Anzeige

Bund sichert sich Goldene Aktie an Hensoldt

Anzeige

Der europäische Flugzeugkonzern Airbus hat heute den Verkauf seines in Deutschland ansässigen Elektronik-Geschäftsfeldes Airbus DS Electronics and Border Security GmbH (EBS) an die US-Beteiligungsgesellschaft KKR  abgeschlossen. Alle für diesen Verkauf erforderlichen behördlichen und sonstigen Bewilligungen, einschließlich der Genehmigung der Bundesregierung, seien  erteilt worden, schreibt Airbus in einer Pressemitteilung. Damit wird aus der verkauften Sparte  das neue Verteidigungsunternehmen Hensoldt.

Während der Vollzug – das so genannte Closing – des Übernahmeprozesses  im  angekündigten Zeitrahmen blieb, gibt es jedoch eine Besonderheit: Die Bundesrepublik Deutschland erwirbt – erstmals  in der Verteidigungsindustrie  – an dem neuen Unternehmen eine so genannte Goldene Aktie, durch die sie im Aufsichtsrat von Hensoldt vertreten sein wird.

Anzeige

Wie das BMVg dazu mitteilt, handelt sich allerdings nicht um eine Goldene Aktie im Sinne des Aktienrechts. Die Bundesregierung sei vielmehr mit einer gesellschaftsrechtlichen Minimalbeteiligung an der Muttergesellschaft der zukünftigen Hensoldt GmbH beteiligt. Dies diene  der so genannten  dinglichen Absicherung ihrer Rechte. So könne die Bundesregierung sicherstellen, dass deutsche Sicherheitsinteressen gewahrt werden.

Anzeige

Gut informierten Kreisen zufolge, wird sowohl das Verteidigungs- als auch das Wirtschaftsministerium – beide Häuser haben gemeinsam die Verhandlungen geführt –  je einen Vertreter in das Aufsichtsgremium entsenden.  Laut Verteidigungsministerium wurde der  Aufsichtsrat jedoch noch nicht eingerichtet. Vor diesem Hintergrund könne noch keine Auskunft über Mitglieder gegeben werden.

Der Bund erweitert den informierten Kreisen zufolge mit der Goldenen Aktie zum Nominalwert von einem Euro seine Eingriffsrechte auf das Unternehmen, das sich auf die von der Regierung als Schlüsseltechnologie eingestufte Sensortechnik spezialisiert hat. So entwickelt Hensoldt beispielsweise mit dem signalerfassenden Aufklärungsmodul Isis für den Eurohawk/Triton und Radartechnologie Produkte, die deutsche Sicherheitsinteressen in hohem Maße berühren.

Sicherheitsabkommen als Voraussetzung

Als Vorbedingung für den Kauf musste KKR ein so genanntes Sicherheitsabkommen mit dem Bund akzeptieren, durch das der Verbleib der Technologie im Land gewährleistet werden soll. Die Unterschrift dazu erfolgte am 27. Februar.

Wie eine Sprecherin des BMVg erläutert, gewährt das seinerzeit mit Airbus geschlossene Sicherheitsabkommen dem Bund besondere Rechte in Bezug auf sicherheitssensitive Aktivitäten bei Airbus – unter anderem  Vorkaufsrechte sowie Informations- und Konsultationsrechte. Das neue  Sicherheitsabkommen mit KKR sehe vergleichbare Rechte des Bundes vor, führe allerdings einzelne Regelungen trennschärfer aus. Es sei sichergestellt, dass deutsche Sicherheitsinteressen gewahrt werden. „In Umfang und Inhalt setzt das  Sicherheitsabkommen einen neuen Standard und wird als Blaupause für zukünftige Abkommen dienen“, teilte die Sprecherin weiter mit.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung in ihrem Weißbuch das neue Vorgehen angedeutet. Dort heißt es: „Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Konsolidierung der europäischen Verteidigungsindustrie sollte die Erweiterung des Instrumentariums der Bundesregierung zum Erhalt von Schlüsseltechnologien geprüft werden, um eine strategische Steuerung und eine professionelle Wahrnehmung der Interessen des Bundes in sensitiven Bereichen (wie beispielsweise durch eine Vertretung auf Gesellschafterebene) möglich zu machen.“

Auf die Frage, ob Goldene Aktien grundsätzlich als Option für die Verteidigungsindustrie bestehen und auch größere Kapitalbeteiligungen möglich sein könnten, antwortete das BMVg lediglich:  „Der  Bund wird im Rahmen seiner Möglichkeiten die Maßnahmen ergreifen, die zur Wahrung seiner Sicherheitsinteressen notwendig sind.“

Nach Angaben von  Airbus  erwirbt KKR das Geschäft für rund  1,1 Mrd EUR.  Airbus habe eingewilligt, nach dem Closing für einige Jahren eine Minderheitsbeteiligung von 25,1 Prozent zu behalten, um den Mitarbeitern und Geschäftspartnern bis zur vollständigen Abtrennung der Standorte einen reibungslosen Geschäftsübergang zu gewährleisten.

Französische Behörden müssen noch zustimmen

Airbus  teilte überdies mit, dass der  Unternehmensteil mit Sitz in Frankreich nach Abschluss der Ausgliederung der französischen Unternehmenseinheit in Elancourt bei Paris an KKR übertragen wird. Der Vollzug dieses Teils der Transaktion unterliege der Zustimmung der Regulierungsbehörden der französischen Regierung.

Hensoldt  beschäftigt nach eigenen Angaben rund 4.000 Mitarbeiter – davon etwa 3.400 in Deutschland und 600 in Südafrika. Die wichtigsten Standorte sind Taufkirchen, Ulm, Friedrichshafen und Oberkochen sowie und Pretoria in Südafrika. Der Umsatz liege bei etwa 1 Mrd EUR. Damit gehört das Unternehmen zu den größten Rüstungsunternehmen in Deutschland.

Das Unternehmen bietet Sensorlösungen für luft-, see- und landgestützte Anwendungen.  Die Palette reicht von Produkten für den Schutz kritischer Infrastrukturen bis hin zur Missionsavionik. Außerdem ist Hensoldt an wichtigen deutschen Programmen wie dem Taktischen Luftverteidigungssystem, dem MKS-180, dem Eurofighter-AESA-Radar und dem schweren Transporthubschrauber beteiligt.

Zu den von Hensoldt ausgerüsteten Plattformen gehören unter anderem die Kampfflugzeuge F-16, Eurofighter, Gripen und Rafale, die Satelliten TanDEM-X und EDRS-A, das Transportflugzeug A400M sowie verschiedene Hubschraubermodelle. Daneben liefert das Unternehmen Komponenten für die Panzerfahrzeuge Puma und Leopard 2, die U-Boote der Klassen 212 und 209, die US-Schiffe der Freedom-Klasse und die F125-Fregatten der Deutschen Marine.

Hauptsitz in der Nähe von München

Das neue Unternehmen, das seinen Hauptsitz Sitz in Taufkirchen bei München hat, wird nach eigenen Angaben von einem  „Executive Committee“ unter Führung von CEO Thomas Müller geleitet. Weitere Mitglieder sind  Personalleiter Peter Fieser, Finanzchef Axel Salzmann,  Operations-Chef Peter Schlote,  Uwe Virkus (Leiter Electronic Warfare/Situational Awareness), Erwin Paulus (Leiter Radar/IFF/Datalink), Andreas Hülle (Leiter Optronics), Sabine K. Hipp (Leiterin Sales & Marketing), Celia Pelaz (Leiterin Strategic Business Development) sowie Solms Wittig (Leiter der Rechtsabteilung).

Johannes Huth, Mitglied von KKR und Leiter des KKR-Geschäfts in Europa, Afrika und Nahost, wird in der Airbus-Mitteilung mit den Worten zitiert: „KKR wird Hensoldts Wachstum und seine Entwicklung zu einem führenden europäischen Verteidigungsunternehmen unterstützen. Dazu setzt KKR seine finanziellen Ressourcen und seine langjährigen Erfahrungen mit dem Aufbau erfolgreicher deutscher Industrieunternehmen wie MTU Aero Engines, Demag Cranes und Kion ein.“  Da US-Kapitalgeber in der Regel ambitionierte Wachstumspläne haben, dürften die kommenden Jahre für Hensoldt spannend werden.
lah/12/28.2.2017