Die russische Marine hat mit der Auslieferung des unbemannten mehrrollenfähigen Drohne Forpost-R an die Nordflotte begonnen. Dies geht aus einem am 5. Juni in der Zeitung Izvestia veröffentlichten Artikel hervor. Der erste Großverband, der die Drohnen erhalten und einsetzen wird, ist laut der Veröffentlichung die russische Nordflotte, die allgemein als eine der leistungsstärksten Marine-Formationen Russlands gilt.
Die dortigen Verbände sind für einen Großteil der russischen Atom-U-Boote und Elemente der nuklearen Triade Russland verantwortlich. Sie werden Forpost-R-Drohnen dem Bericht zufolge zur Überwachung und Aufklärung der russischen Grenzen und der Barentssee einsetzen. Auch andere Flotten Russlands haben laut dem Artikel begonnen, die Drohnen einzuführen, was darauf hindeutet, dass sie als querschnittlich geeignete Plattform für die maritime Aufklärung angesehen werden.
Die russischen Seestreitkräfte und die Marineinfanterie experimentieren bereits seit geraumer Zeit mit dem Einsatz von Drohnen, die sie von Schiffen aus starten und zur Koordinierung der Feuerunterstützung bei amphibischen Landungen einsetzen. Dies wird jedoch in der Regel mit dem kleineren Orlan-10 durchgeführt. Die Indienststellung des Forpost-R folgt auf eine weitere kürzlich erfolgte Ankündigung, dass die russische Marine Drohneneinheiten aufstellt. Das deutet darauf hin, dass unbemannte Plattformen eine immer wichtigere Rolle bei den Operationen Russlands auf See spielen werden.
Laut einem ebenfalls von Izvestia veröffentlichten Artikel vom Mai wird es in jeder der derzeit vier Flotten sowie in zwei Flottillen (der Nordflotte, der Pazifikflotte, der Schwarzmeerflotte, der Baltischen Flotte und den Flottillen Dnjepr und Kaspisches Meer) ein „unbemanntes Regiment” geben. Die Regimenter sollen dafür zuständig sein, unbemannte Plattformen in der Luft, zu Lande und zu Wasser zusammenzuführen, um Aufklärungs- und Kampfoperationen durchzuführen. Zu ihren Aufgaben gehört auch der Schutz von Schiffen und die Zerstörung anderer unbemannter Plattformen. Sie werden wahrscheinlich weitere zum Kampf befähigte Systeme der russischen Streitkräfte erhalten, wie beispielsweise die Loitering Munition vom Typ Lancet und eine Form von USV.
Die Forpost-R wurde über der Ukraine und in Syrien eingesetzt, obwohl die russischen Streitkräfte dazu neigen, auf einen weniger restriktiven und drohnenfreundlichen Luftraum zu warten, bevor sie Drohnen dieser Größe einsetzen. Aufgrund der Größe wurde die Forpost-R sowohl in der Ukraine als auch in Syrien gelegentlich abgeschossen. Es gibt jedoch Fälle, in denen sie offenbar einen erheblichen Einfluss auf die Kämpfe am Boden hatte. Zudem wurde die Drohne ausgiebig in der Region Sumy eingesetzt, wo Aufnahmen offenbar gezielte Angriffe auf Fahrzeuge zeigen. Neben dem Einsatz eigener Wirkmittel kann die Drohne auch Ziele für die Laser-gelenkte Artilleriegranate Krasnopol beleuchten.
Technisches Profil: Forpost-R
Die Forpost-R ist eine vergleichsweise große Drohne mit einem Gewicht von 500 kg, einer Reichweite von 250 km und der Fähigkeit, Waffen zu transportieren. Sie kann in Höhen von 6.000 Metern und mit Geschwindigkeiten von bis zu 180 km/h fliegen, wobei die Marschgeschwindigkeit 120 km/h beträgt. Sie hat eine Flugdauer von 18 Stunden und ist für Aufklärungs- und Kampfeinsätze über lange Grenzgebiete ausgelegt. Sie hat eine Spannweite von 8,55 Metern und eine Länge von 5,85 Metern, zudem wird eine Start- und Landebahn für den Start und die Landung der Drohne benötigt.
Zur Bewaffnung können Bomben oder Lenkflugkörper wie die KAB-20 gehören, eine lasergesteuerte Bombe mit einem Gewicht von 21 kg und einem 7 kg schweren Sprengkopf mit einer Reichweite von 8 km, wie die ukrainische Publikation Militarnyi berichtet. Die Nutzlast wird unterschiedlich mit 60 kg bis 100 kg angegeben, wobei ein Bild eine Forpost mit vier KAB-20 zeigt, was darauf hindeutet, dass die Nutzlastkapazität mindestens 84 kg beträgt. Die Drohne ist standardmäßig mit elektrooptischer und Infrarot-Bildgebung ausgestattet, und anstelle der optischen Suite können auch radarbasierte Aufklärungssysteme eingebaut werden. Jedes Forpost-System umfasst drei Drohnen und eine Bodenkontrollstation, sodass die Drohnen üerschlagend eingesetzt werden können, um eine dauerhafte Präsenz über einem Zielgebiet sicherzustellen.
Das Design basiert auf der israelischen Searcher Mk II, die nach 2008 nach Russland exportiert wurde, als die russischen Streitkräfte versuchten, die Lehren aus dem Georgienkrieg zu verarbeiten, der Schwächen bei der Ortung und Bekämpfung von Zielen in der Tiefe aufgezeigt hatte. Mindestens eine Bestellung über 12 Systeme erfolgte 2011, eine weitere folgte 2015, als russische Streitkräfte in der Ukraine stationiert wurden. Der Vertrag ermöglichte es Russland, eigene Drohnen auf der Grundlage des Designs herzustellen, was den Ursprung der Forpost-R darstellt. Russland hat das Design so modifiziert, dass es gelenkte Munition transportieren kann, und verwendet wahrscheinlich Teile, die es trotz Sanktionen beschaffen kann. Der Erstflug erfolgte 2019.
Anmerkung des Autors
Die russischen Streitkräfte sind effektive und fähige Nutzer von luftgestützten Drohnen sowie anderen unbemannten oder ferngesteuerten Plattformen. Sie haben ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, eine Reihe von Loitering-Munition-Systemen und Einweg-Kampfdrohnen zu entwickeln und herzustellen, die unterschiedlichen Zwecken dienen, von der Bekämpfung einzelner Fahrzeuge bis hin zur Zerstörung von Gebäuden.
Die Entwicklung scheint sowohl von oben nach unten vorangetrieben zu werden, da der russische Verteidigungsminister Andrei Belousov für 2024 eine neue unbemannte Abteilung der Streitkräfte angekündigt hatte, als auch von unten nach oben. So haben russische Freiwillige mindestens 50 unterschiedliche Typen von unbemannten Bodenfahrzeugen für den logistischen Einsatz entwickelt und eingesetzt, die offenbar keine offizielle Finanzierung durch das russische Verteidigungsministerium erhalten haben. Dies zeigt, dass einige der taktischen und technologischen Entwicklungen das Ergebnis von Innovationen an der Front sind, was die Einschätzung erschwert, welcher Teil der Entwicklungen im Bereich unbemannter Systeme den Krieg überstehen wird. Unabhängig davon scheint es, dass die Nutzung der Forpost-R als eine dauerhafte Lösung angelegt ist, und es liegt nahe, dass es eine wichtige Ergänzung für die russischen Seestreitkräfte sein wird, um deren Operationen bis hin zu hochintensiven Kriegshandlungen zu unterstützen.
Autor: Sam Cranny-Evans. Der Beitrag erschien erstmalig am 9.06.2025 in englischer Sprache auf der hartpunkt-Partnerseite Calibre Defence.