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Weniger Stäbe und Inspekteure

Das Verteidigungsministerium will die Bundeswehr zukunftsfähiger machen und dafür ihre „Kaltstartfähigkeit“ in einer militärischen Krise sowie ihre Reaktions- und Durchsetzungsfähigkeit erhöhen. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Führungsstrukturen der Streitkräfte angepasst und auf die vier Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See sowie Cyber/Informationsraum ausgerichtet werden. Niedergelegt sind die Überlegungen in einem Eckpunktepapier von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn, das gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Wie die Ministerin auf der Veranstaltung sagte, soll die Stabslastigkeit der Bundeswehr zugunsten der Truppe abgebaut werden.  „Im Kern steht die konsequente Ausrichtung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung“, betonte Kramp-Karrenbauer. Laut dem Papier „Eckpunkte für eine Bundeswehr der Zukunft“ sind zwei operative Kommandos mit Weisungsbefugnis vorgesehen. Eines ist zur nationalen Führung der Einsätze außerhalb Deutschlands vorgesehen – das ist bisherige Einsatzführungskommando in Potsdam. Daneben wird ein zweites Kommando mit den Standorten Berlin und Bonn eingerichtet, das die Bundeswehr im Inland führen soll.

Darüber hinaus ist die Auflösung der Streitkräftebasis und des Zentralen Sanitätsdienstes vorgesehen, da es nur noch vier Dimensionskommandos für Land, Luft/Weltraum, See sowie Cyber/Informationsraum geben wird. Nach Aussage von Generalinspekteur Zorn geht es darum, die Kopflastigkeit und die Zahl der Stäbe zu reduzieren. „Wir sind der Staat in der NATO, der die meisten Inspekteure hat“, sagte der höchste Bundeswehr-Offizier. In einem ersten Schritt werden seinen Worten zufolge das ABC-Abwehrkommando, das Kommando Feldjäger und das CIMIC-Kommando den Landstreitkräften zugeordnet.

Weiterhin wird es allerdings streitkräftegemeinsame Elemente geben. Wie dabei die konkrete Struktur aussehen kann, soll in den kommenden Monaten untersucht. Laut dem Eckpunktepapier soll überdies die Dimension Luft- und Weltraum durch die Aufstellung eines Weltraumkommandos in Kalkar in Verantwortung der Luftwaffe gestärkt werden. Dies wird laut Ministerin noch 2021 erfolgen. Das Weltraumkommando werde eng mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum zusammenwirken, heißt es in dem Papier. „Die Multinationalisierung des Kommandos wird angestrebt.“  Statt des Zentralen Sanitätsdienstes wird ein Kommando Gesundheitsversorgung der Bundeswehr „auf der ersten nachgeordneten Ebene“ neu aufgestellt. Der bisherige Inspekteur des Sanitätsdienstes wird Generalarzt der Bundeswehr im BMVg.

Veränderungen sind auch innerhalb des Kommandos Cyber- und Informationsraum vorgesehen. Dieser soll laut Papier seine Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie im ressortübergreifenden Ansatz mit dem Nationalen Cyberabwehr-Zentrum im Sinne der Cyber-Sicherheitsstrategie Deutschlands stärken. „Der Cyber- und Informationsraum verschlankt seine Strukturen durch eine Reduzierung auf jeweils eine Entscheidungs- und eine Durchführungsebene und reinvestiert freiwerdende Dienstposten in Fachaufgaben“, heißt es in dem Eckpunktepapier. Führungs- und Entscheidungsebenen würden gebündelt. Zudem werde das Joint Intelligence Centre als Element des Militärischen Nachrichtenwesens für die strategische und operative Ebene dem Inspekteur Cyber- und Informationsraum truppendienstlich unterstellt.

Außerdem ist ein „Cyber and Information Domain Warfare Centre“ zur Bündelung von Verantwortung und Kompetenzen in den Bereichen Konzeption und Weiterentwicklung vorgesehen. Dieses werde mit weiteren Elementen in einem „Systemhaus Cyber- und Informationsraum/Zentrum Digitalisierung der Bundeswehr“ zusammengeführt. Der Start für den Umbau ist bereits auf den 1. Oktober terminiert.

Im Rahmen der Vorschläge soll auch ein wesentlicher Teil der Nutzungsverantwortung von Waffen und Gerät vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) zurück an die Truppe gegeben werden. „Das BAAINBw konzentriert sich auf seine Kernaufgaben, d.h. die Entwicklung, Beschaffung und Weiterentwicklung von Wehrmaterial für die Bundeswehr und das Management dieser Rüstungsprojekte“, schreiben die Autoren des Eckpunktepapiers. Man wolle eine Lösung finden, die die Ergebnisverantwortung der Betriebs- und Versorgungsverantwortlichen in den Dimensionen stärke, sagte Rüstungs-Staatssekretär Benedikt Zimmer auf der Pressekonferenz. Vorgesehen ist, die  Verantwortung für Waffensysteme in neuen, so genannten Systemhäusern für die vier Dimensionen zu konzentrieren.

Durch die Eckpunkte, bei denen es sich laut Ministerin nicht um eine große Reform „alter Prägung“ handelt, sollen eingespielte Verbände aus Kampfeinheiten und Unterstützungskräften entstehen, die schnell einsetzbar sind. Dabei gilt laut Papier das leitende Prinzip: „Organisiere dich, wie du kämpfst.“

Während eine Reihe von Maßnahmen des Papiers bereits in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden sollen, gibt es noch Untersuchungs- und Prüfbedarf für weitere Strukturveränderungen.  Hier seien die Aufträge bereits vergeben worden, um in der nächsten Legislatur eine „Warmstartfähigkeit“ zu haben, sagte Kramp-Karrenbauer.
lah/19.5.2021

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