Nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums ist die materielle Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr für die laufenden Missionen und internationale Verpflichtungen gewährleistet. In einem entsprechenden Bericht, der dem Bundestag am 28. November übergeben wurde, wurde die Verfügbarkeit von 54 Hauptwaffensystemen der Bundeswehr nach einheitlichen Kriterien für in der Zeit von Januar bis Oktober 2016 erfasst und bewertet.
Insgesamt sei es gelungen, die materielle Einsatzbereitschaft zu verstetigen, schreibt das BMVg auf seiner Homepage. Der Negativtrend bei den Luftfahrzeugen wurde den Angaben zufolge gestoppt und beim Kampfhubschrauber Tiger sei die Einsatzbereitschaft verbessert worden. Eine spürbare positive Trendwende wurde laut Ministerium bei den geschützten Fahrzeugen – insbesondere Boxer und Dingo – erreicht.
In dem Bericht werden drei Größen verwendet. Zum einen der Gesamtbestand eines Systems, der auch jenes Gerät umfasst, das der Truppe nicht zur Verfügung steht, weil es zum Beispiel noch in einer Wehrtechnischen Dienststelle erprobt wird.
Als weiter Größe wird der Verfügungsbestand angegeben, das heißt der Teil des Gesamtbestandes, der für Ausbildung, Übung und Einsatz zur Verfügung steht. Er bildet die Grundlage für die Erfassung der jeweiligen Einsatzsatzbereitschaft. 70 Prozent des Verfügungsbestandes sollten den Planungen zufolge für die Truppe im täglichen Dienst nutzbar sein.
Beispiel Transportpanzer Boxer: Der Gesamtbestand der Bundeswehr des Boxer beläuft sich den Angaben zufolge auf 201 Waffensysteme. Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 142 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 102 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer etwa 72 prozentigen materiellen Einsatzbereitschaft. Würde man die Einsatzbereitschaft auf den Gesamtbestand beziehen, käme man dagegen nur auf eine Einsatzbereitschaft von rund 51 Prozent.
Das BMVg räumt ein, dass die Lage hinsichtlich des 70-Prozent-Zieles noch nicht zufriedenstellend ist. Das Ministerium führt dies unter anderem auf die fehlende Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie langwierige und häufige Wartungsprozesse zurück.
Allerdings geht das BMVg davon aus, dass in der Vergangenheit eingeleitete Maßnahmen greifen. So habe das Ministerium ein einheitliches und transparentes Lagebild eingeführt, die Task Forces Starrflügler und Drehflügler hätten dazu beigetragen, den Negativtrend bei Systemen der Luftwaffe zu stoppen. Überdies seien seit 2014 die finanziellen Ressourcen für den Materialerhalt um rund 500 Mio EUR auf 3,2 Milliarden EUR im Jahr 2017 deutlich gestärkt worden.
Trotzdem fällt bei einer ganzen Reihe von Waffensystemen die geringe Verfügbarkeit ins Auge. Beispiel Kampfhubschrauber Tiger: Bei einem Gesamtbestand von 42 Systemen, standen dem Heer durchschnittlich 27 Tiger zur Verfügung, von denen zwölf einsatzbereit waren, was einer materiellen Einsatzbereitschaft von 44 Prozent entspricht. Gemessen am Gesamtbestand ergibt sich eine Verfügbarkeit von zirka 29 Prozent. Ähnlich sieht es bei Transporthubschrauber NH90 aus, der einen Wert von 31 Prozent erreichte (48 Bestand/29 verfügbar/ 9 einsatzfähig).
Auch beim in der Einführung befindlichen Schützenpanzer Puma wird der Zielwert von 70 Prozent deutlich verfehlt. Der hier erreichte Quotient von 48 Prozent resultiert aus 23 im Durchschnitt einsatzbereiten Fahrzeugen bei einer Verfügbarkeit von 48 Panzern und einem Gesamtbestand von 89 Systemen.
In dem Bericht fallen neben der nicht weiter im Detail erklärten Differenz zwischen Gesamtbestand und Verfügbarkeit eines Panzers oder Flugzeugs sprachliche Absonderlichkeiten auf. So werden etwa Lazarette und Rettungszentren als Waffensysteme des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr eingestuft, genauso wie geschützte Transportfahrzeuge oder der Truppenentseuchungspunkt (TEP) 90 als Waffensysteme der Streitkräftebasis beschrieben werden. Da Waffensysteme in der Regel zur Abwehr eines Gegners eingesetzt werden, bleibt offen, warum das Ministerium diese Einstufung vornimmt.
lah/12/4.12.2016