Der Sensor-Lösungsanbieter Hensoldt wird die Bundeswehr zur Modernisierung ihrer Luftraumüberwachung und zum Aufbau von Fähigkeiten im Bereich der Ballistic Missile Defence (BMD) mit neuen Radaren ausstatten. Einen Auftrag zur Lieferung und Installation von vier Großraumradargeräten hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) im Rahmen des Programms „Hughes Air Defence Radar Nachfolgesystem“ (HADR NF) erteilt, wie Hensoldt in einer Mitteilung schreibt.
Für das Vorhaben ist Hensoldt eine Kooperation mit Elta Systems Ltd., einer Tochter der Israel Aerospace Industries Ltd. (IAI), eingegangen. Das HADR-NF-System arbeitet im S-Band, was eine präzisere Zielerfassung im Weltraum erlaube als andere Systeme, schreibt Hensoldt. Aufgrund der Kooperation mit Elta könne dem deutschen Kunden eine Kombination aus nationalem Partner für Integration, Zertifizierung und Langzeitbetreuung, sowie marktverfügbarer, erprobter und im Einsatz bewährter Systeme geliefert werden.
Die Mittel für das HADR-Projekt hatte der Haushaltsauschuss in seiner letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode am 23. Juni freigegeben, ebenso wie die Mittel für neue Weitbereichsradare für die drei Fregatten der Klasse F124. Auch bei diesem Projekt hatte sich das Team aus Hensoldt und Elta im Wettbewerb durchgesetzt.
Offenbar verfolgt das Verteidigungsministerium den Ansatz, eine Familie von Weitbereichsradaren mit BMD-Fähigkeit zu nutzen. Denn die F-124- und die HADR-Nachfolgeradare werden dem Vernehmen nach weitgehend identische Bauelemente aufweisen. Das soll offenbar Kosten bei Wartung, Logistik und Ausbildung reduzieren. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch die Niederlande, die ihre weiterentwickelten Smart-L-Marineradare nicht nur auf ihren Luftverteidigungsfregatten, sondern auch an Land einsetzen.
Während normalerweise nach Bewilligung der Parlamentsvorlage – für die in der Regel ein endverhandelter Vertrag vorliegt – relativ zeitnah ein Vertrag zwischen dem Beschaffungsamt und dem Anbieter geschlossen wird, dürfte dies bei den Fregatten-Radaren nicht zu realisieren sein. Denn wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte, hat ein unterlegener Wettbewerber bereits am 7. Juni einen Antrag auf Nachprüfung des Beschaffungsverfahrens vor der Vergabekammer des Bundes gestellt. Die mündliche Verhandlung sei für den 6. September angesetzt. Bis zu einem Urteil dürfte dann noch mehr Zeit verstreichen. Beobachter gehen davon aus, dass zuletzt nur noch Thales und Hensoldt im Vergabeverfahren verblieben waren.
Ob der Rechtsprozess mit einem Urteilsspruch der Vergabekammer in diesem Jahr abgeschlossen werden kann, scheint ungewiss. Denn grundsätzlich steht den betroffenen Parteien in der nächsten Instanz der Gang zum Oberlandesgericht offen. Dabei sollte der Vertrag für die F124-Radare ursprünglich im 3. Quartal 2020 geschlossen werden.
lah/27.7.2021