Die Bundesregierung hat gestern entschieden, eine Beteiligung von 25,1 Prozent der Aktien der Hensoldt AG zu einem Preis von 450 Millionen Euro zu erwerben. Mit dieser Sperrminorität am Sensor-Hersteller solle die Bundesregierung in die Lage versetzt werden, ungewollte strukturelle Entscheidungen abzuwehren und nationale Schlüsseltechnologien zu schützen, teilte das Verteidigungsministerium zur Begründung mit. Mit dem Aktienpaket erhalte der Bund einen erheblichen Einfluss, unabhängig davon, ob strategische Investoren unmittelbar oder mittelbar einen Großteil der Aktien erwerben und damit lenkenden Einfluss ausüben. Der Bund hatte mit dem Hensoldt-Mehrheitseigentümer KKR eine Option zur Übernahme der Sperrminorität ausgehandelt, die zum Jahresende ausläuft. Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt kartell- und beihilferechtlicher Prüfungen.
Ein Großteil der vom Sensorspezialisten Hensoldt hergestellten Produkte gilt als deutsche Schlüsseltechnologie. In einem Strategiepapier vom Februar dieses Jahres hatte die Bundesregierung nationale sicherheits- und verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien definiert. Das BMVg begründet die strategische Beteiligung an Hensoldt überdies damit, „dass die Rolle Deutschlands als Kooperations- und Bündnispartner in Europa im Rahmen globalisierter Lieferketten technologisch und wirtschaftlich gesichert und weiter gestärkt wird“. Bislang hielt der Bund lediglich eine so genannte Goldene Aktie an dem Unternehmen.
Hensoldt ist an vielen deutschen und internationalen Rüstungsvorhaben wie etwa dem Future Combat Air System und dem Maritime Airborne Warfare System beteiligt. Im Sommer hatte das Unternehmen vom BMVg einen Milliardenauftrag zur Entwicklung eines neuen Eurofighter-Radars erhalten. Damit verbunden ist auch die Design Authority an dem Radar.
Während in anderen europäischen Staaten wie Frankreich oder Italien direkte Beteiligungen an Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie gängige Praxis sind, stellt dies für Deutschland ein Novum dar.
Das BMVg hebt in seiner Pressemitteilung die besondere industrie-, sicherheits- und verteidigungspolitische Bedeutung des Unternehmens hervor. Hensoldt habe eine hohe Relevanz für die technologische und digitale Souveränität Deutschlands sowie eine große Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr.
„Die fortlaufende Weiterentwicklung der sensitiven Aktivitäten der Hensoldt-Gruppe und ihre Verfügbarkeit für die zivilen Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und die Bundeswehr darf auch durch künftige unternehmerische Maßnahmen der Hensoldt AG oder ihrer derzeitigen und künftigen Eigentümer nicht beeinträchtigt werden“, schreibt das Ministerium.
lah/12/17.12.2020