Anzeige

Flugzeuge beim Materialerhalt besonders teuer

Nach Angaben des Bundesrechnungshofes erweisen sich die Luftfahrzeuge der Bundeswehr bei der Materialerhaltung als besonders kostenintensiv. So solle im Einzelplan 14 für das Jahr 2018 mit zwei Mrd EUR mehr als die Hälfte der Gesamtsumme von 3,4 Mrd EUR  für die Materialerhaltung von Flugzeugen – und hierbei insbesondere für die Waffensysteme Eurofighter und Tornado – aufgewendet werden, schreiben die Rechnungsprüfer in einem aktuellen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages.

Der Ansatz dürfte eine Reaktion auf die geringe Verfügbarkeit von Flugzeugen sein. So liegt dem Bericht zufolge die materielle Einsatzbereitschaft des Tornados bezogen auf den Gesamtbestand bereits seit dem Jahr 2011 zwischen 30 und 40 Prozent.

Mit den Mitteln für die Materialerhaltung lasse die Bundeswehr ihre Geräte und ihre Ausstattung bei Industrieunternehmen instand setzen und technisch anpassen, heißt es in dem Papier. Zudem kaufe sie damit Ersatzteile und Beratungsleistungen. In den vergangenen fünf Jahren seien die geplanten Ausgaben für die Materialerhaltung  um rund 16 Prozent von 2,6 Mrd EUR im Jahr 2012 auf 3 Mrd EUR im Jahr 2017 angestiegen. Für das Jahr 2018 sind 3,4 Mrd EUR vorgesehen.

Der Bundesrechnungshof  hatte nach eigener Aussage bereits 2013 darauf hingewiesen, dass geringere Bestände an Luft- und Landfahrzeugen, Schiffen und Booten bei der Bundeswehr in den vergangenen 20 Jahren nicht zu niedrigeren Ausgaben geführt hatten.  Er empfahl seinerzeit dem BMVg, den Gründen für die gegenläufige Entwicklung bei den Beständen und den Ausgaben für die Materialerhaltung verstärkt nachzugehen.

Hinsichtlich der Beschaffung  forderte der Rechnungshof das Verteidigungsministerium auf,  alle erwarteten Ausgaben über den gesamten Nutzungszeitraum  – die so genannten Life Cycle Costs  – in seine Entscheidung einbeziehen, um transparente und aussagefähige Daten zu gewinnen. Diese sollten Prognosen und Entscheidungen nach wirtschaftlichen Kriterien in Projekten und Vergleiche zwischen Projekten unterstützen.

Bislang keine Life Cycle Costs

Dass jedoch noch keine tragfähigen Life Cycle Costs geliefert wurden, liegt womöglich weniger am Ministerium als vielmehr an den politischen Entscheidungsträgern. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, haben Politiker bislang keinen Einblick in solche Lebenszykluskosten verlangt, sondern sich mit den 25-Mio-Vorlagen –  die lediglich die Beschaffungskosten abbilden –  zufrieden gegeben.  Sollten dagegen Life Cycle Costs für große Rüstungsvorhaben  wie etwa einen Eurofighter  erhoben werden, könnten in einem Nutzungszeitraum von mehreren Jahrzehnten möglicherweise Milliardenbeträge im oberen zweistelligen Bereich zustande kommen.  Solche Summen sind einerseits  im politischen Raum schwer zu  vermitteln. Anderseits könnte die durch eine Lebenszykluskostenrechnung  transparent gemachte langfristige Ressourcenbindung bis dahin priorisierte Vorhaben disqualifizieren. An beidem dürften Fachpolitiker jedoch kein Interesse haben.

Der Rechnungshof  weist in seinem Papier auch auf  Probleme bei der Beschaffung von neuen Waffensystemen hin: Während im ersten Regierungsentwurf vorgesehen war, die Ausgaben für militärische Beschaffungen um etwa zehn Prozent auf 5,2 Mrd EUR im laufenden Haushaltsjahr zu erhöhen, falle die geplante Erhöhung im zweiten Regierungsentwurf mit einem Plus von nur zwei Prozent  auf 4,83  Mrd EUR deutlich geringer aus. Nach Angaben des Rechnungshofes, begründet die BMVg das Zurückfahren gegenüber der ersten Planung damit, dass insbesondere bei der Beschaffung des NH 90, des Eurofighters sowie des A400M „nicht alle für das Jahr 2018 vorgesehenen Maßnahmen kassenwirksam umgesetzt werden“. Teilweise stünden Entscheidungen der an den Projekten beteiligten Nationen noch aus.

Fehler bei Berechnung der Einsatzbereitschaft

Kritisch bewertet der Bundesrechnungshof auch die Methodik des BMVg, mit der der Klarstand von Waffensystemen erfasst wird.  Aus den Berichten des BMVg gehe derzeit nicht hinreichend deutlich hervor, dass einige Waffensysteme nur eingeschränkt einsatzbereit seien. Außerdem beziehe sich die Einsatzbereitschaft lediglich auf den Verfügungsbestand, der nicht jene Waffensysteme enthält, die längerfristig zur Wartung oder Instandsetzung an die Industrie abgegeben wurden.

Als problematisch  schätzen die Rechnungsprüfer ein, dass beispielsweise bei der Marine auch die personelle Einsatzbereitschaft mitunter nicht gegeben ist. So hätten für sechs U-Boote im Jahr 2017 nur zwei vollständige Besatzungen  durchgängig zur Verfügung gestanden. Personalengpässe habe es auch bei Minenjagdbooten, Fregatten, Korvetten und Unterstützungsschiffen gegeben. „Aufgrund der personellen und materiellen Lage musste die Marine ihre Beteiligung an Einsätzen im Vergleich zum ursprünglich vorgesehenen Umfang reduzieren“, heißt es in dem Bericht.

Den weiteren Angaben zufolge verschlechterte sich auch beim Heer im abgelaufenen Jahr die Einsatzbereitschaft der Landsysteme auf nur noch 65 Prozent, während sie in den Jahren davor bei oder über den geforderten 70 Prozent gelegen habe.  Das BMVg räume in seinem aktuellen Bericht erstmal Engpässe  bei der Versorgung mit Ersatzteilen ein. In diesem Zusammenhang lägen dem Bundesrechnungshof Hinweise vor, wonach die Bundeswehr die Übertragung der Daten aus ihren EDV-Altsystemen in das IT-System SASPF „erhebliche Schwierigkeiten  bereitet und zeitaufwendig ist“, was die Bestellung von Ersatzteilen verzögere.

Nachrüstung des Puma bis 2029

Der Bundesrechnungshof bemängelt, dass die Bundeswehr den neuen Schützenpanzer Puma aufwendig parallel mit dem über 40 Jahre alten Marder betreiben muss. Nach den vorliegenden Vertragsentwürfen werde sich die Nachrüstung des Puma „bis mindestens zum Jahr 2029 erstrecken“.  In der Vergangenheit sei es insbesondere zu technischen Problemen bei der Anpassung neuer Systemkomponenten gekommen. Daraus leiten die Rechnungsprüfer ab, dass auch künftige Anpassungen nicht zeitgerecht umgesetzt werden. „Die Bundeswehr sollte deshalb vorsorgen, falls sie den Schützenpanzer Marder in größerem Umfang als bisher geplant über das Jahr 2024 hinaus einsetzen muss“.  Dazu gehöre unter anderem die Sicherstellung der Ersatzteilversorgung.

„Der Bericht des Rechnungshofes zeigt, dass nach wie vor Missmanagement in vielen Bereichen wie Instandhaltung und Ersatzteilen an der Tagesordnung ist. Die Ministerin kann in einer solchen Situation nicht ernsthaft noch mehr Geld für die Bundeswehr fordern. Sie sollte erstmal im eigenen Haus diese Missstände abstellen und das zur Verfügung stehende Geld richtig und sinnvoll ausgeben“, kommentiere der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Tobias Lindner, die Ausführungen des Bundesrechnungshofes.
lah/12/29.5.2018

.i.td-icon-menu-up { display: none; }