Die österreichischen Streitkräfte werden im Rahmen des „Aufbauplans Österreichisches Bundesheer 2032+“ insgesamt 36 Flakpanzer vom Typ Skyranger 30 auf Basis des Radpanzers Pandur Evolution erhalten, wie aus einer heute veröffentlichten Pressemitteilung des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall hervorgeht. Rheinmetall hat den Auftrag erhalten, 36 Skyranger-Türme zu liefern, was den ersten Skyranger-Serienauftrag des Unternehmens darstellt.
Als Bewaffnung des österreichischen Skyranger dient eine KCE-Revolverkanone im Kaliber 30 x 173 mm mit einer Reichweite von ca. 3.000 m und eine Feuerrate von 1.200 Schuss pro Minute, als Zweitbewaffnung erhält das System den Lenkflugkörper Mistral.
Rheinmetall fungiert bei dem Vorhaben als Unterauftragnehmer von General Dynamics European Land Systems (GDELS). GDELS wurde am 19. Februar vom österreichischen Verteidigungsministerium beauftragt, 225 6×6-Radpanzer Pandur Evolution in unterschiedlichen Varianten – darunter auch Flugabwehrkanonenpanzer – zu liefern.
Rheinmetalls Meldung zufolge hat der Skyranger-Auftrag, der ab 2026 zur Auslieferung kommen soll, ein Volumen in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrags.
Skyranger
Bei der österreichischen Variante des Skyranger-Turmes wird es neben der Sekundärbewaffnung einige weitere Modifikationen gegenüber der Variante geben, wie sie beispielsweise die Bundeswehr einführen wird. Dies könnte womöglich erklären, wieso die Beschaffung nicht im Rahmen der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative (ESSI) erfolgt.
Zum Einsatz soll der Rheinmteall-Mitteilung zufolge „eine besonders leichte Variante des Skyranger 30“ kommen, die „dank der hohen Kompetenz der Entscheidungsträger“ und „in enger Zusammenarbeit mit den Rheinmetall-Spezialisten“ entworfen werden konnte und gut in den Pandur Evolution integriert werden kann. Das Turmgewicht des österreichischen Skyranger 30 soll bei rund drei Tonnen liegen, wobei rund 600 Kilogramm für Komponenten – zum Beispiel die Stromversorgung – entfallen, die im Fahrzeugchassis verbaut sind. Wie Rheinmetall auf Nachfrage erklärte, wird ein Teil der Gewichtsreduktion des Turmes durch die Verwendung von Spexer-Radarpanelen von Hensoldt erreicht. Im Gegensatz zu der Turmvariante, wie sie beispielsweise auf unterschiedlichen Messeauftritten mit vier Radarpanelen, die je eine 90-Grad-Abdeckung haben, gezeigt wurde, deckt jedes der Spexer-Radarpanele einen Winkelbereich von je 120 Grad ab. Somit reichen drei Panele aus, um eine 360-Grad-Luftlage zu erfassen. „Die Reduktion der Anzahl Radarpanele ist eines der wichtigen Schritte auf dem Weg zur Gewichtsreduktion des Turms. Ein Turm mit drei Radarpanelen hat weniger Komponenten und kann kompakter gebaut werden“, erklärte ein Rheinmetall-Vertreter gegenüber hartpunkt. Dem Unternehmen zufolge wird auch die deutsche Variante des Skyranger die Spexer-Radare von Hensoldt nutzen. Unterschiede wird es hingegen bei den Nebelwerfern geben. Die deutschen Systeme werden mit ROSY-Systemen ausgeliefert, Österreich wird dagegen 76-mm-Nebelwerfer bekommen, welche beim Bundesheer bereits in Nutzung sind.
Weitere Gewichtseinsparungen wurden durch Verwendung von Leichtbaumaterial sowie dem Verzicht auf einen Teil der Panzerung des unbemannten Turmes erreicht.
Das zentrale Element des Skyranger 30 bildet weiterhin die KCE-Revolverkanone im Kaliber 30 x 173 mm. Die Waffe habe ihre immense Feuerkraft und Präzision in der Erprobung unter widrigsten Wetterbedingungen bewiesen und sei in der Lage, sogenannte Air Burst Munition (ABM) zu verschießen. Die 30-mm-ABM-Technologie von Rheinmetall programmiert dem Unternehmen zufolge das Projektil beim Rohraustritt so, dass es nach einer voraus berechneten Strecke detoniert und dabei eine große Zahl von Subprojektilen aus Wolfram freisetzt, die quasi eine schnell fliegende Wolke bilden, die auch kleine Drohnen außer Gefecht setzen kann.
Eine Salve von 18 Schuss, von denen jeder 200 Gramm Subprojektile enthält, erzeugt so ein Salvengewicht von 3,6 Kilogramm. Da die einzelnen Patronen trotz modernster Fertigung mitunter leicht unterschiedliche Treibladungsmengen aufweisen, unterscheiden sich auch ihre Mündungsgeschwindigkeiten entsprechend. Würden alle Projektile so programmiert, also ob sie die gleiche theoretische Mündungsgeschwindigkeit aufweisen, könnte sich dann erhebliche Abweichungen beim gewünschten Detonationspunkt ergeben. Um dies zu vermeiden, hat Rheinmetall nach eigenen Angaben eine Technik entwickelt, mit der an der Rohrmündung zunächst die tatsächliche Geschwindigkeit gemessen wird und erst danach die Programmierung erfolgt. Das erhöht die Präzision.
Wie Rheinmetall kürzlich mitteilte, hat Ungarn den Düsseldorfer Konzern bereits im Dezember mit der konzeptionellen Entwicklung des Skyranger-30-Turms für die zukünftige Flugabwehrvariante des Kettenfahrzeugs Lynx KF41 beauftragt. Dänemark denkt offenbar an eine Skyranger-30-Lösung auf Piranha-Fahrgestell und Deutschland will den Turm auf einen Boxer integrieren.
Im Dezember sei mit dem Skyranger 30 in der Konfiguration A1 im Erprobungszentrum Ochsenboden in der Schweiz eine erfolgreiche Test- und Schießkampagne durchgeführt worden, bei der sich das System im Stand und in der Fahrt bewähren musste, hatte Rheinmetall im Januar in der Mitteilung geschrieben. Der Skyranger 30 A1 ist den Angaben zufolge ein Entwicklungsträger, der den Weg zur Gesamtsystemqualifikation des Skyranger 30 A3 Mitte 2024 ebnen soll.
Der A1 sei flexibel ausgelegt, so dass verschiedene Kundenvarianten mit unterschiedlichen Radaren und Effektoren erprobt und optimiert werden könnten. Dies sei im Hinblick auf die bevorstehende breite Einführung des Skyranger 30 in verschiedenen europäischen Nutzernationen von Vorteil, so Rheinmetall.
Der Skyranger 30 A3 soll Bedrohungen aus der Luft – etwa durch Drohnen – abwehren und es den Bodentruppen erlauben, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu fokussieren. Die Auslegung verschiedener Wirkmittel, eine hohe Dynamik und ein großer Elevationsbereich sowie moderne Sensoren ermöglichen Rheinmetall zufolge sowohl einen autonomen wie auch einen vernetzten Einsatz.
Pandur Evolution
Der Pandur Evolution ist eine kampfwertgesteigerte Version des „Ur-Pandur“, welche von GDELS 2019 vorgestellt wurde. Das Fahrzeug ist im Vergleich zu anderen 6×6-Radpanzern besonders stark motorisiert, was sowohl der Mobilität als auch der Aufwuchsfähigkeit dienlich ist.
Das Fahrzeug wiegt etwa 18,6 Tonnen, wovon bis zu 4,5 Tonnen für die Nutzlast zur Verfügung stehen. Der Antrieb erfolgt über einen 8,9 Liter 6-Zylinder-Dieselmotor Cummins ISLe 450 mit 335 kW Leistung samt einem 6-Gang-Getriebeautomaten von ZF. Die Höchstgeschwindigkeit wird vom Hersteller mit 82 km/h im Gelände bzw. 118 km/h auf der Straße angegeben. Einzelradaufhängung samt des sogenannten Automatic Drivetrain Management mit 100 Prozent Sperrwirkungsgrad in Verbindung mit dem Leistungsgewicht (17,6 kW/t) sorgen für hohe Agilität im Gelände und auf der Straße.
Die Panzerung des Fahrzeuges bietet der Besatzung Schutz vor Splittern, vor Beschuss durch Infanteriewaffen sowie vor Minen. Inklusive der Zusatzpanzerung von Rheinmetall Protection Systems verfügt der Pandur Evolution über die Schutzklasse gemäß STANAG 4569 Level 3 ballistisch. Eine Explosionsunterdrückungsanlage, ein entkoppelter Fußboden – als Teil des Minenschutzes – sowie eine ABC-Schutzbelüftung komplettieren den Fahrzeugschutz.
Waldemar Geiger und Lars Hoffmann