Anzeige

Nordrhein-Westfalen in Deutschland an dritter Position

Das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland, Nordrhein-Westfalen, wurde bereits 1946 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von der britischen Besatzungsmacht gegründet.  Die Briten fassten dazu den nördlichen Teil der preußischen Rheinprovinz mit den Regierungsbezirken Aachen, Düsseldorf und Köln sowie der preußischen Provinz Westfalen zusammen.  Damit war die wichtige Montan-Industrie der Region in einem Bundesland gebündelt. Das Ruhrgebiet galt – insbesondere vor dem Ersten Weltkrieg – als wichtigste Rüstungsschmiede Deutschlands. Verbunden mit dieser Industriesparte sind unter anderem  Unternehmen  wie Krupp, Thyssen und Rheinmetall.

In den mehr als 70 Jahren des Bestandes von Nordrhein-Westfalen hat die Schwerindustrie des Ruhrgebietes ihre Rolle in der Verteidigungsindustrie jedoch weitgehend verloren. So trennte sich der mittlerweile zu Thyssen-Krupp fusionierte Großkonzern  bis auf eine Werft von der Rüstungsproduktion. Lediglich Rheinmetall ist in den vergangenen Jahrzehnten zum größten rein deutschen Hersteller von Verteidigungstechnik – vor allem in Landbereich – aufgestiegen. Wobei die Niederlassungen des Düsseldorfer Konzerns in Nordrhein-Westfalen in erster Linie auf Schutztechnik fokussiert sind. Geschützrohre und Munition werden an anderen Standorten produziert.

Aufgrund der strukturellen Veränderungen der Nachkriegszeit ist die Produktion von Rüstungswaren im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger bedeutend. Nach Angaben des Bundeswehr-Beschaffungsamtes BAAINBw wurden in den Jahren 2017 und 2018 Rüstungsgüter im Wert von etwa 540 Mio EUR in Nordrhein-Westfalen für die Bundeswehr beschafft. Im vergangenen Jahr erhöhte sich dieser Wert auf etwa 1,1  Mrd EUR. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt des Bundeslandes lag 2018 bei rund 700 Mrd EUR.

Auch die kumulierten Exportzahlen belegen, dass Nordrhein-Westfalen in punkto Verteidigungstechnik hinter anderen Ländern zurückbleibt.  Während das Bundesland mit rund 18 Millionen Einwohnern  im Jahr 2019 laut Statistischem Bundesamt mit Ausfuhren von 193,68 Mrd EUR (14,6 Prozent der deutschen Gesamtexporte) an zweiter Stelle hinter Baden-Württemberg (205,22 Mrd EUR – 15,5 Prozent) und vor Bayern (189,58 Mrd EUR – 14,3 Prozent) lag, ergibt sich bei den Rüstungsausfuhren ein ganz anderes Bild: Hier befand sich Nordrhein-Westfalen mit rund 430 Mio EUR – das sind 5,4 Prozent der gesamten deutschen Rüstungsexporte – nur an dritter Stelle hinter Bayern mit 4,1 Mrd EUR (50,9 Prozent) und Baden-Württemberg mit 2,1 Mrd EUR (26,3 Prozent), wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage  im Bundestag hervorgeht.

Der Niedergang der Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet in der Nachkriegszeit lässt sich nicht zuletzt an den großen Stahlkonzernen des Reviers, Krupp und Thyssen, festmachen. Während Krupp Ende des 19. Jahrhunderts für seine modernen Kanonen berühmt war,  hat der heutige thyssenkrupp-Konzern bis auf eine Ausnahme keine Verteidigungstechnik mehr im Portfolio. Lediglich die U-Boot-Werft thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) ist noch im Besitz des Unternehmens. Allerdings befinden sich Zentrale und Produktion in Kiel und nicht am Hauptsitz von thyssenkrupp in Essen.

Der einst für Kanonen berühmte Konzern thyssenkrupp produziert mittlerweile nur noch U-Boote auf der eigenen Werft. Diese befindet sich allerdings in Kiel. Foto: lah

Bis Ende 2018 war tkMS in der Sparte Industrial Solutions aufgehängt.  Nach der Auflösung dieser Struktur berichtet der  Geschäftsführer von tkMS direkt an den Vorstand von thyssenkrupp. Über eigenes Personal am Sitz der Holding in Essen verfügt die weitgehend unabhängig agierende tkMS nach Auskunft des Konzerns nicht. Während zu thyssenkrupp kein weiteres Unternehmen der Verteidigungsindustrie gehört, beliefert  die thyssenkrupp-Tochter Rothe Erde –  ein Spezialunternehmen für Wälzlager und Lenkringe – die Rüstungsindustrie mit Teilen.

Rheinmetall AG

Insgesamt vier Standorte – unter Einbeziehung der Konzernzentrale – unterhält die Rheinmetall AG in Nordrhein-Westfalen im Geschäftsbereich Sicherheit. Die Holding des Rüstungs- und Automotive-Konzerns, der im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 6 Mrd EUR erzielte, ist  mit rund 250 Mitarbeitern in Düsseldorf angesiedelt. Dort befinden sich zentrale Bereiche der Konzernführung, wie unter anderem die Personalabteilung, Finanzen und Controlling, Unternehmensstrategie, Unternehmenskommunikation, Projektorganisation Deutschland, IT, Rechtsabteilung, der Chief Technology Officer,  das Rheinmetall Technology Center sowie die Rheinmetall Academy.

Hauptsitz der Rheinmetall Protection Systems GmbH mit rund 200 Mitarbeitern befindet sich in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn.  Hier sind die Leitung, Human Resources, Finanzabteilung  und Controlling der GmbH angesiedelt. Das Unternehmen fertigt vor Ort Passivschutzlösungen für höchstgeschützte militärische Fahrzeuge. Dazu gehören gepanzerte Fahrzeuge inklusive Kampfpanzern. Der Produktbereich Aktivschutz beschäftigt sich mit der Entwicklung und Fertigung von so genannten  Hardkill-Aktivschutzsystemen.

Die Rheinmetall Protection Systems GmbH verfügt mit Lohmar noch über einen weiteren Standort mit etwa 70 Mitarbeitern. Hier erfolgen die Entwicklung, das Design und die Qualifizierung von Passivschutzlösungen für militärische Fahrzeuge. Außerdem werden Passivschutzkomponenten, unter anderem  für Luftfahrtanwendungen gefertigt. Hervorgegangen ist die Niederlassung aus der IBD Deisenroth Engineering, die Rheinmetall Mitte vergangenen Jahres übernommen und in die Sparte  Protection Systems eingegliedert hat.

An ihren dritten Standort in Krefeld entwickelt und fertigt  die Rheinmetall Protection Systems mit etwa  100 Mitarbeitern unter anderem  leichte und mittlere Schutzlösungen auf Verbundwerkstoff-Basis für militärische und zivile Anwendungen. Diese finden Verwendung beim militärischen und zivilen  Fahrzeugschutz, dem Schutz für See-Anwendungen sowie dem ballistischen Körperschutz. Darüber hinaus verfügt Rheinmetall noch über  Automotive-Standorte in Neuss mit etwa 2.000 Mitarbeitern und in Dormagen mit rund  50 Mitarbeitern.

Wirkmittel und Sprengstoffe

Ein wichtiger Player der Verteidigungsindustrie in Nordrhein-Westfalen ist Dynamit Nobel Defence – kurz DND. Das Werk des Spezialisten für schultergestützte Waffensysteme, Fahrzeugschutz sowie Brandschutz liegt in Burbach im Siegerland, in nächster Nähe von  Hessen und Rheinland-Pfalz. DND  ging aus der  Wehrtechniksparte  der  Dynamit Nobel AG hervor, die  2004 aufgelöst wurde. Seitdem befindet sich das Unternehmen  im Besitz des  israelischen Konzerns Rafael.  Zu den bekanntesten Produkten des Unternehmens, das mittlerweile rund 350 Mitarbeiter beschäftigt, gehört die Panzerfaust 3.  Gemeinsam mit der  Bundeswehr entwickelte DND überdies die Systemfamilie „Wirkmittel 90mm“ (RGW90 LRMP). Dabei handelt es sich um ein leichtes Mehrzweckschulterwaffensystem, das ein breites Spektrum an Zielen auf Reichweiten über 1000 Meter  bekämpft.  2017 wurde das erste Wirkmittel  im Rahmen eines Festakts an die Bundeswehr übergeben.  Mittlerweile hat das Unternehmen überdies Wirkmittel in den Kalibern 60 sowie 110 mm im Portfolio. Ein weiteres Produkt ist der für den Schützenpanzer Puma entwickelte  explosive Reaktivschutz (ERA), der auch auf andere Fahrzeuge adaptiert werden kann.  Überdies bietet DND Brandschutzsysteme für militärische Fahrzeuge und zivile Anwendungen an.

 

 

 

 

 

 

DND produziert für den Schützenpanzer Puma den in Boxen verstauten explosiven Reaktivschutz. Hier zu sehen zwischen Turm und Kettenschürze. Foto: lah

Aufgrund der guten Auftragslage wurde im März dieses Jahres nach mehrjähriger Planungsphase der erste Spatenstich für den Bau eines neuen Fertigungskomplexes auf  dem Werksgelände in Burbach gesetzt. In weniger als zwei Jahren sollen nach Angaben von DND mehrere neue Gebäude und Anlagen zum Gießen, Mischen, Temperieren und Trocknen von Explosiv- und Sprengstoffen entstehen. Dabei werden neuartige Fertigungsverfahren für Gefechtsköpfe  eingesetzt. Diese Know-how- und Kapazitätserweiterung werde insbesondere für die Produktlinie RGW90 LRMP benötigt. Laut DND sollen in den kommenden Jahren nahezu alle infanteristisch kämpfenden Kräfte der Bundeswehr mit dem Wirkmittel ausgestattet werden.

Aus der Aufspaltung der Dynamit Nobel resultierte auch die Gründung der DynITEC GmbH in Troisdorf.  Konkret ist das Unternehmen aus der  Dynamit Nobel GmbH Explosivstoff- und Systemtechnik am 1. Oktober 2002 hervorgegangen. Die GmbH gehört gegenwärtig zur Diehl-Gruppe. Die Aktivitäten der DynITEC umfassen die Entwicklung und Produktion militärischer Zünd- und Anzündmittel, energetischer Materialien und elektronischer Zündsysteme.

Die besondere Stärke des Unternehmens besteht nach eigenen Angaben dabei im Angebot kompletter Zündketten und Zündsysteme mit aufeinander abgestimmten Einzelelementen aus einer Hand. Dieses ist insbesondere durch die eigene Entwicklung und Herstellung der dazu erforderlichen energetischen Materialien möglich.  Laut Unternehmensbilanz lag der Umsatz  der Firma mit über 80 Mitarbeitern im Jahr 2018 bei rund 16 Mio EUR.

Mit Sprengstoffen befasst sich auch die Wuppertaler ELP GmbH. Seit 1989 stattet das Unternehmen militärische und polizeiliche Entschärfungsdienste in Deutschland aus. Im Produktportfolio sind unter anderem Spreng- und Disruptionstechnik, Schutzbekleidung sowie Fernlenk- und Manipulationstechnik von etablierten Herstellern.  Das  Familienunternehmen bietet mittlerweile auch Geräte an, die in der Flughafen-, Gelände- und Gebäudesicherheit eingesetzt werden.

 

In Remscheid sitzt mit der der KMW-Tochter DST Defence Service Tracks GmbH einer der bedeutendsten Hersteller von Panzerketten weltweit. Im Angebot sind mehr als 100 Kettenvarianten. Foto: lah

Das Bergische Land gilt noch immer als eines der deutschen Zentren für Metallbearbeitung und Schmiedetechnik. So verwundert es nicht, dass die DST Defence Service Tracks GmbH, ein global agierender  Anbieter von Panzerketten,  in Remscheid beheimatet ist. Die GmbH gehört mittlerweile zum Münchener Landsystemhaus Krauss-Maffei Wegmann (KMW), das die DST Ende 2014 vom Diehl-Konzern erwarb. Nach eigenen Angaben ist DST weltweit der einzige Hersteller, der komplette Kettensysteme entwickelt,  herstellt und liefert.

1959 begann das Unternehmen  mit der Herstellung von Ketten für die Fahrzeuge der in Deutschland stationierten Besatzungsmächte. Ein Durchbruch gelang mit der Entwicklung der DST Stahlsystemkette für den Kampfpanzer Leopard 1: Diese Kette verfügte über austauschbare Laufpolster nach einem patentierten Schnellwechsel-Prinzip.  Heute bietet das Unternehmen eine breite Palette von Panzerketten an – von System-, Leichtgewichts- bis Bandketten.  Darüber hinaus produziert DST Kettenrollen, Triebkränze sowie Schutzelemente. Laut Hersteller sind über 100 verschiedene Kettenvarianten bei mehr als 50 Armeen weltweit im Einsatz. Allein von den Systemketten mit rund 40 Varianten wurden im Zeitraum 2000 bis 2017 rund 2,5 Mio Exemplare weltweit ausgeliefert.

DST verfügt über zwei Standorte in Remscheid: In Vieringhausen erfolgt die Vulkanisation von Kettenteilen, Rollen und die Endmontage der Ketten. Außerdem  werden dort Schutzelemente aus Gummi-Metall-Verbindungen gefertigt. Der Standort  in Lüttringhausen ist dagegen  auf  den Stahlguss für besondere Anwendungszwecke spezialisiert. Dazu gehören  hochfeste Vergütungsstähle für die Kettenglieder  sowie Gussteile für Fahrzeuge.  Die Gießerei nutzt  zwei Elektrolichtbogenöfen mit Kapazitäten von je 3,2 Tonnen und einen Induktionsofen  mit einer Kapazität von einer  Tonne. Laut DST werden pro Jahr rund 13.000 Tonnen  Stahl abgegossen.

Aktuell beschäftigt das Unternehmen im Durchschnitt 300 Mitarbeiter, inklusive Leiharbeiter. Azubis, Praktikanten und Aushilfen werden dabei nicht mitgezählt.  Nach Aussage von Musbah Al-Mansour, Vice President Sales & Marketing, verzeichnet die DST seit Übernahme durch KMW ein „Wachstum in allen Produktbereichen”.  Gegenwärtig arbeitet das Unternehmen  unter anderem an der Qualifizierung neuer Leichtgewichtsstahlketten für die Fahrzeugklasse 70 und 50 Tonnen, sowie an segmentierten Gummibandketten der Fahrzeuggewichte bis zu 35 Tonnen.

Informationstechnologie und Elektronik

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Bedeutung von Informationstechnologie und Software für Waffensysteme und die Verteidigungsindustrie deutlich zugenommen. Dies spiegelt sich auch am Geschäftserfolg der in Nordrhein-Westfalen ansässigen Unternehmen der Branche wider.

Ein Platzhirsch in Sachen Informationstechnologie ist die mittlerweile zu 100 Prozent in Bundesbesitz befindliche BWI GmbH. Das Unternehmen war 2017 aus der Verschmelzung der BWI Informationstechnik GmbH und der BWI Systeme GmbH hervorgegangen. Diese beiden Vorgängergesellschaften waren 2006 von der Bundeswehr, IBM und Siemens gegründet worden, um das  IT-Projekt Herkules für die Bundeswehr umzusetzen, das 2016 abgeschlossen wurde.  Die Hauptaufgabe der BWI besteht darin,  auf Basis eines unbefristeten Leistungsvertrages die nichtmilitärische IT-Infrastruktur der Bundeswehr zu betreiben und weiterzuentwickeln.

Voraussichtlich wird das Aufgabenspektrum des Unternehmens auf die so genannte grüne IT ausgeweitet. So  könnte die BWI im Rahmen der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO) weitere Aufgaben übernehmen.  Etwa mit IT-Serviceleistungen und dem Aufbau der notwendigen IT-Infrastruktur für das Battle Management System (BMS) auf Gefechtsständen (Command Post) und Fahrzeugen (Mountable) für die VJTF 2023. Darüber hinaus wird die GmbH mit dem Kommando Heer und dem Kommando Cyber- und Informationsraum ein gemeinsames, kooperatives Betriebsmodell entwickeln. Die BWI mit Hauptsitz in Meckenheim bei Bonn macht nach eigenen Angaben mit ihren rund 4.800 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 1 Mrd EUR.

Leistungen für Sicherheitsbehörden und die Bundeswehr erbringt auch die an der Deutschen Börse gelistete secunet Security Networks AG mit Hauptsitz in Essen. Das Unternehmen, dessen Mehrheitsaktionär Giesecke + Devrient ist,  bietet seinen Kunden vor allem Lösungen im Bereich der IT-Sicherheit.  Bei secunet konzentrieren sich nach eigenen Angaben mehr als 600 Experten auf Themen wie Kryptographie, E-Government, Industrie und Sicherheitslösungen für das elektronische Gesundheitswesen. Seit 2004 besteht überdies eine Sicherheitspartnerschaft mit der Bundesrepublik Deutschland.

Die secunet Division Verteidigung für militärische Kunden ist auf die Verschlüsselung und Cyber-Sicherheit fokussiert. Die gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für nationale und internationale Hochsicherheitskunden entwickelte Kryptoarchitektur SINA ermöglicht laut Hersteller eine sichere Bearbeitung, Speicherung, Übertragung und Nachweisführungvon klassifizierten Informationen bis einschließlich GEHEIM, NATO SECRET und SECRET UE/EU SECRET.  Nach Aussage eines secunet-Sprechers liegt der Schwerpunkt des Geschäftes im Verteidigungsbereich auf dem deutschen Markt. Danach folge das europäische Ausland und die NATO.  Als eine von fünf Geschäftseinheiten mache die Sparte Verteidigung „einen signifikanten Anteil“ des Unternehmens aus.

Im Bereich sicherer Datenübertragung bewegt sich auch das Unternehmen Secusmart aus Düsseldorf. Seit der Gründung im Jahr 2007 hat sich die GmbH nach eigenen Angaben zu einem globalen Experten für abhörsichere Kommunikation entwickelt. Seit mehr als acht Jahren stattet Secusmart nach eigenen Angaben deutsche Behörden, Ministerien und andere behördliche Institutionen mit abhörsicherer mobiler Kommunikation aus, d.h. mit Hilfe von Secusmart-Produkten wird mobile Sprach- und Datenkommunikation verschlüsselt. Seit Ende 2014 ist Secusmart ein Tochterunternehmen des kanadischen Konzerns BlackBerry.

In Köln ist die  Systematic GmbH, eine 100prozentige Tochter des dänischen Software-Hauses Systematic A/S, vertreten.  Das Unternehmen beliefert die Bundeswehr  bislang mit der Command&Control-Software SitaWare Frontline und SitaWare Headquarters. Die Kölner Niederlassung ist für den Vertrieb sowie für die lokale Auslieferung und Implementierung der Lösungen verantwortlich. Lokal werden darüber hinaus spezifische Dienstleistungen, wie beispielsweise Ausbildungen erbracht.  Von Köln aus erfolgt überdies der Vertrieb in Mitteleuropa.

Die Inhaber geführte steep GmbH mit Hauptsitz in Bonn wurde 1961 unter dem Namen „Elektronik-und Luftfahrtgeräte GmbH“ mit sieben Mitarbeitern gegründet. Die Aufgabe war es damals, Radare aus US-Fertigung für die  Bundeswehr zu betreuen. Heute ist das Unternehmen ein international aktiver technischer Dienstleister mit mehr als 30 Standorten und rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland und Europa. Neben den Kernfähigkeiten in den Bereichen Radar Systems Support, IT-Services, Systemintegration, Training und Mobile Netze verfügt  steep über ein Kompetenzspektrum, das von der  Logistik über die technische Dokumentation bis zum Facility Management reicht.

Der Radar Systems Support der steep GmbH bietet der Bundeswehr ein Komplettpaket für fest installierte Luftraumüberwachungs- und Anflugradarsysteme. Die Betreuung umfasst die Instandhaltung und Wartung von Radarsystemen vor Ort sowie die Instandsetzung und Reparatur durch ein Expertenteam in eigenen Werkstätten. Dabei betreut das Unternehmen Radare verschiedener Hersteller über deren gesamte Lebenszeit. Für die rund 150 Mitarbeiter der Defence-Sparte ist der Bereich Radar eines der stärksten Geschäftsfelder geblieben.

Im Bereich Systemintegration werden in enger Abstimmung mit den Kunden Systeme und Containerlösungen entwickelt. So hat steep zusammen mit der ESG das Ground Support Container System für den Eurofighter (GSCS Eurofighter) konzipiert. Dabei handelt es sich um  ein verlegefähiges und modulares System für den Einsatz auf einer so genannten Deployed Operation Base für bis zu 12 Luftfahrzeuge. Es wird mit einer autarken Stromversorgung und Klimatisierung betrieben und stellt drei unterschiedlich eingestufte Netze bereit.

Darüber hinaus hat steep mit der ESG einen  verlegbaren Gefechtsstand  für die Luftwaffe für den Kampf gegen die Terrororganisation IS entwickelt. Im Bereich mobile Netze entwickelt steep sichere und schnell einsatzfähige Kommunikationslösungen durch die Kombination von  IT-Systemen mit robuster Hardware.

Ein Schwergewicht in Sachen Radar  befindet sich in Neuss mit der Leonardo Germany GmbH – ein Tochterunternehmen des gleichnamigen italienischen Rüstungskonzerns. Die bis vor kurzem unter dem Namen Selex ES firmierende GmbH fertigt in Deutschland laut Bundesanzeiger hochleistungsfähige Wetterradare sowie Überwachungsradare, die bei der Bundeswehr im Einsatz sind. Im Geschäftsjahr 2018 erwirtschafteten etwas mehr als 200 Mitarbeiter einen Umsatz von rund 44 Mio EUR. Von Neuss aus werden auch die Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr für Leonardo beobachtet und betreut.

Beratung

In Nordrhein-Westfalen ist mit der BwConsulting noch eine weitere Inhouse-Gesellschaft der Bundeswehr ansässig. Das als GmbH aufgesetzte Unternehmen in 100prozentigem Eigentum des BMVg unterstützt das Ministerium bei strategischen Projekten. Die Schwerpunkte der Beratung sind dabei Strategie & Steuerung, Prozesse & Organisation sowie Projektmanagement.

Die BwConsulting mit Hauptsitz in Köln wurde im Jahr 2000 als Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (g.e.b.b.) gegründet und Anfang 2017 in BwConsulting umbenannt.  Vorteile des Einsatzes der BwConsulting sind nach deren Angaben unter anderem umfassende Kenntnisse des Geschäftsbereichs sowie die schnelle und flexible Einsatzbarkeit ohne Vergabeverfahren. Ende vergangenen Jahres verfügte das Unternehmen über rund 200 festangestellte Mitarbeiter.

Luftfahrt und Training

Die Bundeswehr gibt erhebliche Summen für militärische Luftfahrttechnik aus, wovon insbesondere Bayern profitiert, da in dem Bundesland wichtige Niederlassungen des Airbus-Konzerns angesiedelt wurden. Nordrhein-Westfalen dagegen verfügt zwar durchaus über Zulieferer und Service-Anbieter für die Militärluftfahrt.  Im Vergleich mit anderen Bundesländern ist dieses Segment jedoch weniger stark ausgeprägt.

 

 

 

 

Die CAE Elektronik GmbH arbeitet bei der Simulatorausbildung am Hubschrauberzentrum Bückeburg  als Partner der Bundeswehr. Foto: lah

Eine Ausnahme bildet die CAE Elektronik GmbH mit Sitz in Stolberg in der Nähe von Aachen. Das Unternehmen arbeitet nach eigenen Angaben seit fast 60 Jahren als  Partner der Bundeswehr im Bereich der Entwicklung, Herstellung und Betreuung von Trainings- und Simulationssystemen für Luftwaffe, Marine und Heer. Über 500 Mitarbeiter widmen sich der  Umsetzung von Lösungen für unterschiedliche Kundenanforderungen und Trainingsszenarien.  So lieferte das Unternehmen zum Beispiel für das Hubschrauber-Ausbildungszentrum  in Bückeburg Trainingssysteme für die vier  Hubschraubertypen UH-1D, CH-53, EC-135 und NH90.  Ende vergangenen Jahres unterzeichnete das Unternehmen einen Vertrag mit der NATO Support and Procurement Agency (NSPA) zur Bereitstellung von umfassenden Trainingslösungen für die Sea-Lion-Helikopter der Deutschen Marine.

Das deutsche Unternehmen gehört zum kanadischen CAE-Konzern, der unter anderem auf Simulatoren für die Zivil- und Militärluftfahrt sowie auf den Gesundheitsmarkt spezialisiert ist.   Die als  Canadian Aviation Electronics  gegründete CAE mit Sitz in Montreal  realisierte im vergangenen Jahr mit über 10.000 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 3 Mrd CAD.

Gegründet wurde die deutsche CAE GmbH 1961, nachdem der Mutterkonzern mit der Entwicklung von Simulatoren für den F-104 Starfighter begonnen hatte.  Zu den Kunden von CAE zählen nicht nur die Bundeswehr, sondern auch militärische Beschaffungsagenturen und Organisationen in Europa und Afrika.

Schutztechnik

Neben Rheinmetall befassen sich eine Reihe weiterer Unternehmen in Nordrhein-Westfalen mit Schutztechnologien. Ein Spezialist für Schutzmaterialien ist das Unternehmen CeramTec-ETEC, eine Tochterfirma der CeramTec. Das in Lohmar ansässige Unternehmen bietet keramische Panzerungen für den ballistischen Personen-, Fahrzeug- und Objektschutz an.   Die CeramTec war 2004 war bei der Zerlegung der Dynamit Nobel AG zunächst vom US-Unternehmen Rockwood übernommen worden.  2018 erwarb dann ein Konsortium unter Führung der Private-Equity-Gesellschaft BC Partners die CeramTec.

CeramTec  bietet  Produkte und Lösungen mit technischer Keramik an und erzielte mit rund 3.500 Mitarbeitern – davon rund 2.000 in Deutschland – an etwa 20 Fertigungsstätten weltweit im Jahr 2019 einen Umsatz von 620 Mio EUR, wovon der größte Teil des Umsatzes auf Deutschland entfällt.

Ein wichtiger Zulieferer für Lösungen im Brandschutz ist die Firma Kidde Deugra aus Ratingen, die zum US-Konzern Collins Aerospace gehört. Das im Jahr 1958 in Deutschland gegründete Unternehmen hat sich auf fest installierte Rauchmelder, Feuerwarn- und Löschanlagen für gepanzerte Militärfahrzeuge, geschützte Führungs-, Funktions- und Transportfahrzeuge, Sonderschutzfahrzeuge, zivile Anwendungen sowie die militärische Luftfahrt spezialisiert.  Die Systeme des Unternehmens  können nach Entzündung eines Brandes ein auftretendes Feuer sofort löschen, es eindämmen oder es sogar ganz unterdrücken.

Lösungen für den ballistischen Schutz sowie den Augen- und Gehörschutz bietet überdies die in Neuss beheimatete 3M Deutschland GmbH an – ein Tochterunternehmen des gleichnamigen US-Konzerns, der unter anderem auch Atemschutzmasken herstellt.

Instandsetzung und Logistik

Ein wichtiger Partner für die Bundeswehr ist die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH mit Hauptsitz in Bonn. Das 2005 gegründete Unternehmen verfügt über insgesamt drei Werke, fünf Niederlassungen und 54 Stützpunkte. Die rund 2.200 Mitarbeiter des im Besitz des BMVg befindlichen Unternehmens kümmern sich um Logistikdienstleistungen für ausgewählte Waffensysteme und Geräte der Bundeswehr. Ihre Aufgabe ist die  Sicherstellung einer definierten Materialverfügbarkeit. Die HIL erwirtschaftet einen Umsatz von rund 400 Mio EUR pro Jahr. Die bis vor kurzem geplante Privatisierung der HIL wurde im Oktober vergangenen Jahres vom BMVg endgültig gestoppt, um die Ressourcen im Haus zu behalten.

Militärische Unterkünfte liefert die Firma M. Schall GmbH und Co. KG aus Merzenich im Kreis Düren. Das Unternehmen mit rund 120 Mitarbeitern bietet  nach eigenen Angaben das gesamte Leistungsspektrum rund um mobile Arbeitsräume. Hierzu zählen Konzeption, Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Zelten und Funktionscontainern für den militärischen und zivilen Einsatz bis hin zu funktionsfertigen Systemen.  Für militärische Anwendungen bietet Schall unter anderem  Komplettsysteme, luftgestützte Zelte, gerüstgestützte Zelte sowie Funktionscontainer.

Textilsparte

Neben den Herstellern von Stahl, Sprengstoff und IT haben auch zwei bedeutende Hersteller von Spezialtextilien für die Bundeswehr ihren Hauptsitz in Nordrhein-Westfalen.

Die Hexonia GmbH ist vielen Soldaten der Bundeswehr als Lieferant diverser speziell für den militärischen und behördlichen Einsatz konzipierter Bekleidung bekannt. Zum Produktportfolio des Unternehmens aus Nettetal gehört neben Einsatz- und Schutzbekleidung auch spezielle Unterwäsche, die in Kombination mit Schutzwesten vor Kleinstsplittern und Druck-Belastungen schützt.

Ebenfalls im textilen Segment aktiv ist die Blücher Gruppe aus Erkrath. Die mittelständische Unternehmensgruppe in Familienbesitz hat sich insbesondere im Bereich des individuellen ABC-Schutzes von Soldaten mit ihrer Saratoga-Produktlinie einen Namen gemacht. Darüber hinaus produziert Blücher auch Fragmentschutzbekleidung sowie Produkte zur Gas-, Wasser- und Fluid-Filtration. Nach eignen Angaben hat das Unternehmen die Technologieführerschaft im Bereich Hochleistungsadsorbenzien und sorptive Verbundstoffe inne.

Eine wichtige Rolle für die Ausstattung der Bundeswehr mit Bekleidung spielt die in Köln ansässige Bw Bekleidungsmanagement GmbH.  Das Unternehmen entstand nachdem der Bund 2015 die Geschäftsanteile der privaten Gesellschafter Lion Apparel Inc. USA und Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co. KG der Vorgängerfirma LHD übernommen hatte.  Zuvor bestand eine so genannte Public Private Partnership  zwischen dem BMVg mit einer 25,1 Prozent-Beteiligung, und den beiden Unternehmen zu gleichen Teilen mit je 37,45 Prozent. Die LHD war jedoch aufgrund von Fehlern der Mehrheitseigentümer in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. In der Folge übernahm der Bund die Firma ganz.  Die LHBw wird aktuell in Form einer GmbH als 100prozentige Inhousegesellschaft des BMVg  fortgeführt. Die zentrale Aufgabe als Dienstleister der Bundeswehr ist das Bekleidungsmanagement für die rund 200.000 Soldaten und zivilen Mitarbeiter im Ministerium und in den Ämtern. Mit mehr als 1.300 Mitarbeitern –  darunter Textilfachleuten, Betriebswirtschaftlern, Logistikern, Qualitätsmanagern und IT-Spezialisten  – sollen den  Kunden die passende Bekleidung und Ausrüstung bereitgestellt werden.

Handel/Import

Nicht alle für die Bundeswehr und heimische Sicherheitsbehörden benötigten Ausrüstungstücke werden in Deutschland produziert. Umso wichtiger ist es, das fehlende Material in der richtigen Qualität und Quantität aus dem Ausland zu beziehen. Hierbei kommt Handelsunternehmen und Vertriebspartnern ausländischer Firmen eine wichtige Rolle zu.

Seit 1992  beschäftigen sich die mehr als 25 Mitarbeiter der  JK DEFENCE & SECURITY PRODUCTS aus Kempen  mit dem Import von Militärtechnik aus dem Ausland.  Während zu Anfang in erster Linie Flugzeugteile beschafft wurden, verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben mittlerweile  über ein weites Netzwerk von zuverlässigen Agenturen und Vertretungen. Unter anderem zählt JK DEFENCE & SECURITY PRODUCTS den Hersteller von Nachtsichtgeräten, Theon Sensors, sowie den Funktechnikproduzenten L3 Harris zu seinen Partnern.

Auf den Import und die Anpassung an militärische Bedürfnisse von geländegängigen Quads hat sich die Rainer Diederich GmbH aus Wiehl-Bomig spezialisiert. Auf die Vertretung ausländischer Marken für Nutzer im Sicherheitssektor ist überdies die Firma TeutoDefence aus Bad Oeynhausen spezialisiert.

Darüber hinaus existieren in Nordrhein-Westfalen noch weitere Unternehmen, die sich ganz oder teilweise mit Dienstleistungen und Produkten rund um die Sicherheitsindustrie befassen, allerdings im Rahmen dieses Beitrages nicht vorgestellt werden können.  Dazu zählen unter anderem Anbieter von Trainingssystemen, Messern, IT-Services oder Drohnen.
lah/2.6.2020

.i.td-icon-menu-up { display: none; }