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Infanteristische Drohnenabwehr – britische Fallschirmjäger erhalten als Erste SMASH-Feuerleitvisiere

Waldemar Geiger

Fallschirmjäger der 16. Air Assault Brigade – eigenen Angaben zufolge der Großverband mit dem höchsten Einsatzbereitschaftsgrad des britischen Heeres – wurden als Erste mit den neu beschafften SMASH-Feuerleitvisieren ausgestattet, mit denen eine effektive Abwehr von Kleinstdrohnen möglich ist.

Einem Beitrag der Brigade auf der Social-Media-Plattform X von Anfang März 2023 zufolge haben die Soldaten das Training mit den Systemen begonnen. Neben den Luftlandeinfanteristen werden auch Unterstützungskräfte im Einsatz der KI-unterstützten Feuerleitvisiere geschult. „Wir haben Sanitäter und Fernmelder dabei, die aufgrund ihrer Funktion ihr Gewehr nicht so oft benutzen wie die Infanterie, und sie schießen mit einer Genauigkeit, die sie noch nie zuvor erreicht haben“, wird ein Angehöriger der Brigade in dem X-Post zitiert.

Den Fallschirmjägern zufolge wir das SMASH-Feuerleitvisier als ein Element eines mehrstufigen Ansatzes zur Drohnenabwehr eingesetzt, mit dem Hinweis, dass „Tarnung und Auflockerung der Schlüssel dazu sind, dass Truppen und Ausrüstung für Drohnen auf dem Schlachtfeld schwerer zu finden sind“.

Die Aussagen der britischen Fallschirmtruppe sind einige der wenigen öffentlich verfügbaren Testimonials des durchaus kontrovers diskutierten SMASH-Feuerleitsystems, welches im aktuellen Gaza-Krieg erfolgreich seine Feuertaufe bestanden hat, hartpunkt berichtete. Die britischen Streitkräfte haben erst Mitte 2023 die Beschaffung der Systeme als Mittel der infanteristischen Drohnenabwehr eingeleitet. „Diese Fähigkeit zur Bekämpfung von Kleinstdrohnen (C-sUAS) wird zunächst in das Sturmgewehr SA80 A3 integriert und kann auch in andere in Betrieb befindliche Handwaffen eingebaut werden“, hieß es in der damaligen Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums. „Das Feuerleitsystem Smartshooter SMASH Smart Weapon Sight wird den Soldaten zu Fuß die Möglichkeit geben, eine hohe Trefferwahrscheinlichkeit gegen Mikro- und Mini-UAVs zu erzielen.“ Geschlossen wurde eine Fünfjahresrahmenvertrag mit Viking Arms – dem Inhaber der SMASH-Vertriebsrechte in Großbritannien – mit einem Gesamtvolumen von bis zu 20 Millionen Pfund. In einem ersten Schritt wurden 225 Systeme im Wert von 4,6 Millionen Pfund abgerufen.

Anand der veröffentlichten Bilder der 16. Air Assault Brigade ist deutlich zu erkennen, dass es sich bei dem ausgewählten System das SMASH Feuerleitvisier in der Variante X4 handelt, welches im Rahmen des Beschaffungsvorhabens neben dem SMASH 3000 näher betrachtet wurde. Kernkomponenten des SMASH X4 sind eine 4-fach-vergrößernde Optik sowie ein integrierter Laserentfernungsmesser, die eine Aufklärung der Kleinstdrohnen auch auf längere Distanzen ermöglichen.

Auch die Bundeswehr hat im Mai 2023 eine nicht näher bekannte Zahl von SMASH X4 als „Zielassistenzsystemen zur Detektion und kinetischen Abwehr von Class 1 UAS“ für das G27P beschafft. Mit Class 1 UAS sind unbemannte Flugsysteme (Drohnen) unterhalb der Gewichtsklasse von 150 Kg gemeint.

SMASH im Bodenkampf

Verfolgt man die Historie der SMASH-Entwicklung, dann wurde das Feuerleitvisier ursprünglich entwickelt, um die Trefferwahrscheinlichkeit im klassischen infanteristischen Feuerkampf zu verbessern. Im Zuge der immer weiter zunehmenden Drohnenbedrohung hat Smartshooter offensichtlich erkannt, dass das SMASH-System einen Beitrag zur infanteristischen Drohnenabwehr leisten könnte und das Feuerleitvisier stetig weiterentwickelt. Über Jahre hinweg wurde das System der SMAH-Familie durch unterschiedliche Streitkräfte getestet und teilweise auch in geringen Stückzahlen für die Drohnenabwehr beschafft. Der Einsatz der Feuerleitsysteme als klassische Zieleinrichtung im infanteristischen Feuerkampf blieb lange umstritten, teilweise auch in den israelischen Streitkräften. Das zusätzliche Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Optiken sowie der Strombedarf des Systems wurden immer wieder als Kritikpunkte aufgeführt.

Spätestes seit den ersten Monaten des Gaza-Krieges scheint sich das Bild komplett gewandelt zu haben. SMASH-Schützen der IDF sollen selbst unter Gefechtsstress hervorragende Trefferergebnisse erzielt haben, während mit klassischen Visieren ausgerüstete Soldaten selbst bei zigfach größerem Munitionsverbrauch keine Treffer erzielen konnten. Dass dies nicht nur übliche „Kriegsfolklore“ oder „Marketingsprech“ ist, zeigt ein vor vier Monaten veröffentlichtes Video des Herstellers, das einen SMASH-Schützen im Rahmen einer Nutzer-Experience zeigt.

Ausgerüstet mit einem SMASH 3000 ist der Schütze auch nach körperlicher Anstrengung (Simulation des Gefechtsstresses) in der Lage, Ziele – teilweise auch in der Bewegung – stehend freihändig auf Distanzen von zwischen 100 und 140 Metern mit jeweils nur einem Schuss zu bekämpfen. Lediglich ein Ziel wird nicht getroffen. In Gänze eine Schießleistung, die selbst geübte Schützen nicht ohne weiteres wiederholen können.

Dynamisches Vorgehen und Bekämpfung mehrerer Ziele auf unterschiedliche Kampfentfernungen mit dem SMASH 300. (Video: Smartshooter)

Auch die Fähigkeit Schießen von fahrenden Plattformen lässt sich mit den SMASH-Feuerleitvisieren effektiv abbilden. Das zweite Video zeigt dies ab Minute 1:24. Geschossen wird von einem 15 Knoten fahrendem Boot auf den Außenbordmotor eines nebenherfahrenden Bootes in 100 m Entfernung. Dem Schützen gelingt es alle zehn Schuss auf den Motor zu bringen, was angesichts der Tatsache, dass beide Plattformen in Bewegung sind (nicht nur horizontal sondern auch vertikal), sehr beeindruckend ist.

Schießen von fahrenden Plattformen ab Minute 1:24. (Video: Smartshooter)

SMASH-Feuerleitsysteme

Bei der SMASH-Familie handelt es sich um Feuerleitsysteme für Handfeuerwaffen des israelischen Herstellers Smartshooter. Smash kombiniert elektrooptische Hardware mit eingebetteter Bilderkennungssoftware und einem ballistischen Rechner. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Visier, das dem Soldaten einen Haltepunkt anzeigt, nach dem er seine Waffe ausrichten kann, ermöglicht das SMASH-Visier dem Soldaten, sein Ziel zu verfolgen, es anzuvisieren und genau in der Sekunde zu feuern, die einen Treffer garantiert. Das Feuerleitvisier berücksichtigt dafür eine Reihe von Faktoren: von der Bewegungsrichtung und dem Bewegungstempo des Ziels bis hin zur Ballistik der Waffe, auf der es montiert ist.

Ist ein Ziel einmal erkannt und festgelegt, errechnet der Algorithmus eine Schusslösung. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Bewegung von Ziel und Schützen berechnet das System kontinuierlich den für einen Treffer erforderlichen Haltepunkt. Dieser dynamische Haltepunkt wird kontinuierlich in dem Okular angezeigt und bietet dem Schützen so eine deutlich höhere Trefferwahrscheinlichkeit für jeden Schuss. Der Schütze betätigt den Abzug, das System erlaubt eine Schussauslösung nur dann, wenn der Schütze den Zielpunkt der Waffe über den errechneten Haltepunkt eines vorher markierten Ziels führt. Der Schuss bricht dann automatisch. Sollte der Schütze die Waffe auf konventionelle Weise (manuell) abfeuern wollen, kann er den SMASH-Sperrmechanismus mittels eines Tastendrucks aus- und wieder einschalten.

Je nach Ausführung können nach Angaben von Smartshooter so Bodenziele, beweglich und stationär, bis mindestens 600 Meter und Kleinstdrohnen bis 250 Meter bekämpft werden. In Kombination mit Vorsatzgeräten ist das System zudem nachtkampftauglich. Da es sich um ein digitales Zielfernrohr handelt, kann das Gerät laut Hersteller in Battle Management Systeme (BMS) integriert werden. Hier können Informationen augmentiert oder im Uplink bereitgestellt werden. SMASH kann zum Beispiel bei einem Feuerkampf Zieldaten – Richtungswinkel, Entfernung oder Foto – automatisch generieren und dem BMS zur Verfügung stellen.

Waldemar Geiger

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