52-Kaliberlängen-Rohr (L52) von Rheinmetall, wie es beispielsweise in der Panzerhaubitze 2000 genutzt wird, ausgerüstet. Im Rahmen, der in den USA durchgeführten Tests konnte die Kompatibilität der deutschen Kanone mit der US-Haubitze vom Typ M109A7, der aktuellen Standardhaubitze der U.S. Army, nachgewiesen werden. Mit der Kombination aus deutschem Rohr und US-Haubitze zielten die beiden Konzerne offenbar darauf ab, der U.S. Army eine risikoarme und vergleichsweise schnell umsetzbare Kampfwertsteigerung der Rohrartillerie des US-Heeres zu offerieren. „Durch die Kombination zweier ausgereifter Systeme vermeiden Rheinmetall und BAE Systems viele der technischen Risiken, die mit ähnlichen Bemühungen zur Verbesserung der Wirkung verbunden sind“, hieß es in der Mitteilung.
Waldemar Geiger