Anzeige

BMVg zieht Eurofighter der F-35 vor

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters von gestern zufolge favorisiert  das Verteidigungsministerium eine weiterentwickelte Version des Eurofighters als Nachfolger des betagten Tornado-Kampfbombers gegenüber einer Beschaffung des US-Kampfflugzeugs F-35. Das geht laut Reuters aus einem Brief von Staatssekretär Ralf Brauksiepe an die Abgeordnete der Grünen, Franziska Brantner, hervor. Das BMVg positioniert  sich damit gegen Luftwaffen-Chef Karl Müllner, der sich aus operativer Sicht für die Beschaffung des gegenwärtig modernsten Kampfflugzeugs F-35 ausgesprochen hat.

Das BMVg hat in den USA bereits Informationen zu den drei Flugzeugmustern F-35, F-18 sowie F-15 angefragt. Die letzten beiden Modelle sind bereits Jahrzehnte im Einsatz. Als Nachfolger des Tornados kommt jedoch nicht irgendein Jet infrage.  Denn als einziges Flugzeug der Luftwaffe kann der Tornado im Rahmen der so genannten nuklearen Teilhabe amerikanische Kernwaffen tragen. Ein Nachfolgemodell müsste ebenfalls dafür ausgerüstet werden, was zunächst für ein amerikanisches Modell sprechen würde. Die F-15 und F-18 haben derartige Waffen bereits getragen, die F-35 dürfte dafür vermutlich zertifiziert werden. Zur Frage, ob die F-35 eine Atomwaffe im Waffenschacht oder extern tragen und damit auf Stealth-Eigenschaften verzichten würde, gibt es wenige Informationen. Allerdings kann auch der Eurofighter grundsätzlich für die nukleare Teilhabe fit gemacht werden, wenn den USA die Konstruktionspläne des Flugzeugs offengelegt werden.

Für eine Weiterführung der Eurofighter-Produktion spricht insbesondere das industrielle Kalkül. Denn sollte die Fertigung des Fighters auslaufen, stehen Tausende Arbeitsplätze auf der Kippe und es droht der Verlust von Know-how. Denn aufgrund einer im Vergleich mit anderen Nationen späten Entscheidung für die F-35 dürfte die Wertschöpfung hierzulande überschaubar bleiben. Ein Verlust von technischer Expertise wäre die Folge. Fachkreise gehen überdies davon aus, dass  die USA sensitive Informationen über ihr High-Tech-Waffensystem vermutlich nicht teilen werden. Man werde deshalb mit Black Boxes konfrontiert sein, so die Befürchtung.

Dies scheinen erste Erfahrungen von Nutzern zu bestätigen: Einem vor wenigen Tagen in Norwegen erschienenen Zeitungsbericht zufolge, hat eine norwegische F-35 automatisch sensitive Daten über das Autonomic Logistics Information System  an den Hersteller Lockheed Martin in die USA übertragen. Das norwegische Verteidigungsministerium wolle deshalb einen Filter entwickeln, hieß es in dem Artikel.

Neben dem Abbau von nationaler Fertigungs- und Entwicklungskapazitäten in Deutschland wird in Fachkreisen auch diskutiert, wie sich ein Kauf der F-35 auf die französisch-deutsche Entwicklung eines Nachfolgemusters für den Eurofighter beziehungsweise die französische Rafale auswirken würde. Ob dies die Verhandlungen zwischen Dassault und Airbus über die Anteile an dem Gemeinschaftsprojekt erleichtert, wird zumindest angezweifelt. Welche Entscheidung die nächste Bundesregierung hinsichtlich der Tornado-Nachfolge in Zeiten von Pesco und verstärkter paneuropäischer Aktivität bei Rüstungsprojekten fällt, dürfte demnach spannend werden.
lah/12/12.12.2017

.i.td-icon-menu-up { display: none; }