Der im Staatsbesitz befindliche IT-Dienstleister der Bundeswehr, die BWI GmbH, hat in der Vergangenheit vor allem die nichtmilitärische Informations- und Kommunikationstechnik der Bundeswehr modernisiert und betrieben. In Zukunft sieht das Unternehmen weitere Betätigungsfelder im Bereich der so genannten grünen IT, wie BWI-CEO Hans-Jürgen Niemeier am Mittwoch auf dem von AFCEA und BDSV ausgerichteten Konvent zur Digitalen Konvergenz in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Berlin deutlich machte.
Durch die Eigentümerstrategie 2020 habe man mittlerweile einen deutlich erweiterten „Scope an Aufgaben“, sagte Niemeier. Der Manager räumte allerdings ein, dass diese Strategie noch nicht final verabschiedet ist. Dem Vernehmen nach soll dies auch noch einige Monate dauern.
Neben dem BMVg sitzen auch das Bundesinnenministerium (BMI) sowie das Finanzministerium (BMF) im Aufsichtsrat der bundeseigenen BWI. In geringerem Umfang soll die GmbH voraussichtlich auch das BMI unterstützen. Man habe die Aufgabe, sich zum IT-Systemhaus der Bundeswehr und eventuell auch anderer Bundesbehörden zu entwickeln, so Niemeier. Dabei verfolge die BWI keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern arbeite gemäß eines Selbstkostenerstattungsvertrages. Im Rahmen dieses Vertrages darf nach Aussage von Niemeier der Gewinn zwei Prozent nicht übersteigen. Damit fehle das Anreizsystem, über Gewinne voranzukommen.
Gegenwärtig wird offenbar vor dem Hintergrund des digitalen Wandels darüber diskutiert, die Aufgaben der BWI unter anderem auf die Bereitstellung von Cloud-Lösungen, Cyber-Sicherheit, weitere IT-Dienste, die Digitalisierung des Bundeswehr-Gesundheitswesens sowie Innovation zu erweitern. Auch das Thema Sensor to Shooter findet sich auf einer Liste möglicher Zukunftsthemen. Niemeier äußerte jedoch Zweifel, dass ein solches Ziel weiter verfolgt wird. Im Augenblick könnte die BWI in diesem Bereich nichts. Im vergangenen Jahr hat die Gesellschaft nach Aussage des Managers damit begonnen, das Gesundheitswesen der Bundeswehr „auf neue Beine“ zu stellen.
Unterstützung bei der D-LBO
Darüber hinaus habe die BWI auch die Aufgabe, die Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) zu begleiten. Mit der Digitalisierung der Operationsführung sei ein ganz wichtiges Feld bei der BWI hinzugekommen, so Niemeier. Er rechnet damit, dass der „Scope“ in Sachen Digitalisierung auf die gesamten Streitkräfte erweitert wird.
Kurzfristig soll die GmbH bereits bei der Auswahl eines Battle-Management-Systems (BMS) für die VJTF 2023 unterstützend tätig werden. Die Aufgaben umfassen dabei unter anderem Hilfe bei der Anforderungsdefinition des BMS, die Begleitung der Auswahltests und womöglich die spätere Implementierung der ausgewählten Software auf die vorhandene Hardware. Dazu könnte der Aufbau eines Backends kommen.
So wie sich die Situation im Augenblick darstellt, soll die BWI auch in den nächsten Schritten der D-LBO eine unterstützende Rolle spielen. Etwa wenn in den Jahren 2023 und 2024 ein verstärktes Kampftruppenbataillon digital umgerüstet und danach die Digitalisierung des Heeres brigadeweise ausgerollt wird.
Aktivitäten der BWI könnten dabei möglicherweise die Beschreibung der Beschaffungsstrategie, der Aufbau eine multinationalen Projektbüros, die Mitarbeit an der Erstellung des Systemkonzeptes sowie die Analyse der Intellectual Property Rights an Fahrzeugen sein. Laut Niemeier wurde der Auftrag zur Unterstützung bei der Beschaffungsstrategie bereits erteilt.
Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, könnte noch in diesem Jahr ein Memorandum of Understanding mit den Niederlanden über deren Einbindung in D-LBO unterschrieben werden. Zu diesem MoU soll die BWI offenbar Inhalte beisteuern. Die Niederländer arbeiten im Rahmen des Projektes Foxtrot an der Digitalisierung ihrer mobilen Plattformen.
Im Augenblick sei der Auftrag der BWI auf die Unterstützung des Auftraggebers beschränkt, sagte Niemeier. Er will jedoch nicht ausschließen, dass das Unternehmen womöglich systemintegrierende Leistungen bei der D-LBO erbringen könnte. Dies sei jedoch reine Spekulation. Die BWI werde jedoch definitiv kein Generalunternehmer für die D-LBO werden, betonte der Manager. „Heute stehen wird auf der Seite des Auftraggebers.“ Im Rahmen der Eigentümerstrategie könnte das Unternehmen weitere Aufgaben der Beschaffung übernehmen.
Perspektisch müsse die BWI die Leistungen für die Bundeswehr und bestimmte Sicherheitsbehörden aus eigener Kraft erbringen. Deshalb könnten diese Services nicht von außen eingekauft werden. Eine Strategie, die auf den Bezug von externen Leistungen fokussierte, sei vom Tisch, so Niemeier. Die BWI müsse gegebenenfalls den Betrieb von sicherheitsrelevanter Infrastruktur gewährleisten können.
Niemeier wird noch bis Monatsende als interimistischer CEO der BWI fungieren. Im folgt Martin Kaloudis, der von der DB Kommunikationstechnik kommt. Niemeier hatte Anfang August vergangenen Jahres die Position übernommen, nachdem sein Vorgänger Ulrich Meister das Unternehmen abrupt verlassen hatte. Meister wollte die BWI zu einem der größten IT-Serviceanbieter in Deutschland entwickeln und dabei offenbar auch verstärkt Kunden aus der Wirtschaft gewinnen.
lah/27.3.2019