Auf der polnischen Rüstungsmesse MSPO in der vergangenen Woche waren wie gewohnt die drei U-Boot-Bauer Saab aus Schweden, Naval Group aus Frankreich sowie die deutsche TKMS vertreten. Der Messeauftritt in Kielce scheint für die drei Werften obligatorisch zu sein, bewerben sie sich doch um die Lieferung von mindestens drei U-Booten an die polnische Marine im Rahmen des so genannten Orka-Projektes. Das Geschäftsvolumen dürfte in Milliardenhöhe liegen.
Der Unterschied zu den vergangenen Jahren ist jedoch, dass Deutschland und Norwegen nun gemeinsam antreten, um die Polen davon zu überzeugen, aus dem zu Jahresanfang vereinbarten bilateralen U-Boot-Vorhaben zur Beschaffung von sechs Booten der Klasse 212 CD ein trilaterales Projekt zu machen.
Gut informierten Kreisen zufolge hat Norwegen ein großes Interesse daran, Polen für das Vorhaben zu gewinnen. Nicht nur weil sich dadurch die Gesamtkosten des Vorhabens über die Jahrzehnte der Laufzeit reduzieren lassen, sondern auch, weil der im Mehrheitsbesitz des norwegischen Staates befindliche Kongsberg-Konzern direkt davon profitieren würde. Denn Kongsberg ist kurz davor, mit der TKMS-Tochter Atlas-Elektronik ein Joint Venture für das Battle Managment System – das Waffeneinsatz- und Führungssystem – aller zukünftigen TKMS-Boote zu gründen. Der Startschuss für das Gemeinschaftsunternehmen soll nach jetzigem Stand im Oktober erfolgen. Ein Kongsberg-Sprecher bestätigte, dass sein Unternehmen aufgrund des Joint Ventures in Zukunft gemeinsam mit TKMS die gleichen Ziele verfolge.
212 CD kann Marschflugkörper verschießen
Hinsichtlich der technischen Anforderungen der Polen an ihre drei Boote dürfte es wenig Probleme bei einem Einstieg in das 212 CD-Projekt geben: Den Kreisen zufolge tauschen sich die Marinen der drei Länder über die Spezifikationen aus, so dass Polen keine Überraschung erleben würde. Und die Anforderungen von der deutschen und norwegischen Marine gelten als hoch. Allerdings wäre es sinnvoll, möglichst bald einzusteigen, da das norwegisch-deutsche Projektteam gegenwärtig die finalen Spezifikationen mit TKMS festlegt. Nur so könnte Polen noch eigene Ideen in das Common Design einbringen.
Auch die in der Presse immer wieder zitierte Anforderung der Polen, die Boote mit Langstrecken-Flugkörpern auszustatten, wird mit dem Design der 212 CD abgedeckt. So ist vorgesehen, dass die zukünftigen Boote grundsätzlich für den Abschuss von Marschflugkörpern aus Torpedorohren ausgestattet werden. Ob Norwegen und Deutschland diese dann auch einrüsten, ist jedoch noch nicht entschieden.
Der kritische Punkt neben den gegenwärtig abgekühlten politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen ist der Technologietransfer und Offset im Rahmen des Projektes. Warschau wünscht sich bekanntlich bei allen Rüstungsprojekten mit Drittstaaten, einen möglichst großen Teil der Wertschöpfung ins Land zu holen und von einem Technologietransfer zu profitieren. Allerdings gilt insbesondere die polnische Marineindustrie als nicht sehr wettbewerbsfähig. Damit dürfte die Gestaltung der Offset-Vereinbarungen das Schlüsselthema werden.
Jedoch muss das Offset nicht zwingend im gleichen Rüstungssegment wie das Hauptgeschäft erfolgen. So hat beispielsweise der norwegische Munitionshersteller Nammo im Rahmen eines anderen Projektes ein Teil seiner Produktion nach Polen verlagert. Und auch bei der industriellen Kooperation beim deutsch-norwegischen U-Boot-Vorhaben wird womöglich ein deutscher Spezialist für Landsysteme mit einer Tochter in Norwegen mit eingebunden.
Saab setzt auf vertikalen Launcher
Als härtester Konkurrent für TKMS und bevorzugter Anbieter für die Polen wird in den Medien gegenwärtig der schwedische Saab-Konzern gehandelt. Auf der MSPO wurden die Schweden stark von Politik und Marine ihres Landes unterstützt. Im Angebot hat Saab das U-Boot des Typs A26, von dem zwei Exemplare für die schwedische Marine im Bau sind. 2022 soll das erste Boot ausgeliefert werden. Im Gegensatz zum französischen Scorpene-Boot, das exklusiv die Naval Cruise Missile (NCM) von MBD in einem Torpedorohr mitführen könnte, setzen die Schweden auf vertikale Raketenstarter, in denen sechs Cruise-Missiles wie die Tomahawk mitgeführte werden. Mit den US-Unternehmen, die entsprechende Raketen und Launcher herstellen, habe sich sein Unternehmen bereits abgestimmt, sagte Saab-Manager Robert Edlund. Der Starter befinde sich in einem autonomen Rumpfteil. So könnten bei Bedarf mehrere Launcher hintereinander in das U-Boot eingefügt werden. Der Vorteil laut Edlund: Die Technik ist kampferprobt, das Risiko gleich null.
Beim Antrieb setzt Saab auf den Stirling-Motor und Diesel. Nach Einschätzung von Edlund weist der Stirling-Motor auf Systemebene eine mit der Brennstoffzelle vergleichbare Effizienz auf. Als weitere Besonderheiten nannte der Saab-Manager die Kommandozentrale im Vorschiff – das A26 verzichtet auf ein im Rumpf versenkbares Sehrohr – sowie eine Schleuse für bis zu acht Taucher am Bug.
Im Gegensatz zu Saab will die französische Naval Group bei ihrem im Angebot befindlichen Scorpene-Boote einen AIP-Antrieb der zweiten Generation verwenden. Dabei werde ein an Bord befindlicher Reformer eingesetzt, der konventionellen Diesel in Wasserstoff umwandle. Wie ein Sprecher von Naval Group weiter ausführte, wird die Technik bereits seit zehn Jahren getestet. Man hoffe, dass die polnische Marine bis Ende des Jahres eine Entscheidung treffe. Presseberichten zufolge hat Naval Group den Polen die Schaffung von 2.000 Arbeitsplätzen im Rahmen der industriellen Kooperation angeboten.
Obwohl technische Details und Offset von großer Bedeutung sind, hat die Politik das letzte Wort, welches Unternehmen den Zuschlag erhält. Beobachter gehen davon aus, dass die polnische Admiralität nicht in die finale Entscheidung eingebunden wird. Dass den politischen Entscheidungsträgern der jetzigen polnischen Regierung durchaus überraschende Entscheidungen zuzutrauen sind, hat die Auflösung des Liefervertrags über 50 Airbus-Hubschrauber im vergangenen Jahr gezeigt.
lah/9.9.2017