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Materielle Einsatzbereitschaft bleibt ungenügend

Die materielle Einsatzbereitschaft aller 68 Hauptwaffensysteme  der Bundeswehr hat in den vergangenen sechs Monaten zwar leicht zugenommen und liegt bei knapp über 70 Prozent. Diese Zahl sei aufgrund der großen Streuung zwischen den einzelnen Waffensystemen  jedoch „nicht zufriedenstellend“, schreibt der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, in dem heute veröffentlichten Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Truppe. So liege die materielle Einsatzbereitschaft bei den fabrikneuen ungeschützten LKW bei über 90 Prozent, bei Hubschraubern jedoch unter 40 Prozent.

Beispiele für eine nachhaltige positive Entwicklung sind laut Zorn dagegen die Hauptwaffensysteme Kampfpanzer Leopard 2 – materielle Einsatzbereitschaft „endlich wieder“ bei über 70 Prozent –, die geschützten Fahrzeuge der Streitkräftebasis (SKB) mit einer nachhaltig materiellen Einsatzbereitschaft zwischen 75 Prozent und 85 Prozent, der Eurofighter mit einer Erhöhung des Klarstands im Schnitt auf fast 60 Prozent – und der A400M mit einer weiteren Erhöhung der Fähigkeiten und Verlässlichkeit. Laut Bericht konnten beim A400M zudem die Flugstunden seit 2017 vervierfacht werden.

Sorgenkind Puma

Hauptwaffensysteme mit nach wie vor stark verbesserungswürdiger materieller Einsatzbereitschaft sind den Angaben zufolge der Schützenpanzer (SPz) Puma, die Betriebsstofftransporter  der Marine sowie mobile Sanitätseinrichtungen. Während der Puma allerdings gerade eingeführt wurde, sind die Betriebsstofftanker bereits seit den 1970er Jahren im Dienst.

„Für den SPz Puma verlange ich zum Ende des Jahres einen wahrnehmbaren Anstieg der materiellen Einsatzbereitschaft, da wir im letzten Jahr ein 60 Maßnahmen umfassendes Sonderprogramm mit der Industrie, dem Nutzer Heer, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und der Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL) vereinbart haben“, schreibt Zorn. Die Investitionen  in weitere Ersatzteilpakete, den Abschluss der technischen Dokumentationen und die Beschaffung weiterer Sonderwerkzeugsätze sollen sich laut Generalinspekteur ab Mitte des Jahres 2020 für die Bundeswehr auswirken. Zudem bringe die Industrie derzeit mit Hochdruck 41 SPz Puma für die VJTF 2023 zur Einsatzreife. Dieser deutlich robustere Konstruktionsstand werde nach erfolgreicher Abnahme  den zu erreichenden Standard für die Bestandsflotte setzen, kündigt der General an.

Die Auslieferung des Nachfolgers für den Betriebsstofftransporter der Marine ist nach Angaben des Inspekteurs  derzeit für 2024 geplant. Allerdings wundern sich Fachkreise, warum bislang keine Ausschreibung veröffentlicht wurde. Laut Bericht sind auch die mobilen Sanitätseinrichtungen in die Jahre gekommen und müssen dringend modernisiert werden.

Übungstätigkeit führt zu Abschwung

Im Berichtszeitraum November 2019 bis April 2020 führte der normal verlaufende Ausbildungs- und Übungsschwerpunkt im September und Oktober 2019  – unter anderem mit der Informationslehrübung Landoperationen, zahlreichen Bataillons- sowie Brigade-Übungen – , „zu einem erwarteten Abschwung“ der materiellen Einsatzbereitschaft des stark beanspruchten Großgeräts zum Jahresende 2019. „Weil wir uns darauf einstellen konnten, wurde im Vergleich zu den Vorjahren dennoch ein besseres Niveau gehalten“, schreibt der Inspekteur. Der Start ins Jahr 2020 habe dann das Niveau der Vorjahre übertroffen mit einer Steigerung der Bestände um bis zu 10 Prozent. „Die Monate März/April 2020 setzen diesen Trend weiter fort, leider bisher auch durch die ersten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beeinflusst, da weniger Ausbildungen und Übungen in den Einheiten und Verbänden zu einem geringeren Nutzungs- und Nachfrageverhalten der jeweiligen Hauptwaffensysteme führten.“

Verfügbarer Bestand soll steigen

Wie Zorn weiter ausführt, macht die Analyse deutlich, dass am einzelnen Waffensystem, an der einzelnen Typflotte zahlreiche Ideen und Maßnahmen erste positive Effekte zeigten, aber im Ganzen noch kein wesentlicher Umschwung stattfinde. Dennoch erfülle die Bundeswehr die an sie gestellten Aufträge und Anforderungen bestmöglich, so der Inspekteur, „wenn wir auch in einigen Bereichen immer noch von der Substanz leben“. Daher liege sein Fokus unverändert auf der Erhöhung der materiellen Basis und der Stärkung des verfügbaren Bestands.

Die Stärkung des verfügbaren Bestandes erfordert laut Inspekteur eine massive Verstärkung der militärischen Instandsetzungskapazitäten durch Aufbau eines neuen Personal-körpers wie beispielsweise die neuen Technikstaffeln bei den Heeresfliegerverbänden, ­den verstärkten Abschluss von so genannten leistungsbasierten Industrieverträgen, die Bonus-Malus-Regelungen für die Erfüllung fest definierter Leistungen enthalten, die Verringerung der Durchlaufzeiten in der Industrieinstandsetzung sowie die Steigerung der Auslieferungsqualität durch die Industrie. Als Negativbeispiele für Qualitätsmängel bei der Ablieferung  werden der Schützenpanzer Puma und die Fregatte  F125 angeführt.
lah/12/9.6.2020

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