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Deutschland und Norwegen prüfen gemeinsame Beschaffung

Knappe Verteidigungsbudgets und neue Bedrohungen könnten zu einem gemeinsamen Vorgehen der NATO-Partner Norwegen und Deutschland beim Neubau von Unterseeboten führen. Planer aus beiden Ländern befänden sich dazu gerade in Gesprächen, sagte der Beauftragte für die strategische Steuerung von Rüstungsaktivitäten im Verteidigungsministerium, Gundbert Scherf, auf der 12. Handelsblatt Konferenz Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie am Mittwoch in Berlin. Womöglich beteiligten sich auch noch Polen und die Niederlande an einem solchen Vorhaben, so Scherf.

Scherf_05Gundbert Scherf, Beauftragter für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr, sieht Kooperationspotenzial mit anderen Ländern beim Betrieb von U-Booten.   Foto: ©EUROFORUM

Hintergrund der bilateralen Abstimmung sind die Pläne beider Streitkräfte, langfristig neue Unterwasser-Einheiten einzuführen. Wie Scherf am Rande der Konferenz erläuterte, hat die Bundeswehr im Zeitraum 2025 bis 2030 einen strukturellen Bedarf von mindestens zwei neuen U-Booten. Für die laufende Dekade plant die Bundesmarine mit sechs Klasse-212A-Booten, deren Bau bereits abgeschlossen ist.

Bereits im kommenden Jahr will das norwegische Verteidigungsministerium einen konkreten Vorschlag für den Ersatz seiner sechs diesel-elektrischen Unterseeboote der auf deutscher Technologie basierenden Ula-Klasse dem Parlament vorlegen. Wie es aus norwegischen Fachkreisen heißt, wird von einem Kauf von vier bis sechs neuen Einheiten als Ula-Ersatz bis Mitte des nächsten Jahrzehnts ausgegangen. Eine Vertragsunterschrift könnte demnach noch vor 2020 erfolgen.

Einheitliche Spezifikationen erforderlich

Voraussetzung einer   gemeinsamen Beschaffung der norwegischen und deutschen Marine wäre allerdings die Einigung auf einheitliche Spezifikationen. Denn nur so ließen sich aufgrund größerer Stückzahlen die Einkaufspreise drücken und darüber hinaus auch bei Wartung, Instandsetzung, Ersatzteilversorgung und Training in den Jahrzehnten der Nutzung erhebliche Einsparungen erzielen.

Nach Aussage von Scherf werden die Anforderungen beider Marinen an die zukünftigen Boote gegenwärtig abgeglichen. Sollte man sich auf einen gemeinsamen Entwurf und die Beschaffung einigen, erwartet der BMVg-Experte, dass in der kommenden Dekade zunächst die norwegischen Einheiten zulaufen, danach die deutschen. Um eine Rüstungskooperation zu flankieren, wird im Verteidigungsministerium offenbar erwogen, die militärische Zusammenarbeit der U-Boot-Waffen beider Staaten – etwa im Rahmen des Framework-Nations-Konzepts der NATO – deutlich zu intensivieren. Dabei wird dem Vernehmen nach auch ein gemeinsames Kommando diskutiert.

Norwegen spricht auch mit Polen und den Niederlanden

In Sachen gemeinsamer U-Boot-Käufe führt Norwegen außer mit Deutschland auch Gespräche mit Polen und den Niederlanden, beiden Ländern denken ebenfalls an die Substitution ihrer in die Jahre gekommenen Einheiten. Die norwegische Verteidigungsministerin Ine Eriksen Søreide (siehe auch Beitrag vom 1. September) hatte erst vor wenigen Wochen auf der Messe MSPO im polnischen Kielce die U-Bootbeschaffung als mögliches Kooperationsfeld von Oslo und Warschau identifiziert. Allerdings müsste auch hier zunächst eine Einigung auf einheitliche Standards erfolgen. Bislang haben die polnischen Militärs ehrgeizige Vorstellungen: So wünschen sie für ihre bis zu drei Einheiten unter anderem eine Ausstattung mit Marschflugkörpern.

Industriepolitisch käme Berlin eine gemeinsame deutsch-norwegische Beschaffungsinitiative heimischer Boote – eventuell sogar unter Einbeziehung weitere Partner – sicherlich entgegen. Würden doch durch ein solches Multi-Milliarden-Geschäft Werftkapazitäten in Deutschland ausgelastet und der als Schlüsseltechnologie eingestufte U-Boot-Bau gestärkt. Andererseits dürfte beim Design der Boote Oslo ein gewichtiges Wort mitreden – schließlich beschaffen die Norweger nicht nur als erste, sondern nehmen auch die meisten Boote ab.

Noch handelt es sich jedoch nur um Überlegungen und es ist völlig offen, wer am Ende die U-Boote für die norwegische, polnische und niederländische Marine liefern wird. Denn sowohl die französische Staatswerft DCNS als auch Saab aus Schweden haben sich bereits positioniert und werden das Feld nicht kampflos den deutschen U-Boot-Bauern überlassen.
lah/12/30.9.2015

 

 

 

 

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