Die BWI GmbH, das in Staatsbesitz befindliche IT-Systemhaus der Bundeswehr, will in den kommenden Jahren Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von rund 6 Milliarden Euro ausschreiben. Im Zeitraum 2024 bis 2029 sollen nach der gegenwärtigen Planung insgesamt 143 Projekte für 6,025 Milliarden Euro in den Vergabeprozess gebracht werden, wie Sandra Luppa, bei der BWI für das Public Sourcing zuständig, gestern zum Abschluss der zweitägigen BWI Industry Days in Berlin erläuterte. Das Systemhaus arbeitet schon seit langem mit Partnern aus der Privatwirtschaft zusammen und vergibt Unteraufträge an andere Unternehmen.
Bei den Projekten geht es einerseits um solche, die im Auftrag der Bundeswehr umgesetzt werden, sowie andererseits um BWI-Eigenbedarf. Luppa zufolge stehen die Ausschreibungen grundsätzlich unter Vorbehalt, es könne keine Garantie für die Umsetzung gegeben werden. Allerdings dürften die meisten Vorhaben bereits finanziell abgesichert sein und wie geplant realisiert werden.
Die Vergabe-Roadmap 2024 – 2029 sieht den größten Posten der Ausgaben für das „Materialfeld“ Communication & Workplace vor. Hier sind 30 Vergaben im Gesamtwert von 1,766 Milliarden Euro vorgesehen. Im Bereich Infrastructure, Logistics & Internal Services werden 35 Ausschreibungen im Gesamtvolumen von 1,574 Milliarden Euro geplant. Danach folgt das Materialfeld Software mit 66 Vergaben und 1,554 Milliarden Euro Gesamtvolumen. Schließlich sollen 12 Projekte für 1,131 Milliarden Euro im Bereich Supply of Temporary Workers/Services ausgeschrieben werden.
Die Tender werden auf der Vergabeplattform der BWI veröffentlicht. Interessierte Unternehmen können sich dort an der Ausschreibung beteiligen. Laut BWI handelt es sich bei zahlreichen Ausschreibungen um Rahmenverträge, die genutzt werden können, wenn der Auftraggeber eine Skalierung des Vorhabens wünscht.
Während den Industry Days wurde deutlich, dass die Rolle der BWI als Dienstleister für die Bundeswehr in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden soll. So wird das Unternehmen eine Schlüsselrolle beim Aufbau von IT-Cloudstrukturen der Streitkräfte übernehmen, wozu auch das Management von dezentralen Rechenzentren gehört.
So wurde die BWI mit der Entwicklung einer „private Cloud für die Bundeswehr“ (pCloudBw) beauftragt, wobei das Adjektiv „private“ anzeigt, dass die deutschen Streitkräfte der einzige Nutzer sein und die Cloud kontrollieren werden. Laut BWI ist die Bereitstellung von entsprechenden cloudbasierten, standardisierten Infrastruktur- und Plattformservices notwendig, um Deutschlands Datensouveränität zu sichern. Gleichzeitig sollen auf diese Weise Resilienz und Autarkie sichergestellt werden. Es ist vorgesehen, in Zukunft neue IT-Services und -Anwendungen für die Bundeswehr grundsätzlich cloudfähig zu machen und diese sowohl im Inland als auch beim Einsatz im Ausland zu nutzen.
Um die umfangreichen Aufgaben zu erfüllen, beschäftigt die BWI bereits mehr als 7.000 Mitarbeiter – Tendenz steigend. Nach Aussage von Vizeadmiral Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr (CIR) und Aufsichtsratsvorsitzender der BWI, können die Ressourcen bundeseigenen GmbH nicht mehr durch die Bundeswehr ersetzt werden. Wie er in seinem Vortrag am ersten Tag der Veranstaltung ausführte, werden die Kapazitäten BWI in einem Fall sogar dafür genutzt, um einen Ausgleich zu schaffen für Dienstposten im Zentrum der Digitalisierung der Bundeswehr, die nicht mit Fachleuten besetzt werden konnten. Diese Dienstposten seien kurzerhand gestrichen und das dafür vorgesehene Geld an die BWI GmbH umgeleitet worden, die Personal für die Aufgabe rekrutieren konnte.
Daum betonte, dass die BWI auch unter den Bedingungen der Landes- und Bündnisverteidigung funktionieren muss. Dazu sei es erforderlich, Leistungsketten zu „härten“ und resilient zu machen. In diesem Zusammenhang könne Personal entweder in Rahmen des „zivilen Gefolges“ oder als Reservedienstleistende der Bundeswehr eingesetzt werden. Seiner Aussage zufolge ist die künstliche Trennung in „weiße“ und „grüne“ IT mittlerweile überholt. Die BWI habe schon nach ihrer Gründung Leistungen für die Marine erbracht, die als „grün“ eingestuft waren.
Lars Hoffmann