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Entwicklung von neuen Panzertechnologien ein Fokus

Der Düsseldorfer Automotive- und Rüstungskonzern Rheinmetall arbeitet gegenwärtig an neuen Technologien für einen europäischen Kampfpanzer der Zukunft. Wie der Rheinmetall-Vorstandsvorsitzende Armin Papperger am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens weiter ausführte, ist es dafür zunächst erforderlich, die technische Machbarkeit zu überprüfen. Zu diesem Zweck habe Rheinmetall den Leopard Revolution als Technologie-Plattform entwickelt. „Wir sind heute dabei, ein Folgesystem aufzubauen“, sagte er. Bei diesem sollen seinen Worten zufolge alle heute bekannten Technologien berücksichtigt werden.

So qualifiziere Rheinmetall gegenwärtig eine neue 130 mm-Kanone. Allerdings will Papperger das Engagement seines Unternehmens nicht nur auf die Waffe und Munition beschränken: „Wir arbeiten an einer komplett neuen Kampfpanzertechnologie.“ Es gehe unter anderem darum, mehr Intelligenz in den Turm zu bringen.

Sollte es einmal einen europäischen Kampfpanzer geben, will Rheinmetall dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Politik stehe jedoch  vor der schwierigen  Aufgabe, die Europäer für ein gemeinsames Kampfpanzerprojekt zusammenzufassen. „Frankreich und Deutschland sind nicht Europa“, betonte Papperger. Es gebe noch mehr Länder.

Gegenwärtig entwickeln Deutschland und Frankreich ein Konzept für ein so genanntes Main Ground Combat System als Nachfolger für die Kampfpanzer Leclerc und Leopard 2 Ende der kommenden Dekade. Unbestätigten Medienberichten zufolge, stellen sich Beschaffer  in Frankreich dabei vor, dass Wanne und Antrieb aus Deutschland kommen, während Frankreich den Turm und die Waffe beisteuert. Als Produzent des neuen Panzer gibt es auch bereits einen heißen Kandidaten: Das aus Nexter und KMW bestehende Gemeinschaftsunternehmen KNDS.

Papperger kann es sich allerdings nicht vorstellen, dass Deutschland eine derartige Arbeitsteilung, bei der Frankreich für die „Intelligenz“ im Turm verantwortlich ist, akzeptieren würde. Er geht davon aus, dass möglicherweise andere Länder bereits vor 2030 einen neuen Kampfpanzer entwickeln wollen. Für diese Staaten müsse Rheinmetall auch da sein und Technologien anbieten können.

Zahlreiche 25-Mio-Vorlagen stehen an

In der nächsten Zeit rechnet der Rheinmetall-Manager mit zahlreichen Aufträgen aus dem Verteidigungsministerium. So sei sein Unternehmen an etwa 15 der bis zu 32 so genannten 25-Mio-Vorlagen beteiligt, die bis zum Sommer ins Parlament gehen. „Das kurzfristige Potenzial in diesem Bereich über die nächsten zwölf Monate ist zwei Milliarden Euro“,  sagte Pappberger mit Blick auf die zu erwartenden Umsätze mit der Bundeswehr.

So seien etwa zusätzliche Gladius-Soldatensysteme endverhandelt. Rheinmetall befinde sich überdies zusammen mit Iveco in der Endausscheidung für die Beschaffung von zwei Losen von etwa 2.300 ungeschützten Lkw. Wer den Zuschlag erhält, soll in den kommenden Wochen entschieden werden. Hier bezifferte er das potenzielle Geschäftsvolumen auf etwa 800 Mio EUR.  Der langfristige Bedarf liege bei bis zu 15.000 Fahrzeugen, insbesondere vor dem Hintergrund von Logistikleistungen, die die Bundeswehr für die NATO erbringen müsse. Auch für die US-Truppen, falls rund 4.000 Amerikaner in Bergen stationiert werden sollten. Die könnten nicht „Tausende von LKW hier rüber schleppen“.

Außerdem stehen Verträge für die  Zusatzausstattung für den Schützenpanzer Puma an.  Dazu gehören Simulatoren, die Integration der Panzerabwehrraketen Mells und ein Heckwerfer plus Munition. Noch in dieser Legislaturperiode könnte laut Papperger eine Vorentscheidung für die Beschaffung eines weiteren Loses Puma getroffen werden. Offenbar geht es um bis zu 200 Fahrzeuge. Mit einem Vertragsabschluss rechnet der Rheinmetall-Chef jedoch erst nach der Wahl.

Noch vor September könnte das Unternehmen mit der Aufstockung der Munitionsbestände der Bundeswehr im Rahmen eines Partnering-Abkommens für „sieben Jahre  plus sieben Jahre“ beauftragt werden, so Papperger. Der Vertrag dazu sei fast endverhandelt. Um die Munitionsvorräte zu erweitern, müsse in den kommenden Jahren eine Milliardensumme aufgewendet werden.

Der Rheinmetall-Vorstandsvorsitzende kündigte überdies an, dass sein Unternehmen mit Rohde & Schwarz ein Joint Venture gründen wird, um für das Mobile Taktische Kommunikationsnetzwerk (Motako) gemeinsam anzubieten. Bei dem Gemeinschaftsunternehmen werde Rheinmetall die Mehrheit halten.

Kommunikations- und Battle-Management-Systeme werde mit Motako in Deutschland ein Multi-Milliarden-Programm darstellen. Wer diesen Auftrag erhalte, werde in den kommenden 30 bis 40 Jahren einen enge Beziehung zum Heer haben. Für mehr als eine Dekade würden hierfür pro Jahr 600 bis 700 Mio EUR aufgewendet werden. Das mittel- bis langfristige Umsatzpotenzial mit der Bundeswehr  liege für Rheinmetall bei über 10 Mrd EUR, so Papperger. Die Entscheidungen hierfür würden in den kommenden zwei bis drei Jahren gefällt.

Internationalisierungsstrategie hat Bestand

Trotz des sich verbessernden nationalen und europäischen Marktes halte Rheinmetall an seiner Internationalisierungsstrategie fest. So wurde in Mexiko eine neue Gesellschaft im Bereich Simulation gegründet, um Unfälle in der Erdölindustrie zu vermeiden. Der Auftrag zur Modernisierung der Leopard-Panzer in Polen, habe die Gründung einer Gesellschaft vor Ort nach sich gezogen.  In den kommenden Wochen erwartet der Rheinmetall-Manager in Rumänien die Unterschrift unter einen Joint-Venture-Vertrag mit dem staatlichen Unternehmen Romarm zum Bau von Fahrzeugen. Dabei geht es offenbar um die gemeinsame Produktion eines 8×8-Schützenpanzers.

Papperger wies auf den Erfolg seines Unternehmens in Peru hin, wo ein Vertrag zur Lieferung von militärischen Lkw gewonnen wurde und auf den Auftrag zur Modernisierung der kanadischen Leopard-Panzer. Gegenwärtig befindet sich der Düsseldorfer Konzern unter anderem bei der australischen Ausschreibung zur Beschaffung von Ketten- und Radschützenpanzern unter den Finalisten mit dem Boxer und dem Lynx . Die Australier werden laut Papperger  Ende des Jahres über das Projekt Land 400 entscheiden. Dahinter stehe ein Programmvolumen für beide Vorhaben von 10 Mrd EUR.  Sollte Rheinmetall den Zuschlag erhalten, würden  50 Prozent der Produktion in Australien erfolgen und 50 Prozent in Deutschland. Außerdem befinde man sich dort in der Endverhandlung zur Lieferung zusätzlicher Lkw im Wert von mehreren Hundert Millionen, sagte Papperger.

Lieferungen in die Türkei gestoppt

Nach Aussage des Rheinmetall-Managers hat die Bundesregierung mehrere Exporte von Munition in die Türkei blockiert. Dafür habe man „absolutes Verständnis“. Langfristig sei vorgesehen, Munition in einem Joint Venture in dem Land zu produzieren. Eine Fabrik existiere jedoch noch nicht. „Wir werden auch nur das tun, was mit der Bundesregierung abgestimmt ist“, unterstrich Papperger mit Blick auf die gegenwärtige diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei.

Das Joint Venture im Bereich von Fahrzeugen bestehe ebenfalls nur auf dem Papier. „Wir bauen zurzeit nichts“, sagte Papperger.  Die Türkei habe angefragt, einen Teil ihrer Leopard-Flotte mit dem ADS-Schutzsystem von Rheinmetall auszurüsten, nachdem der IS etwa zehn Panzer abgeschossen hatte.  Dies sei  „das einzige Programm, das verhandelt wird“, sagte Papperger.  Eine Antwort des Wirtschaftsministeriums stehe allerdings noch aus, die Entscheidung sei offenbar nicht so einfach.

Raytheon als Partner im internationalen Geschäft

Die Gespräche für eine Partnerschaft mit Raytheon seien vor etwa anderthalb Jahren aufgenommen worden. Die Kombination aus Nah- und Nächstbereichsflugabwehr und dem Schutz vor Interkontinentalraketen – was Raytheon macht – könne im internationalen Geschäft erhebliche Vorteile bringen, erläuterte Papperger.  Deshalb wolle man zusammenarbeiten „manchmal unter der Führung von Raytheon, manchmal unter der Führung von Rheinmetall“. Man werde das Flugabwehrsystem auch in Deutschland vermarkten.

Papperger wies darauf hin, dass das deutsche Heer im Augenblick über keinen Nächstbereichsschutz in der Luftverteidigung verfügt. Man wolle einen solchen anbieten, der in die Feuerleit- und Gesamtschutzsysteme passe – etwa das für Patriot verwendete Battle-Management-System.

MBDA sei weiter ein Partner für Komponenten. Bis Ende vergangenen Jahres hatte Rheinmetall noch einen Part im TLVS/MEADS-Vorhaben, das  MBDA bislang als Generalunternehmen allein betreut hat. „Bei MEADS hätten wir ganz kleine Anteile gehabt“, sagte Papperger. Im Bereich Laser gebe es weiterhin eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit MBDA, man sei allerdings nicht so weit, eine gemeinsame Laserfirma zu gründen.

Hohe Investitionen in Entwicklung

Der Rheinmetall-Chef kündigte an, 2017 einen zweistelligen Millionenbetrag in Forschung und Entwicklung der beiden Konzernsparten zu investieren. Insbesondere im Cyber-Bereich gebe es zwischen beiden Bereichen Synergien. Noch im laufenden Jahr würden zwei Produkte zur Cybersicherheit auf den Markt kommen. Man entwickle sich immer mehr zum IT-House. Überdies arbeite man daran, beim metallischen 3-D-Druck die Festigkeiten zu erhöhen. Diese Technologie bringe Vorteile bei der Logistik. Papperger könnte sich vorstellen, die Teile – etwas einen Hydraulikblock für Panzer – im Auslandseinsatz zu drucken. „Wir sind hier in Gesprächen mit der SKB, um die Qualifikation durchzuführen.“

Wirtschaftlich hat Rheinmetall ein erfolgreiches Jahr hinter sich gebracht. So legte der Konzernumsatz 2016 um 8 Prozent auf 5,602 Mrd EUR zu. Davon entfielen 2,946 Mrd EUR auf den Defence-Sektor. Im laufenden Jahr soll der Gesamtumsatz um 4 bis 5 Prozent steigen. Die Verteidigungs-Sparte soll dabei um 5 bis 6 Prozent zulegen.
lah/23.3.2017

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