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MBDA Deutschland und Raytheon arbeiten an Serienproduktion der Patriot GEM-T

Lars Hoffmann

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Die Partner Raytheon und MBDA Deutschland sind gegenwärtig dabei, die Herstellung neuer für das Patriot-Luftverteidigungssystem vorgesehener Lenkflugkörper des Typs GEM-T in Schrobenhausen vorzubereiten. Wie Jürgen Koneczny, Managing Director der COMLOG, einem Joint Venture von Raytheon und MBDA Deutschland, am Donnerstag auf der ILA in Berlin im Gespräch mit hartpunkt erläuterte, stehen für den Flugkörper, der neue Komponenten enthalten soll, in den kommenden zwei bis drei Jahren die Qualifikationen an, die mit den Flugtestes abgeschlossen werden. Danach beginne die „Full Rate Production“. Voraussetzung dafür ist, dass bis dahin die Linien aufgebaut und das benötigte Personal geschult ist. Laut Konecny erfolgt dazu auch die Qualifizierung der Produktion. Man befinde sich voll im Zeitplan.

Die NATO Support and Procurement Agency (NSPA) und die COMLOG hatten vor etwa einem halben Jahr einen Vertrag zur Lieferung von bis zu 1.000 Flugkörpern des Typs Patriot GEM-T unterschrieben. Der Kontrakt mit einem Gesamtwert von 5,1 Milliarden Euro berücksichtigt mehrere Nutzerstaaten, darunter Deutschland, die Niederlande, Rumänien und Spanien. Allein Deutschland wird 500 Flugkörper im Wert von etwa 3 Milliarden Euro abnehmen.

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Der Vertrag sieht vor, Komponenten zu qualifizieren, neue Zulieferer aufzunehmen sowie Testgeräte und Ersatzteile für den künftigen Fähigkeitserhalt zu beschaffen. So wird das Ruderstellsystem am Ende des Flugkörpers in Zukunft nicht mehr hydraulisch, sondern elektro-mechanisch ausgelegt sein. Auch im oberen Teil der Rakete, dem sogenannten Forebody sind Modifikationen geplant, genauso wie die Einrüstung eines neuen Computers, der womöglich aus Europa stammen könnte.

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Um die Auslieferung zu ermöglichen, baut COMLOG die Produktionskapazitäten des von Raytheon entwickelten GEM-T-Flugkörpers in Schrobenhausen aus.

Nach Angaben von MBDA wird der GEM-T-Flugkörper zur Abwehr von Marschflugkörpern, ballistischen Raketen sowie feindlichen Drohnen und Flugzeugen eingesetzt wird.

Die Fertigung der Flugkörper erfolgte durch MBDA Deutschland, der Antrieb wird von der MBDA-Tochter Bayern-Chemie in Aschau am Inn produziert, das spanische Unternehmen Sener mit Hauptsitz in Madrid wird das Ruderstellsystem liefern. Insgesamt sind nach Angaben von MBDA an der Fertigung des GEM-T-Flugkörpers mehr als 15 Auftragnehmer beteiligt. Wie es heißt, wurden die Verträge mit den meisten Unterauftragnehmern bereits geschlossen.

Nach Aussage von Thomas Gottschild, Geschäftsführer MBDA Deutschland, verbessern die neuen Produktionskapazitäten, die am Stammsitz des Unternehmens aufgebaut werden, die Versorgungssicherheit und tragen dazu bei, die Bestände an Patriot-Flugkörpern aufzufüllen.

Mit der Fertigungslinie in Schrobenhausen werde die Gesamt-Produktionsrate der GEM-T verdoppelt, sagte Douglas Stevenson, Vice President, Europe/NATO, Requirements & Capabilities bei Raytheon. Durch den Bau des Raketenmotors bei Bayern-Chemie entwickle man überdies eine zweite Bezugsquelle für diese wichtige Komponente. Nach Einschätzung von Stevenson liegt der europäische Wertschöpfungsanteil, für den MBDA und -Tochtergesellschaften sowie Sener stehen, bei etwa 35 bis 40 Prozent. „Wir sehen weltweit eine steigende Nachfrage nach GEM-T“, sagte Stevenson. Daher könne die Produktion womöglich bei mehr als 1.000 Stück liegen. „Durch die Modernisierung der Komponenten investieren wir überdies in die Zulieferkette. Das erlaubt uns, die Rakete in den kommenden Jahrzehnten zu produzieren.“

Die deutschen Kapazitäten werden seiner Aussage zufolge in erster Linie für die Erfüllung des NSPA-Vertrages genutzt. Dies erlaube es allerdings, US-Kapazitäten für Kunden in anderen Ländern freizumachen. Die ersten Raketen aus deutscher Produktion werden laut Stevenson Ende 2027 oder Anfang 2028 ausgeliefert. Beendet werde der Kontrakt im Jahr 2034. Es werde angestrebt, an den beiden Fertigungsstandorten in den USA und Deutschland eine jährliche Produktion zwischen 300 und 400 zu erreichen.

Bei den in den Deutschland gefertigten GEM-T-Flugkörpern wird das Ruderstellsystem am Ende des Flugkörpers in Zukunft nicht mehr hydraulisch, sondern elektro-mechanisch ausgelegt sein. Auch im oberen Teil der Rakete, dem sogenannten Forebody sind Modifikationen geplant, genauso wie die Einrüstung eines neuen Computers, der womöglich aus Europa stammen könnte. (Bild: hartpunkt / Lars Hoffmann)

MBDA Deutschland will für das Projekt in den kommenden Jahren mehrere Hundert neue Arbeitsplätze schaffen und knüpft damit gleichzeitig an Erfahrungen der Vergangenheit an. Bereits in den 80er Jahre wurden bei der Bayern-Chemie über 2.000 Flugkörper des Typs PAC-2 für das Patriot-System gebaut.

Lars Hoffmann