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Deutschland erkennt offenbar die strategische Dimension nicht

Die Europäische Union will das Thema der grenzüberschreitenden Rüstungskooperation ihrer Mitgliedsländer voranbringen, Redundanzen abbauen und die Kosten für Entwicklung und Bau von Waffensystemen verringern. Dazu hat sie den European Defence Fund (EDF) ins Leben gerufen, in dessen Rahmen die Kommission bis 2027 rund acht Milliarden EUR für die Entwicklung von Verteidigungsgütern sowie Forschung in dem Bereich ausgeben will.  Allerdings könnte die konkrete Ausgestaltung des EDF, die auf die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen setzt, womöglich das Ziel konterkarieren, die Verteidigungswirtschaft in Europa zu stärken. Die Bundesregierung wiederum zeigt im Augenblick offenbar wenig Interesse an einer intensiven Beteiligung an dem paneuropäischen Vorhaben, was den deutschen Branchenfirmen massiv schaden könnte. Denn vom Verteidigungsfonds dürften wichtige Impulse ausgehen. „Deutschland hat die Bedeutung des EDF nicht erkannt“, heißt es deshalb hinter vorgehaltener Hand in Brüsseler Kreisen.

Zwar ist es das Ziel der EU-Kommission, eine innovative, wettbewerbs- und widerstandsfähige technologische Basis im Rüstungsbereich in Europa zu schaffen. Aber ob dies mit den für die Nutzung des EDF zwingend einzuhaltenden Vorbedingungen erreicht werden kann, ist unklar. So können sich nur solche Konsortien um Förderung beim EDF bewerben, die aus mindestens drei Partnern aus drei Mitgliedsländern bestehen. Dabei sollen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eingebunden werden, was der EDF finanziell fördert.

Wohin solche Forderungen und die Einbindung vieler Partner führen, zeigen Projekte im Rahmen des European Defence Industrial Development Programme (EDIDP), dem Vorläufer des EDF, der als Blaupause für den EDF dient. So soll etwa beim Projekt JEY-CUAS in einer 24monatigen und mit rund 15 Millionen Euro dotierten Studie herausgefunden werden, wie Drohnen mittels eines neuen Abwehrsystems bekämpft werden können. Im Bieterkonsortium, das sich zusammengefunden und den Zuschlag für die Studie erhalten hat, sind insgesamt 39 Unternehmen aus 11 EU-Staaten vertreten.  Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl stellt sich Beobachtern die Frage, ob ein solches Konstrukt überhaupt arbeitsfähig sein kann. Übernimmt allerdings ein großes Unternehmen die Führung eines solchen Konsortiums, sind durchaus hochwertige Ergebnisse erzielbar, wie es aus Fachkreisen heißt.

Wegen des offenbar stark strukturpolitisch ausgerichteten Kriterien-Katalogs für die Teilnahme am EDF sehen zahlreiche Experten die Vorgaben kritisch. So auch der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). „Unsere Sorge ist, dass kleine, nicht wettbewerbsfähige Unternehmen über den europäischen Verteidigungsfonds künstlich am Leben gehalten werden“, sagt der Hauptgeschäftsführer des BDSV, Hans Christoph Atzpodien.

Andere Beobachter befürchten, dass Projekte angestoßen werden könnten, für die es bereits technische Lösungen gibt. Dazu kommt der Fakt, dass die EU-Kommission – zuständig ist hier der Franzose Thierry Breton als Kommissar für den Binnenmarkt – den EDF selbst verantworten wird, bisher aber nur eine begrenzte Expertise auf dem Gebiet der Rüstungswirtschaft aufweist.

Damit entsteht neben der European Defence Agency (EDA), die ebenfalls in Brüssel sitzt, eine weitere gemeinschaftliche Säule für Rüstung in Europa. Ob dies ohne Dopplungen und Reibungsverluste abgehen kann, bleibt abzuwarten. Da im Rahmen des EDF erstmals für eine Reihe von Projekten bis zum 9. Dezember die Aufforderungen zur Angebotsabgabe laufen, muss die Kommission schnellstmöglich das Know-how aufbauen, um eine sachkundige Bewertung und Auswahl treffen zu können.

Grundsätzlich gibt der EDF Mittel für die Forschung als nicht rückzahlbaren Zuschusses in einer Höhe bis zu 100 Prozent der Aufwendungen. Für die Entwicklung von Produkten bis zum „Technology Level 6“ steuert die EU-Kommission bis zu 20 Prozent bei, der Rest kommt von den Mitgliedsstaaten, die sich an dem Vorhaben beteiligen.

Wenig Interesse aus Deutschland

Während die deutsche Politik gerne die europäische Integration und Konsolidierung in Rüstungsfragen befürwortet, scheint sie in Bezug auf den EDF jedoch den Worten wenig Taten folgen zu lassen. So gehen Insider davon aus, dass das BMVg bislang kaum Mittel für die Kofinanzierung von Projekten des EDF einplant. Wie es heißt, kommen nur dort Finanzzusagen in Frage, wo ein Nutzen für das nationale Fähigkeitsprofil gegeben ist. Gut informierten Kreisen zufolge hat das Verteidigungsministerium in Berlin für Projekte zur Entwicklung von Prototypen – für die etwa zwei Drittel des EDF-Topfs vorgesehen sind – in seiner Mittelfristplanung keinerlei Kofinanzierung vorgesehen. Ob das zutrifft, lässt sich im Augenblick schwer abschätzen. Denn, was Zahlen angeht, hält sich auch das BMVg bedeckt.

So teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage mit, dass sich Deutschland in gleicher Weise wie beim Vorläuferprogramm EDIDP auch künftig am Entwicklungsteil des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) beteiligen werde. Er wies jedoch darauf hin, dass für sein Haus bei allen inhaltlichen und finanziellen Überlegungen zu EDF-Projekten der Bedarf der Bundeswehr ausschlaggebend sei.

Die Ausschreibungsfrist des EDF im Jahr 2021 laufe noch bis Dezember; Projektinhalte für die nächsten Jahre würden derzeit amtsseitig unter den europäischen Mitgliedsstaaten und sich noch findenden Industriekonsortien in zahlreichen Iterationsstufen verhandelt, so der Sprecher. „Eine pauschale Aussage zur Ko-Finanzierungshöhe in den nächsten Jahren ist deshalb derzeit ebenso wenig möglich wie zu Festlegungen der jeweiligen industriellen oder amtsseitigen Projektführerschaft.“

Kofinanzierung unklar

Damit bleibt die Frage, welche Mittel das BMVg in den kommenden Jahren für die Kofinanzierung von EDF-Entwicklungsprojekten einplant, genauso unbeantwortet wie die nach der Zahl der Projekte, an denen sich Deutschland – auch als Lead Nation – beteiligen will. Dabei hat der EDF für die Jahre 2021 und 2022 schon ein klares Arbeitsprogramm definiert. Beobachter gehen davon aus, dass sich die deutsche Beteiligung am EDIDP aufgrund des überschaubaren Finanzvolumens quasi aus der Portokasse finanzieren ließ, beim EDF dagegen geht es um deutlich größere Summen.

Deutsche Branchenvertreter fürchten, dass sie mittel- bis langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit aufgrund des zögerlichen Engagements von Amtsseite verlieren könnten. Denn die Teilnahme an den EDF-Projekten ist nur dann möglich, wenn eine Kofinanzierung aus dem Heimatland des teilnehmenden Unternehmens erfolgt.  Da andere Staaten, darunter auch große EU-Partner wie Frankreich oder Italien, offenbar die Chancen des EDF sehen und entsprechende Mittel bereitstellen, könnte der Zug also ohne die deutsche Industrie abfahren.

Arbeiten etwa mehrere große europäische Schiffbaunationen ohne Deutschland über den EDF an der Entwicklung neuer Korvetten oder intelligenter Schiffstechnik, werden damit auch Standards gesetzt und Entscheidungen mit Blick auf die spätere Beschaffung frühzeitig getroffen. Damit sinkt die Kooperationsfähigkeit deutscher Werften auf europäischer Ebene.

Insgesamt scheint sich Deutschland mit einem Engagement bei   neuen europäischen Initiativen im Bereich Sicherheit und Verteidigung schwerzutun. Dazu zählt etwa die Permanent Structured Cooperation (PESCO).  Während Länder wie Frankreich und Italien PESCO als wichtiges Instrument sehen, ist Deutschland an den 47 PESCO-Vorhaben nur bei sechs im Lead, während Frankreich in zehn Vorhaben die Führung übernommen hat. Und im Gegensatz zu Deutschland, das eher die „soften“ Koordinationsprojekte unterstützt, hat sich Frankreich solche mit großer rüstungswirtschaftlicher Bedeutung ausgesucht. So sind im europäischen Korvettenprogramm, das unter PESCO läuft, die drei Schiffbau-Nationen Spanien, Frankreich und Italien als Lead-Nation beteiligt, Deutschland jedoch überhaupt nicht.

Dass nun PESCO-Themen im EDF aufgenommen werden, dürfte kaum überraschen. Und weil dies von Seiten der EU sogar gewünscht ist, hat sie ihre Förderung für die Entwicklung von EDF-Vorhaben mit PESCO-Bezug übrigens um zehn Prozentpunkte auf 30 Prozent erhöht.

Als ein Beispiel dafür, wie PESCO und EDF womöglich zusammenkommen, kann das PESCO-Vorhaben „Timely Warning and Interception with Space-based Theater Surveillance“ (TWISTER) dienen. Das Projekt soll Europas Fähigkeiten zur Raketenabwehr stärken und einen Beitrag zur NATO-Abwehr ballistischer Raketen (BMD) leisten. Ein Bereich, in dem sich Deutschland nach eigener Darstellung als Vorreiter sieht. Im Rahmen von TWISTER sollten weltraumgestützte Frühwarnsysteme und endoatmosphärische Abfangraketen entwickelt werden, wie es vor etwa zwei Jahren hieß. Frankreich ist hier die Lead Nation, Deutschland trat der Initiative erst nach Zögern bei.

Auch der EDF nimmt sich dieses wichtigen Themas an und plant dafür einen dreistelligen Millionenbetrag im Rahmen des aktuellen Calls mit dem Titel „Endo-atmospheric interceptor – concept phase“ ein. „Die Studie zur Konzeptuntersuchung des Abfang-Flugkörpers wird den Grundstein für mögliche künftige europäische boden- und seegestützte Raketenabwehrsysteme bilden, die in der Lage sind, BMD und TBMD der NATO erheblich zu ergänzen und deren Robustheit zu verbessern“, heißt es dazu in der Angebotsaufforderung. Gegenwärtig plant die EU, 28 Millionen Euro aus den Budget 2021 für das Vorhaben aufzuwenden und aus dem Budget 2022 noch einmal 72 Millionen Euro einzubringen – also insgesamt 100 Millionen Euro als nicht rückzahlbaren Zuschuss für die Forschung.

Beobachter gehen davon aus, dass sich ein Konsortium unter Führung von MBDA Frankreich für das Vorhaben bewerben wird und auch gute Chancen auf den Zuschlag hat. Allerdings sind in jüngster Zeit Marktgerüchte aufgetaucht, wonach sich noch mindestens ein zweites Konsortium unter Führung der spanischen Firma Sener bewerben könnte. Als potenzielle Partner in dieser Anbietergemeinschaft könnten die Firmen Diehl, Ruag und Nammo auftreten, wird gemunkelt. Untermauert werden diese Gerüchte von einer Präsentation, die Diehl jüngst während des DWT-Marineworkshops in Linstow gegeben hat. Dort stellte das Unternehmen Konzepte für Abfangraketen und so genannte Kill-Vehicles zur Bekämpfung von ballistischen Raketen sowie Hyperschall-Bedrohungen vor.

EDF investiert in Collaborative Air Combat

Neben der Raketenabwehr ist die Entwicklung von Standards für den so genannten Collaborative Air Combat ein weiteres Schwerpunktvorhaben des EDF. Die EU plant, dafür aus dem Budget des laufenden Jahres 41 Millionen Euro und aus dem Budget 2022 die Summe von 109 Millionen Euro aufzuwenden. Wie aus dem Ausschreibungstext hervorgeht, besteht die zentrale Herausforderung darin, gemeinsam eine europäische Perspektive zu entwickeln, die die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, mittel- und langfristig kollaborative Luftkampffähigkeiten aufzubauen, die künftige Luftkampfsysteme, bemannte und unbemannte Plattformen, alte Plattformen und deren Weiterentwicklungen, einschließlich Sensoren und Effektoren, einzubinden.

Im Rahmen des EDF-Vorhabens sollen Lösungen vorgeschlagen werden, gegebenenfalls begleitet durch Demonstrationen, um Standards für den kollaborativen Kampf in der Luft, die Weiterentwicklung von Missionssystemen, standardisierte Effektorenschnittstellen und die europäische Hoheit über KI-Technologien zu gewährleisten. Dabei soll auch die Interoperabilität mit Systemen von Nicht-EU-Staaten berücksichtigt werden, um die Übereinstimmung mit NATO- und anderen Koalitionssituationen zu gewährleisten. Die Vorschläge müssen darüber hinaus Szenarien für Luftkampfeinsätze in umkämpften und stark umkämpften Umgebungen berücksichtigen, die geografisch in Europa, Nordafrika und im Nahen Osten liegen.

Die vom EDF aufgestellten Forderungen dürften vermutlich zu großen Teilen deckungsgleich mit denen an eine so genannte Air Combat Cloud sein, die im Rahmen des französisch-deutsch-spanischen Rüstungsprogrammes Future Combat Air System (FCAS) entwickelt wird. Bei dieser Air Combat Cloud ist Airbus Defence and Space in der Lead-Position, während der französische Flugzeugbauer Dassault bei der Entwicklung des neuen Kampfflugzeugs für FCAS die Führungsrolle innehat. Sollen das EDF-Projekt und FCAS sinnvoll miteinander verknüpft werden, liegt es nahe, dass Airbus auch das ausgewählte Konsortium beim Collaborative Air Combat des EDF anführt. Andernfalls besteht das Risiko von Doppelarbeit und erhöhtem Abstimmungsbedarf, wenn unterschiedliche Standards vorangetrieben werden. Hier wird sich erweisen müssen, inwieweit der EDF dazu beiträgt, Redundanzen zu verhindern.

Zukunft der Schlüsseltechnologie

Vor dem Hintergrund, dass sich starke europäische Player unter finanzieller Unterstützung der EU zusammenfinden, dürfte es mehr als fraglich sein, ob Deutschland seine Schlüsseltechnologie-Strategie langfristig überhaupt umsetzen kann. Denn wie soll ein Land, das nicht genügend Geld für die Beschaffung dringend benötigter Militärtechnik bereitstellen will, ausreichend Mittel für Forschung & Entwicklung investieren, um konkurrenzfähige Technologie zu entwickeln?

Werden zukünftige Standards für eine europäische Beschaffung ohnehin anderswo festgelegt, dürfte der Anreize zum Kauf deutscher Produkte weiter sinken. Der Marineschiffbau zeigt dies eindrücklich:  Die Fregattenklassen der Deutschen Marine mögen den eigenen Sonderanforderungen entsprechen, verkaufen lassen sie sich auf dem Weltmarkt genauso wenig wie in der EU.  Im Gegensatz zum FREMM-Design der Italiener. In der Folge dürften die Kapazitäten der deutschen Marinewerften weiter zurückgehen. Beim Blick auf die Vergangenheit dieser Branche und den Fakt, dass die deutsche Wirtschaft als Ganzes wie kaum eine andere auf den Export orientiert ist, eine interessante Entwicklung. Womöglich wird sich Deutschland dann langfristig in der Rolle als Zulieferer für andere EU-Länder einrichten – wenn überhaupt.

Deutsch-norwegische Kooperation

Dass es auch anders geht, zeigt die deutsch-norwegische Rüstungskooperation im U-Boot-Bau, die zu den Erfolgsgeschichten gehört. So haben die Regierungen in Oslo und Berlin vereinbart, insgesamt sechs identische Unterseeboote des Typs 212CD zu beschaffen, von denen vier für die norwegische Marine vorgesehen sind. Im Gegenzug kauft das BMVg beim staatlich kontrollierten norwegischen Rüstungskonzern Kongsberg Seezielflugkörper des Typs Naval Strike Missile (NSM) für die eigenen Fregatten. Als Krönung der Kooperation entwickeln beide Länder gemeinsam einen neuen Seezielflugkörper als Nachfolger der NSM, der dem Vernehmen nach deutlich weiter und schneller fliegen soll als das bisherige Muster.

Die Vorteile dieser Kooperation liegen auf der Hand: Aufgrund der Beschaffung identischer Ausrüstung ergibt sich für beide Staaten ein geringeres Risiko hinsichtlich der Produktentwicklung und langfristig niedrigere Wartungs- und Instandhaltungskosten für die Boote, da ein größerer Standardisierungsgrad erreicht wird als bei Kleinst-Serien. Die Baugleichheit ermöglicht überdies eine gemeinsame Ausbildung sowie gemischt-nationale Besatzungen, sollte dies erforderlich sein. Norwegen stützt dabei gleichzeitig deutsche Schlüsseltechnologie, indem es seine vier Boote auf der Werft von thyssenkrupp Marine Systems in Kiel bauen lässt.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Entwicklung des neuen Flugkörpers. Hier holt sich Norwegen einen Partner an Bord, mit dem es Kosten und Risiken teilen kann. Deutschland kann dagegen erstmals selbst einen Seezielflugkörper mit entwickeln, nachdem bislang Produkte aus den USA oder Frankreich zugekauft wurden. Damit wird auch hier die nationale wirtschaftliche Basis gestärkt. Norwegen kann sich übrigens als Nicht-EU-Land am EDF beteiligen.

Zusammenarbeit mit Frankreich

Ein gemischtes Bild bietet sich dagegen bei der Betrachtung der Zusammenarbeit mit Frankreich, die in den vergangenen Jahren von Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel vorangetrieben wurde. So läuft es bei den meisten der bilateralen Projekte im Rüstungssektor nicht wirklich rund. Selbst beim Future Combat Air System, dem zukünftigen Luftverteidigungssystem, das ein neues Kampfflugzeug, unbemannte Begleitflieger – die so genannten Remote Carrier – sowie andere Komponenten enthalten soll, war bis zum Schluss ungewiss, ob sich Deutschland, Frankreich und Spanien auf einen Kompromiss hinsichtlich des Vertrages, der Arbeitspakete und Aufgaben für die Unternehmen einigen würden. Schließlich fanden die Partner nach langwierigen Verhandlungen doch noch zu einer Lösung vor der letzten Tagung des Bundestags-Haushalsausschusses im Sommer.

So konnten die Parlamentarier die stolze Summe von rund 4,5 Milliarden Euro für die ersten Stufen des FCAS-Vorhabens gerade noch freigeben. Allerdings ist auch hier weiterhin Sand im Getriebe. Denn zum Redaktionsschluss Mitte Oktober waren die Verträge, die die Hauptauftragnehmer mit den industriellen Unterauftragnehmern schließen sollten, noch immer nicht unterschrieben. „Bis Jahresende sollte es klappen“, sagte ein Airbus-Sprecher auf Anfrage. Allerdings sah der ursprüngliche Plan vor, bereits zur Jahresmitte alles unter Dach und Fach zu bringen und mit den Entwicklungsarbeiten zu starten. Aufgrund der Verzögerungen wird in französischen Medien bereits darüber spekuliert, dass der erste Flug des Demonstrators für den New Generation Fighters um ein Jahr auf 2027 verschoben werden muss. Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, soll es erneut der französische Flugzeugbauer Dassault sein, der mit neuen Forderungen den Prozess verlangsamt.

Auch bei der multinationalen Eurodrohne, bei der Deutschland in der Führungsrolle ist, kommt nur schleppend voran. Auch hier sollte der Vertrag zwischen Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien längst geschlossen sein. „Ein Trauerspiel“, wie einige Beobachter finden.

Main Ground Combat System

Nicht richtig vom Fleck kommt auch weiterhin das Pendant zum FCAS auf Ebene des Heeres: das Main Ground Combat System (MGCS). Mit dem MGCS sollen unter anderem der französische Kampfpanzer Leclerc und der deutsche Leopard 2 abgelöst werden. Eigentlich hatte der Bundestag in einem Maßgabebeschluss verlangt, dass FCAS und MGCS zeitlich im Gleichklang laufen sollen. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, steht eine Einigung zwischen den Industriepartnern Nexter, KMW und Rheinmetall über die Aufgabenverteilung und Hauptverantwortung bei den so genannten Main Technology Demonstrators weiter in den Sternen.

MAWS

Beim ebenfalls von Deutschland und Frankreich initiierten Projekt eines Maritime Air Warfare System (MAWS) bleibt grundsätzlich abzuwarten, ob dieses überhaupt weiterverfolgt wird. Denn Deutschland hat sich entschieden, fünf U-Boot-Jäger des Typs P-8 Orion in den USA zu beschaffen. Die Umsetzung von MAWS dürfte nicht zuletzt von der Kassenlage in Deutschland und den Anforderungen der beiden Länder an das neue System abhängen.

 Kein deutsches Interesse besteht im Augenblick dafür, den Kampfhubschrauber Tiger für eine Milliardensumme gemeinsam mit Frankreich zu modernisieren. Und die Entwicklung eines gemeinsamen Artilleriesystems unter dem Arbeitstitel Common Indirect Fires System (CIFS) wurde schon kurz nach dem Beginn auf Eis gelegt.
lah/29.10.2021

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