Die vor einigen Wochen kursierenden Gerüchte haben sich in den vergangenen Tagen bewahrheitet: Das BMVg will beim Ersatz der betagten Bundeswehr-Tornados auf Eurofighter von Airbus sowie Maschinen des Typs F-18 des US-Konzerns Boeing zurückgreifen. Mit 30 F-18 soll die Nukleare Teilhabe im Rahmen der NATO sichergestellt werden, weitere 15 F-18 in der Version Growler sind für den elektronischen Kampf als fliegender Jammer vorgesehen.
Presseberichten zufolge plant das BMVg 38 Eurofighter der so genannten Tranche 4 als Ersatz für die Eurofighter der ersten Generation zu kaufen. Zusätzlich sollen 40 Eurofighter beschafft werden, um den Tornado in der Rolle als Jagdbomber zu ersetzen. 15 weitere Jets dieses Typs könnten demnach optional für den elektronischen Kampf beschafft werden. Die parlamentarische Befassung hierzu könnte womöglich in der nächsten Legislaturperiode im Jahr 2022 erfolgen, die Entscheidung über die Tranche 4 soll noch dieses Jahr dem Bundestag zugehen.
Gut informierten Kreisen zufolge, könnte bereits in Kürze die Entscheidung über den Kauf eines neuen Bordradars in Milliardenhöhe für die Eurofighter-Flotte der Bundeswehr anstehen. Hiervon würden der Flugzeugbauer Airbus und der Radar-Produzent Hensoldt profitieren. Beobachter fragen sich, warum der elektronische Kampf in Zukunft mit einem US-Flugzeug – und den damit verbundenen Einschränkungen bei der Datenhoheit – sichergestellt werden soll. Bislang hat die Luftwaffe vollen Zugriff auf die vom ECR-Tornado gewonnenen Informationen. Gleichzeitung wurde die elektronische Kampfführung erst vor kurzem als nationale Schlüsseltechnologie definiert.
Die zu beschaffenden F-18 F Super Hornet müssen noch auf deutsche Kosten für das Tragen einer Atomwaffe zertifiziert werden, da der Hornet-Hauptnutzer, die US Marine, das Flugzeug nicht mehr für die nukleare Abschreckung nutzt. Spekuliert wurde bislang, dass der Hornet-Kauf mit fünf Mrd EUR zu Buche schlagen könnte. Zum Vergleich: Die Schweiz will ihre 30 F-18 Hornets einer früheren Generation durch neue Jets ersetzen, wobei insgesamt sechs Mrd CHF für Beschaffung und Lebenszykluskosten zur Verfügung stehen. Neben Dassault, Airbus, Lockheed ist auch Boeing mit der F-18 Super Hornet in der Schweiz in den Wettbewerb eingetreten.
Nachdem zunächst Unklarheit herrschte, ob Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in einer Mail an den US-Verteidigungsminister bereits Fakten geschaffen hat, folgte kurz darauf die Aufklärung. Die Ministerin führte lediglich ein Telefonat mit ihrem Amtskollegen in Washington ohne eine Verpflichtung gegenüber den USA einzugehen. Im Rahmen eines Foreign-Military- Sales-Geschäftes würde ein Kauf über das Pentagon abgewickelt. „Nach einem peinlichen hin und her ist nun eine derart vorhersehbare Entscheidung getroffen worden, dass die eigentlich spannende Frage lautet, wieso die Große Koalition so lange dafür gebraucht hat und wie ein derart großes Chaos entstehen konnte“, kommentierte der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, Tobias Lindner, die zum Teil verwirrenden Vorgänge. Die Ankündigung über die geplante Beschaffung der Tornado-Nachfolge sei eine persönliche Präferenz der Verteidigungsministerin, mehr nicht, so der Politiker.
Angesichts der Unklarheit, wer nach 2021 das Amt des Verteidigungsministers bekleide und welche Mehrheiten im Bundestag Verantwortung tragen, sei die Realisierung dieser Entscheidung mehr als fraglich, so Lindner. Eine Einschätzung, die vermutlich auch von Teilen der Regierungskoalition geteilt wird.
lah/12/22.4.2020