Die U.S. Army hat gestern aufgrund der Erfahrungen des Krieges in der Ukraine überraschend den Abbruch des Entwicklungsprogramms Future Attack Reconnaissance Aircraft (FARA) angekündigt, in dessen Rahmen ein bewaffneter Aufklärungshubschrauber konzipiert werden sollte. Gleichzeitig teilte das US-Heer mit, dass die dadurch eingesparten Finanzmittel in Zukunft stattdessen in die Beschaffung von eingeführten Hubschraubermustern, darunter dem Chinook CH-47F Block II fließen sollen.
Das ist auch für die Bundeswehr von Relevanz, da die Luftwaffe insgesamt 60 Maschinen dieser Block-II-Variante bestellt hat. „Die Entscheidung der U.S. Army ist sehr wichtig für unser Block-II-Programm, aber natürlich auch für die Chinook-Beschaffung der Bundesregierung. Mit der Produktionsentscheidung der U.S. Army wird ein wichtiger Grundstein für starke Synergien und Interoperabilität zwischen den zukünftigen CH-47F Block II Chinook-Flotten der U.S. Army und der Luftwaffe gelegt“, sagte Michael Haidinger, Präsident von Boeing Deutschland, auf Nachfrage von hartpunkt.
Wie viele Maschinen die US-Streitkräfte beschaffen wollen, ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Vertreter des BMVg hatten die Wahl des Chinook insbesondere mit Vorteilen bei der Interoperabilität mit Partnerstreitkräften begründet, die das gleiche Hubschraubermuster fliegen.
Mit der Entscheidung der Army für die Block-II-Version dürften auch Bedenken hinsichtlich der deutschen Bestellung final ausgeräumt sein. Denn kurz vor der Behandlung der 25-Millionen-Euro-Vorlage im Juli vergangenen Jahres im Bundestag, waren von Parlamentariern Zweifel an der Risikobewertung des Projektes geäußert worden. „Der Helikopter ist bisher vom Vertragspartner der Bundesregierung, der US Army, nicht zertifiziert. Insofern bestehen erhebliche Risiken für den Steuerzahler“, hatten die Grünen-Politiker, Philip Krämer, Berichterstatter Luftwaffe im Verteidigungsausschuss, sowie Sebastian Schäfer, Berichterstatter EP 14 im Haushaltsausschuss, seinerzeit in einem Statement geschrieben. Allerdings waren diese Bedenken offenbar bereits vor der gestrigen Entscheidung überholt. Wie ein Sprecher von Boeing bestätigte, befinden sich gegenwärtig bereits sechs CH-47 F in der Variante Block II für die U.S. Army im Bau. Die Auslieferung stehe in naher Zukunft bevor.
Nach Aussage von Boeing handelt es sich bei der Block-II- Konfiguration um einen nächsten kritischen Schritt bei der Evolution des Chinook. Diese ermögliche es der Army, weitere Modernisierungsanstrengungen in der Zukunft zu unternehmen, um den Helikopter für weitere Dekaden im Einsatz zu halten.
Die CH-47F Block II verfügt über ein neues Antriebssystem, welches die Kraftübertragung auf die Rotorblätter verbessert und ein um bis zu neun Prozent höheres Drehmoment erzeugen soll. Auch ein Einzellen-Kraftstofftank auf jeder Seite (die bisherigen drei Treibstoffzellen in jeder Fahrwerksgondel werden zu einer großen Zelle zusammengelegt; der Wegfall der Ausrüstung zum Transfer von Treibstoff zwischen den Zellen spart etwa 90 kg Gewicht ein und steigert geringfügig die Treibstoffkapazität), elektrische Systemverbesserungen sowie weitere, bisher nicht spezifizierte Modifikationen an der Flugzelle sollen zur Leistungssteigerung der Chinook beitragen.
lah