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NATO bekräftigt qualitative und quantitative Defizite in der Ausstattung sowie Einsatzbereitschaft des niederländischen Heeres

Waldemar Geiger

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Die NATO hat im Rahmen der sogenannten NATO Defence Planning Capability Review den Niederlanden für die Jahre 2023 und 2024 erhebliche qualitative und quantitative Defizite in der Ausstattung sowie Einsatzbereitschaft des Heeres bescheinigt. Dies geht aus einer am 5. August erfolgten Unterrichtung des niederländischen Verteidigungsministeriums an das Parlament in Den Haag hervor.

So erkennt das im Anhang an den Parlamentsbrief beigefügte NATO-Dokument zwar an, dass die Niederlande in den letzten zwei Jahren einzelne Maßnahmen eingeleitet hatten, um die materiellen und personellen Schwächen sowie die Unterfinanzierung der Streitkräfte zu beseitigen, verweist aber gleichzeitig auf weiterhin bestehende Defizite, insbesondere bei den Landstreitkräften.

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In der Dimension Land haben die Niederlande dem Bündnis zufolge unter anderem folgende quantitativen Fähigkeitsziele bei der NATO angemeldet:

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  • Drei Infanteriebrigaden (eine schwere, eine mittlere und eine luftbewegliche, alle in hoher Bereitschaft)
  • sowie verschiedene Kampfunterstützungsfähigkeiten, die zum 1. Deutsch-Niederländischen Korps zugeordnet sind (darunter Kräfte für das Führungselement einer Heeresfliegerbrigade, ein Kampfhubschrauberbataillon, eine Flugabwehrbatterie, eine Raketenabwehrbatterie (C-RAM), Kräfte für das Führungselement einer Feuerunterstützungsbrigade, Kräfte für das Führungselement der Korps-Feldjägerkräfte und Kräfte für die gemeinsame OpKom-Task-Force) und
  •  ein leichtes amphibisches Bataillon

„Die Niederlande machen weiterhin stetige Fortschritte bei der Umsetzung ihrer Zielsetzungen für die Dimension Land, auch wenn die prioritären schwere und mittlere Infanteriebrigade mit den dazugehörigen Kampf- und Einsatzunterstützungskräften unter Defiziten bei der Durchsetzungsfähigkeit/Wirkung, den Kampf- und Einsatzunterstützungsmitteln und der geringen Einsatzbereitschaft leiden“, heißt es in der nicht eingestuften Version der NATO Defence Planning Capability Review. In puncto Einsatzbereitschaft werden beispielsweise die geringe Personalstärke, eine unzureichende Ausbildung sowie ein geringer Bestand an kritischen Ersatzteilen bemängelt.

Weiterhin ist in dem Dokument aufgeführt, dass die schwere Infanteriebrigade (43. Gemechaniseerde Brigade) über ein schweres Infanteriebataillon (Äquivalent zu einem Panzergrenadierbataillon) zu wenig verfügt. Der mittleren Infanteriebrigade fehlen gleich „zwei mittlere Infanteriebataillone“, so dass sie nur in eingeschränkter Einsatzbereitschaft zur Verfügung gestellt werden kann. Unter einem mittleren Infanteriebataillon versteht die NATO einen Infanterieverband, der mit durchsetzungsfähigen Transportpanzern ausgestattet ist. Die niederländischen Infanteriekräfte der mittleren Infanteriebrigade – dabei handelt es sich um die sogenannte 13. Lichte Brigade – verfügen bislang nur über unzureichend bewaffnete Boxer-Transportpanzer.

„Auch die luftbewegliche Brigade kann nicht in der geforderten Einsatzbereitschaft bereitgestellt werden. Folglich sind die Niederlande nur begrenzt in der Lage, heute in der Dimension Land zu kämpfen, insbesondere im Rahmen der kollektiven Verteidigung, obwohl es nationale Pläne gibt, viele der Defizite zu gegebener Zeit zu beheben; die Niederlande werden daher aufgefordert, ihre Anstrengungen in diesen prioritären Bereichen zu beschleunigen“, heißt es in dem NATO-Papier weiter. Mit den nationalen Plänen zur Beseitigung der Defizite sind vermutlich Konzepte für die Aufstellung eines Panzerbataillons und die Beschaffung von Radschützenpanzern gemeint, hartpunkt berichtete. Beide Vorhaben wurden bereits unter der Vorgängerregierung vorbereitet, ihre Umsetzung steht jedoch unter dem Vorbehalt der neu gebildeten Regierungskoalition.

„Den Niederlanden wird daher empfohlen, ihre Bemühungen in diesen prioritären Bereichen zu beschleunigen. Insbesondere wird empfohlen, eigene Kampfpanzer für ihr Panzerbataillon zu beschaffen und die fehlenden schweren und mittleren Infanteriebataillone aufzurüsten. Schließlich müssen die Niederlande in ausreichende Kampf- und Einsatzunterstützungsmittel investieren, um den gleichzeitigen Einsatz aller drei Infanteriebrigaden sicherzustellen“, empfiehlt die NATO das weitere Vorgehen. In Den Haag scheint dieser Apell gehört worden zu sein, so wurde in der neuen Regierungskoalition verabredet, zusätzliche Mittel in Höhe von 2,4 Milliarden Euro für die Stärkung der Streitkräfte zur Verfügung stellen zu wollen. Das Verteidigungsministerium, so heißt es in der Unterrichtung, werde das Parlament in Kürze über die detaillierte Verwendung dieser Mittel informieren.

Das gesamte Dokument, in dem die dargestellten Defizite in der Dimension Land nur einen von insgesamt 16 beschriebenen Punkten darstellen, kann hier heruntergeladen werden: NATO Defence Planning Capability Review 2023/2024 (The Netherlands)

Waldemar Geiger