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Jetzt hängt es an Dassault

Beim zuletzt stockenden Projekt eines Future Combat Air Systems (FCAS) haben die beteiligten industriellen Player aus Frankreich, Deutschland und Spanien nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums am vergangenen Freitag eine Einigung erzielt.

Parallel zu diesen Industrieverhandlungen sei auch auf höchster Regierungsebene bekräftigt worden, dass bei dem unter französischer Gesamtverantwortung stehenden Projekt ein kooperativer Ansatz auf Augenhöhe verfolgt werde, schreibt das BMVg in einer Mitteilung.

Wie es aus Fachkreisen heißt, sind die zuletzt zu Tage getretenen Differenzen, die zwischen den Industriepartnern in der Triebwerksparte entstanden waren, am Freitag gelöst worden. Dem Vernehmen nach hatte die spanische Firme ITP Aero einen größeren Anteil an der Entwicklung des Triebwerks verlangt. Das Projekt ist dem Pillar 2 zugeordnet.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums konnte nach „intensiven Verhandlungen“ die industrielle Einigung zur nächsten Programmphase erzielt werden. Dabei handelt es sich um die so genannte Phase 1B, bei der es um die Entwicklung von Technologie-Demonstratoren in insgesamt sieben Feldern, auch als Pillars bezeichnet, geht. Hier hatte es im Pillar 1, der das zukünftige Kampfflugzeug im FCAS abbildet, in der Vergangenheit Meinungsverschiedenheiten zwischen Dassault und Airbus Defence and Space gegeben. Dies sollen unter politischem Druck geklärt worden sein, wie es in Fachkreisen heißt.

„Die politische Einigung bei FCASFuture Combat Air System ist ein großartiger Schritt und ein – gerade in diesen Zeiten – wichtiges Zeichen der exzellenten deutsch-französisch-spanischen Zusammenarbeit“, wird Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in der Mitteilung zitiert. Sie stärke Europas militärische Fähigkeiten und sichere wichtiges Know-how für die deutsche, aber auch für die europäische Industrie, so Lambrecht. In Fachkreisen wird dagegen weiterhin ein Scheitern des Multi-Milliarden-Projekts auf längere Sicht nicht ausgeschlossen.

Auch der Chef des französischen Flugzeugbauers Dassault, Eric Trappier, zeigte heute in einem Interview mit dem Sender RTL wenig Enthusiasmus für das Projekt. Der Vertrag  zwischen Airbus und Dassault sei noch nicht unterschrieben, betonte er. Man werde sehen, ob dies noch in der laufenden Woche erfolge. Dem Dassault-Chef zufolge handelt es sich lediglich um den Beginn eines jahrzehntelangen Prozesses der Flugzeugentwicklung. Dem Vernehmen nach wird Dassault als letztes aller an FCAS beteiligten Unternehmen den Vertrag unterschreiben.

Airbus dagegen hatte bereits am Freitag getwittert, dass die Gespräche für die nächste Projektphase von FCAS zwischen Industrie und Regierungen abgeschlossen seien. Dies sei ein großer Schritt nach vorne für das Programm, so Airbus. Es seien nun eine Reihe von formalen Schritten in den drei Ländern erforderlich, um danach die Unterschrift unter die Verträge zu setzen.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin sind der Abschluss der industriellen Verhandlungen und die politische Einigung auf höchster Regierungsebene die Voraussetzungen für die Fortsetzung des deutsch-französisch-spanischen Programms Next Generation Weapon System (NGWS) in einem Future Combat Air System. Das NGWS besteht unter anderem aus einem Kampfflugzeug sowie unbemannten Drohnen.

Seit der Zeichnung der dritten zwischenstaatlichen Durchführungsabsprache am 30. August 2021 in Paris verhandelte die Industrie laut BMVg über diverse Aspekte der Vertragsgestaltung. Mit dem zudem erzielten Abschluss der politischen Gespräche sei der Weg frei für die Zeichnung der Industrieverträge.

Für Deutschland bedeutet dies, dass nun die notwendigen Schritte eingeleitet werden könnten, um dem Haushaltsausschuss die Unterlagen zeitnah zur Kenntnisnahme vorlegen zu können, so das BMVg.

Die Haushaltspolitiker der regierenden Ampelkoalition hatten kürzlich noch einen Maßgabebeschluss bei der sogenannten Bereinigungssitzung für den Haushalt 2023 eingebracht, wonach die die Projekte FCAS und Main Ground Combat System (MGCS) miteinander zu verknüpfen sind. Es wird sowohl eine zeitliche Parallelität als auch eine Verteilung der Technologiebereiche auf Augenhöhe und eine faire Kosten- und Arbeitsverteilung auf staatlicher und industrieller Ebene gefordert. Diese Forderungen seien jedoch im Augenblick nicht erfüllt.

Da sich auch mit der jetzt ausverhandelten Lösung an dieser Feststellung eigentlich nichts verändert haben dürfte, bleibt die Reaktion der Ampelpolitiker abzuwarten. Allerdings blieben derartige Maßgabebeschlüsse in der Vergangenheit immer wieder ohne Auswirkung auf die reale Politik.
lah/12/21.11.2022