Bislang dienen den deutschen U-Booten der Klasse 212A noch klassische Bleibatterien als Hauptenergiespeicher für die Fahrt unter Wasser. Bei den neuen norwegisch-deutschen Booten der Klasse 212 CD, die sich gerade in der Designphase befinden, soll jedoch erstmals Lithium-Ionen-Technologie in Serie zum Einsatz kommen. Die Lithium-Batterien weisen gegenüber den Bleibatterien klare Vorteile auf: Eine deutliche höhere Leistungsdichte und tiefere Entladezyklen bei geringerem Raumvolumen. Ein Lithium-Ionen-Boot kann damit über einen längeren Zeitraum höhere Geschwindigkeiten fahren und benötigt weniger Zeit zum Schnorcheln, um die Batterien zu laden.
Zwar verfügen die Boote der Klasse 212A mit der Brennstoffzelle, die Wasserstoff in Strom umwandelt, auch über einen außenluftunabhängigen Antrieb. Damit ist allerdings nur Schleichfahrt zu realisieren. Für Sprints oder eine höhere Dauergeschwindigkeit muss die Batterie stärker angezapft werden.
Um die innovative Technologie zur Reife zu bringen, hat das Bundeswehrbeschaffungsamt BAAINBw den deutschen U-Boot-Bauer Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) kurz vor Weihnachten damit beauftragt, in einer Studie den Einbau einer Lithium-Ionen-Fahrbatterie in U-Boote des Typs 212A zu untersuchen. In der Begründung des Zuschlags heißt es, dass nur TKMS als Baufirma über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Eine Aneignung dieser Kenntnisse durch einen Dritten sei entweder aufgrund bestehender Patente beziehungsweise Schutzrechte oder im Rahmen des geforderten Zeitfensters nicht möglich. „Das Studienergebnis muss wegen der Abhängigkeit zu anderen Projekttätigkeiten bis 11.2019 vorliegen“, heißt es weiter.
Die Nutzung von Lithium-Ionen-Batterien auf U-Booten ist dabei keineswegs trivial, denn den die Technologie hat bei allen Vorteilen einen Haken: Bei Kurzschlüssen kann es zum so genannten thermischen Durchgehen kommen. Das heißt die Batterie brennt unter Freisetzung großer Energiemengen ab. Unter Wasser ist dies für die Besatzung besonders gefährlich.
Nach Aussage eines TKMS-Sprechers will sein Unternehmen bei der in Zusammenarbeit mit dem BAAINBw zu erstellenden Studie, in dessen Rahmen die Lithium-Ionen-Fahrbatterien auch in ein Boot eingebaut werden sollen, mit mehr als zwei Herstellern sowohl für die Batteriezellen als auch die Batterien selbst zusammenarbeiten. Batterien bestehen aus Zellen und einer Leistungselektronik, die für die Steuerung zuständig ist.
„Im Vergleich zu den bislang genutzten Bleibatterien zeichnen sich Lithium-Polymer-Batterien durch ihre schnellere Ladezeit und den dafür aufgewendeten geringeren Energieaufwand aus. Das heißt, ein Uboot könnte seine Zeit an der Wasseroberfläche zum Laden der Batterien deutlich verringern und schneller wieder abtauchen“, erläuterte der Sprecher. „Wir haben auf dem Solarkatamaran PlanetSolar den Einsatz der Lithium-Polymer-Batteriezellen bereits erfolgreich erprobt.“
Gerade bei der Fertigung Lithium-Ionen-Batteriezellen hat Deutschland im Gegensatz zu anderen Nationen noch deutlichen Nachholbedarf. Hierzulande konnte sich bislang kein international wettbewerbsfähiger Player etablieren. TKMS hat in der Vergangenheit mit der im thüringischen Nordhausen ansässigen Gaia/EAS Batteries zusammengearbeitet, die allerdings im vergangenen Jahr in die Insolvenz gegangen ist und mittlerweile zum bulgarischen Batteriekonzern Monbat gehört.
Über sein Tochterunternehmen Atlas Elektronik hält TKMS einen 49prozentigen Anteil an Advanced Lithium Systems Europe (ALSE), einem Joint Venture mit dem griechischen Batteriehersteller Sunlight. Nach Aussage von Sunlight wurde eine Lithium-Ionen-Batteriezelle des Unternehmens für den Einsatz in Atlas-Torpedos zertifiziert. Trifft dies zu, könnten bereits heute Lithium-Ionen-Batterien – wenn auch nur im Ruhemodus – von deutschen U-Booten aufgenommen werden.
Marktführer bei militärischen Lithium-Ionen-Zellen in Europa dürfte die französische Firma Saft sein, die auch an das US-Militär liefert. Ein großer Hersteller hätte den Vorteil, dass er auch höhere Stückzahlen liefern kann, falls bereits eingeführte Boote von Blei- auf Lithium-Ionen-Batterien umgestellt werden sollen – was durchaus erwogen wird. Um die Fähigkeiten der Technologie zu nutzen, müssten auch größere Diesel eingesetzt werden. Denn die Lithium-Ionen-Batterien können im Gegensatz zur alten Technologie auch auf See voll aufgeladen werden. Die deutschen Planer gehen offenbar davon aus, dass die leistungsgesteigerten Diesel an Bord der U212A dafür ausreichen. Voraussetzung für die Nutzung der neuen Technologie ist allerdings, dass im Rahmen der Studie die Sicherheit der Lithium-Batterien unter Wasser nachgewiesen wird.
Nach Einschätzung des TKMS-Sprechers hat bislang noch keine andere Nation Lithium-Ionen-Fahrbatterien in militärischen U-Boote im Einsatz. Ob dies zutrifft, ist keineswegs sicher. Denn Medienberichten zufolge will Japan auf seiner modernsten U-Boot-Klasse Lithium-Batterien nutzen. Und warum sollte Südkorea als einer der größten zivilen Schiffbauer mit deutlich leistungsfähigeren Batteriezellenherstellern als Deutschland den Einsatz nicht erwägen? Zumal das Land von TKMS schnell gelernt hat, U-Boote zu bauen.
lah/10.1.2018