Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS hat angekündigt, im Rahmen der Eurosatory 2024 in Paris mehrere „Meilensteine der Kampfpanzerentwicklung“ zu zeigen, darunter auch einen potenziellen Nachfolger für den Leopard 2 der Bundeswehr. „Neben den neuesten Evolutionsstufen der bestehenden Kampfpanzergenerationen – Leopard 2 A8 und Leclerc XLR – erwartet die Besucher mit dem Leopard 2 A-RC 3.0 und dem Leclerc Evolution ein Meilenstein in der Geschichte der Kampfpanzerentwicklung“, heißt es in einer heute verschickten Pressemitteilung von KNDS. Zudem wird eine Variante des Enhanced Main Battle Tank (EMBT) mit einem ferngesteuerten Turm – genannt ASCALON-Demonstrationsturm ADT 140 – gezeigt, der mit einer ASCALON 140-mm-Panzerkanone ausgestattet ist. Bei dem EMBT handelt es sich um einen Kampfpanzerdemonstrator, in dem Baugruppen und Merkmale vom Leopard 2 und vom Leclerc in einem Kampfpanzer kombiniert und neue Merkmale hinzugefügt wurden. Der Systemdemonstrator wurde erstmals 2022 auf der Eurosatory vorgestellt, damals jedoch mit einem 120-mm-Turm.
Mit der ASCALON hat KNDS eigenen Angaben nach ein Hauptgeschütz für Kampfpanzer entwickelt, „das leistungsfähiger ist als alle vergleichbaren Rohrwaffen“. ASCALON steht für „Autoloaded and SCALable Outperforming guN“.
Die Kanone sei in der Lage, „kompakte und programmierbare Munition außerhalb der Sichtverbindung mit minimalem Verschleiß abfeuern“, schreibt das Unternehmen. Die skalierbare Kanone kann laut KNDS mit jedem beliebigen Rohr von 120 bis 140 mm ausgestattet werden. Das Unternehmen sieht es als innovatives Konzept, das ein erhebliches Wachstumspotenzial und ein Leistungsniveau außerhalt derzeitiger Technologien bietet. Zudem wird darauf verwiesen, dass die ASCALON mit einer offenen Architektur konzipiert wurde, „die als Grundlage für die kooperative Entwicklung einer Gefechtswaffenplattform im Rahmen des MGCS-Programms dienen soll und den Grundstein für den zukünftigen Standard der europäischen Panzerkanonen und -munition legt“.
Leclerc Evolution
Bei dem Leclerc Evolution handelt es sich KNDS zufolge um ein neues Kampfpanzerkonzept des französischen Kampfpanzers, dass mit einem unbemannten Turm mit einer 120-mm-ASCALON-Kanone ausgestattet ist. Es soll jedoch auch „problemlos“ auf ein größeres Kaliber bis 140 mm umgerüstet werden können.
Gemäß dem deutsch-französischen Konzern wird mit dem Leclerc Evolution ein neues Konzept mit vier Besatzungsmitgliedern eingeführt, das an die neuesten taktischen Situationen angepasst ist. Dazu verfügt der Leclerc Evolution über eine in das Fahrgestell integrierte crew station für den stellvertretenden Kommandanten zur Steuerung eines umfangreichen Sensor- und Effektorsystems.
Im Vorgriff auf das MGCS präsentiert KNDS den EMBT auch mit dem ASCALON©-Demonstrationsturm ADT 140, einem ferngesteuerten Turm, der mit einer 140 mm ASCALON©-Kanone ausgestattet ist.
Leopard 2 A-RC 3.0 oder doch „Leopard 3“
Mit dem Leopard 2 A-RC 3.0 wird KNDS auf der Eurosatory erstmals eine komplett neue Kampfpanzerentwicklung mit einem sehr interessanten unbemanntem Turmdesign vorstellen. KNDS bewertet den Leopard 2 A-RC 3.0 eigenen Angaben zufolge „nicht nur als Brückenlösung bis zur Einführung des Landkampfsystems der nächsten Generation MGCS, sondern auch als entscheidenden technologischen Vorläufer des MGCS“.
Es wird darauf erwiesen, dass der Leopard 2 A-RC 3.0 trotz „seiner bahnbrechenden Innovationen“ vollständig abwärtskompatibel ist. So können dem Hersteller zufolge alle derzeit im Einsatz befindlichen Leopard-2-Varianten auf den Ausrüstungsstand des Leopard 2 A-RC 3.0 aufgerüstet werden. „Der modulare Ansatz ermöglicht Lösungen, die sich an den individuellen Bedürfnissen des Kunden orientieren“, so das Unternehmen.
Diese Aussage kann durchaus als deutlicher Hinweis dafür verstanden werden, dass KNDS den in Deutschland entwickelten Kampfpanzer als möglichen Kandidaten für die „Brückenlösung“ der Bundeswehr sieht. Denn die deutschen Streitkräfte sehen einen Bedarf für einen leistungsfähigeren Kampfpanzer, der die Zeit zwischen dem derzeit verfügbaren Leopard 2 A8 bis zur Einführung von MGCS überbrückt. Demnach müsste beginnen ab den 2030er Jahren ein moderneres System eingeführt werden, welches in seiner Leistungsfähigkeit dem aktuellen Bedrohungsstand angepasst ist und im Vergleich zum A8 über zusätzliche Fähigkeiten verfügt. Dieser Kampfpanzer soll dann als Brückenlösung bis zur Einführung des MGCS dienen. Es wird offenbar mit einer Nutzungszeit von rund 25 Jahren geplant, hartpunkt berichtete. Träfe dies zu, könnte man den Leopard 2 A-RC 3.0 in der Tat als Leopard 3 ansehen.
KNDS gibt an, dass der Leopard 2 A-RC 3.0 über einen unbemannten ferngesteuerten Turm verfügt, welcher hartpunkt vorliegenden Informationen zufolge in Kassel entwickelt wurde. Die Panzerkanone des Kampfpanzers wird in dem neuartigen Turmkonzept über einen modularen automatischen Linearlader geladen, wobei KNDS zufolge Kaliber zwischen 120 und 140 mm gewählt werden können. Dies deutet darauf hin, dass der Turm auch die in Entwicklung befindliche 130-mm-Waffenanalge von Rheinmetall aufnehmen kann.
Die Munitionszuführung wird mittels eines modularen Autoladers gewährleistet, der KNDS zufolge bis zu drei Granaten in zehn Sekunden zuführen kann.
„Seine innovative Waffenhalterung verhindert das Eintauchen der Waffe in den Rumpf und führt so zu einer grundlegend neuen Raumnutzung in der Wanne“, beschreibt KNDS das neue Turmkonzept. Dies erlaubt es den Turm vergleichsweis Flach auszuführen und so die optische Signatur des Kampfpanzers zu reduzieren. Zudem erlaubt es die drei- bis vierköpfige Besatzung vollständig in der Wanne „in einer besonders geschützten Mannschaftszelle unterzubringen.
Weitere Designmerkmale des unbemannten Turms sind der ballistische Schutz, ein bewährtes aktives Schutzsystem und eine ferngesteuerte 30-mm-Waffenstation zur Abwehr von Drohnenbedrohungen. Ergänzt wird die Feuerkraft durch ein Lenkflugkörpersystem, mit dem Ziele außerhalb der Sichtverbindung KNDS zufolge auch während der Fahrt bekämpft werden können.
Das Design des Leopard 2 A-RC 3.0 verbessert den in der KNDS-Mitteilung gegeben Aussagen nach den Schutz der Besatzung durch den Einsatz passiver, reaktiver und aktiver Schutztechnologien erheblich und erhöht damit die Robustheit, während gleichzeitig die Mobilität und Durchsetzungsfähigkeit des Gesamtsystems deutlich gesteigert wird.
Das Gesamtgewicht des neuen Kampfpanzers soll unterhalb von 60 Tonnen liegen, was den Leopard 2 A-RC 3.0 deutlich leichter macht, als die aktuellsten Varianten des Leopard 2. Angetrieben wird die gezeigte Variante des Leopard 2 A-RC 3.0 mit einem bewährten Triebwerk, was eine Leistung von 1.100 Kw bzw. 1.500 PS bietet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Antrieb auch mittels eines modernen Triebwerks bewerkstelligt werden könnte.
In der ausgestellten Variante mit einer 120-mm-Waffenanlage beträgt die Höhe des Kampfpanzers 2,44 m bzw. 2,84 mit PERI. Die Länge wird mit 7,95 m ohne bzw. 11,17 m mit Kanone angegeben.
Waldemar Geiger