Der Lenkflugkörperhersteller MBDA Deutschland hat nach eigenen Angaben am Mittwoch das Angebot für die Entwicklung des zukünftigen deutschen Taktischen Luftverteidigungssystems (TLVS) dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) übermittelt.„Das Angebot ist das Ergebnis einer detaillierten Analyse und intensiver Verhandlungen mit unseren Lieferanten“, wird der neue Geschäftsführer von MBDA Deutschland, Thomas Gottschild, in einer Mitteilung des Unternehmens zitiert. Es basiere auf der Angebotsaufforderung, die MBDA Ende Februar 2016 erhalten habe. Offenbar auch aufgrund dieser verspäteten Angebotsaufforderung hatte MBDA den ursprünglichen Abgabetermin Ende Juli verfehlt. Das gemeinsame Ziel von Industrie und Kunde sei die parlamentarische Befassung im Frühjahr 2017, teilte MBDA weiter mit.
TLVS basiert auf den von Italien, Deutschland und den USA erarbeiteten Ergebnissen im Rahmen des Luftverteidigungsprojektes MEADS und kann sowohl zur Landes- und Bündnisverteidigung als auch zum Schutz eigener Truppen im Ausland verwendet werden.
Gegenwärtig arbeitet MBDA außerdem noch an der Erstellung von mehreren Studien für das Verteidigungsministerium, in denen mögliche Risiken bei der Einführung von TLVS untersucht werden. Die erste Studie, bei der es um den möglichen Ersatz des so genannten Exciters geht, der im Multifunktionsradar MFCR für Impulsform und Frequenz sorgt, wurde nach MBDA-Angaben bereits abgeschlossen und abgegeben. Prinzipiell ist ein Exciter des US-Konzerns Lockheed Martin vorgesehen, der allerdings nicht im Rahmen des MEADS-Projektes entwickelt wurde. Damit hat Deutschland keinen Zugriff auf die technischen Details. Als Alternative könnte das Verteidigungsministerium eine deutsche Eigenproduktion ins Auge fassen, was jedoch mit zusätzlichen Kosten und Zeit für die Neuentwicklung verbunden wäre.
Untersucht werden überdies Optionen für das Weitbereichs- und Mittelbereichsradar. Im Rahmen des MEADS-Vorhabens war ein Weitbereichssensor von Lockheed Martin vorgesehen, der allerdings nach Beendigung des Programmes mit US-Steuermitteln und Geldern des Konzerns erst noch zu Ende entwickelt werden musste. Hier erarbeitet MBDA Vorschläge für andere Lösungen. Gut informierten Kreisen zufolge, kommt eine der Alternativen von Thales mit dem SMART-L-EWC-Radar. Die niederländischen Streitkräfte beschaffen den Sensor sowohl für ihre Marine als auch die Luftwaffe.
Untersucht werden auch Optionen für ein Mittelbereichsradar, das ausreichen würde, um den für TLVS vorgesehenen Zweitflugkörper IRIS-T zum Ziel zu führen. Da im Rahmen des MEADS-Programmes ein solches Radar nicht vorgesehen war, dürften Angebote mehrerer Anbieter untersucht werden – darunter auch eines von Thales. Eine weitere Studie befasst sich laut MBDA mit der Nahbereichskommunikation zwischen den einzelnen Elementen von TLVS.
MBDA Deutschland ist Teil der europäischen MBDA-Gruppe. In Deutschland hat das Unternehmen Standorte in Schrobenhausen, Ulm und Aschau am Inn. MBDA ist ein Gemeinschaftsunternehmen von AIRBUS Group (37,5 Prozent), BAE SYSTEMS (37,5 Prozent) und Leonardo – Finmeccanica (25 Prozent).
lah/12/29.9.2016