Reduziert Frankreich Bestellungen für den A400M?

Auf der in dieser Woche in Le Bourget bei Paris stattfindenden Luftfahrtmesse gab es keine Ankündigungen in Bezug auf die deutsch-französische oder europäische Rüstungskooperation. Das politische Verhältnis zwischen Berlin und Paris scheint im Augenblick denn auch angespannt zu sein.

Deutschland hat offenbar ohne vorherige Information seines französischen Partners die European Sky Shield Initiative (ESSI) ins Leben gerufen und will sich nicht an der Modernisierung des Kampfhubschraubers Tiger auf den Standard Mark III beteiligen, die von Frankreich und Spanien vorangetrieben wird. Letzteres geht eindeutig aus dem gestern veröffentlichten Rüstungsbericht des BMVg hervor. Darin heißt es: „Eine deutsche Teilhabe am Programm „TIGER MK III“ oder „TIGER MK II+“ wird nicht weiter verfolgt. Über diesen Sachverhalt scheint jedoch noch keine offizielle Information an den deutsch-französischen Hubschrauberbauer Airbus Helicopters gegangen zu sein. Ein vertrauensvoller Umgang zwischen Partnern sieht sicherlich anders aus.

Nun dürfte ein weiteres Problem für die europäische Rüstungskooperation dazukommen: Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, beabsichtigen Spanien und Frankreich, ihre Bestellungen für das Transportflugzeug A400M zu reduzieren. Während in den Medien bereits vor einigen Monaten darüber berichtet wurde, dass die Regierung in Madrid die Bestellung von 13 der georderten 27 A400M stornieren will, scheint die Absicht Frankreichs neu zu sein.  Insidern zufolge könnte es um eine zweistellige Größenordnung gehen. Frankreich hat 50 Maschinen bestellt, von denen bereits 21 ausgeliefert wurden. Ein Sprecher des A400M-Herstellers Airbus teilte auf Nachfrage lediglich mit, dass man sich mit den Kundennationen in Gesprächen befinde. Er wies darauf hin, dass andere Kunden, wie beispielsweise Großbritannien, womöglich einen Mehrbedarf aufweisen könnten. Das britische Verteidigungsministerium habe sich dazu bereits geäußert. Allerdings gab es auch Berichte, wonach eine Zusatzbeschaffung für Großbritannien nicht finanzierbar ist.

Einen Hinweis auf den französischen Bedarf an A400M gibt der Entwurf für das Militärischen Programmgesetz (LPM), das die Jahre 2024 bis 2030 umfasst, und das kürzlich vom französischen Parlament gebilligt wurde. In einer Tabelle ist dort das Zahlengerüst für die Systeme der französischen Streitkräfte in drei ausgewählten Jahren niedergelegt. So werden in der Tabelle bis Ende 2023 insgesamt 22 Maschinen des Typs A400M aufgeführt. Im Jahr 2030 erhöht sich deren Zahl auf „mindestens 35“ und auch im Jahr 2035 werden lediglich mindestens 35“ Exemplare angegeben.  Die Zahl der Kampfhubschrauber Tiger wird dagegen für alle drei Jahre konstant mit 67 beziffert. Bliebe es bei einem Bedarf von 35 Maschinen des Militärtransporters für die Armeé de l’Air, hätte Frankreich einen nicht benötigten Überhang bei den Bestellungen von 15 Stück. Diese Zahl deckt sich auch mit den Gerüchten über die beabsichtigen Stornierungen.

Gemäß den jüngsten Informationen von Airbus haben zehn Nationen insgesamt 178 A400M bestellt.  Davon wurden bereits 118 ausgeliefert. Sollten die Bestellungen tatsächlich weiter reduziert werden, scheint ein Ende der Produktion in den kommenden Jahren  wahrscheinlich.

Der A400M gilt als Verlustgeschäft für Airbus, da er im Laufe seines Lebens bereits mit zahlreichen technischen Problemen und Verzögerungen zu kämpfen hatte. Insider gehen von einem Minus für den Flugzeugbauer in Milliardenhöhe aus, der mit dem Profit bei anderen Geschäften ausgeglichen werden muss. Von einer Abbestellung einer zweistelligen Zahl von Maschinen wäre insbesondere die für die Herstellung verantwortliche Airbus-Division Defence and Space betroffen, deren größter Wertschöpfungsanteil in Deutschland erbracht wird und die unter deutscher Führung steht.

Da das deutsche Verteidigungsministerium entschieden hat, eine Reihe von neuen Flugzeugmustern in den USA zu erwerben, ohne die deutsche Industrie im Rahmen von Offset-Geschäften an den Projekten zu beteiligen, dürften die Zukunftsaussichten für Airbus Defence and Space gegenwärtig ohnehin nicht übermäßig rosig sein. Eine Stornierung käme also zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt.
lah/23.6.2023

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