Das von den USA vor allem für die Ukraine vorangetriebene Flugkörperprogramm Extended-Range Attack Munition (ERAM) könnte nach jüngsten Medienberichten auch zur Abwehr von Drohnen herangezogen werden. Vertreter der U.S. Air Force haben kürzlich eine Version des Flugkörpers mit der Bezeichnung Fixed Wing, Air Launched, Counter-Unmanned Aircraft Systems Ordnance (FALCO) ins Gespräch gebracht.
Das ERAM-Programm geht zurück auf ein Informationsgesuch der U.S. Air Force vom Januar 2024. Demnach sucht die Air Force einen kostengünstigen Flugkörper, der vom Flugzeug aus gestartet eine Reichweite von ca. 460 km und eine Geschwindigkeit von mindestens 740 km/h erreichen soll. Als Nutzlast ist ein Gefechtskopf mit einem Gewicht von 260 kg angegeben, der neben einer hohen Splitterwirkung auch eine signifikante Durchschlagsleistung gegen gehärtete Ziele aufweisen soll. Damit steht das Programm nach Ansicht von Beobachtern in direkter Konkurrenz zu Projekten wie dem Powered JDAM von Boeing, das eine hybride Cruise-Missile- Bombe auf Basis der Joint Direct Attack Munition (JDAM) entwickelt, oder dem „Enterprise Test Vehicle (ETV)“-Projekt, das die Kosten eines Marschflugkörpers auf weniger als 10 Prozent der derzeit veranschlagten reduzieren soll.
Betrachtet man diese Kostenstruktur und die Preise für moderne Luft-Luft-Lenkflugkörper wie beispielsweise der aktuellen Generation der Sidewinder oder AMRAAM, so könnte die FALCO-Adaption des ERAM-Programms eine kostengünstige Alternative zur Bekämpfung von Zielen wie MALE-Drohnen, großen Einweg-Kampfdrohnen und auch Marschflugkörpern darstellen. Der Einsatz von 70 mm lasergelenkten Luft-Boden-Raketen des Typs APKWS II gegen Houti-Drohnen vor der Küste des Jemen hat die Wirksamkeit solcher Konzepte bewiesen.
Voraussetzung hierfür ist allerdings die Integration von Subsystemen, wie z.B. eines Suchkopfes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die US-Luftwaffe kürzlich angekündigt hat, den kostenoptimierten Suchkopf aus dem Quicksink-Programm mit dem ERAM-Flugkörper zu kombinieren, um eine Variante des Flugkörpers zur Bekämpfung von Schiffen zu schaffen. Insgesamt scheint sich das ERAM-Programm, zumindest in diesem frühen Stadium, zu einem sehr vielseitigen und modularen Ansatz zu entwickeln.
Kristóf Nagy